Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Malerhelfers wegen Drogenkonsums während der Arbeitszeit. Anforderungen an die Form einer Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Kündigung per E-Mail wahrt nicht die gem. § 623 BGB vorgeschriebene Schriftform. Sie ist vielmehr gem. § 623 BGB ausdrücklich ausgeschlossen.
2. Dass ein Arbeitnehmer weißes Pulver zu sich genommen hat, vermag allenfalls den Verdacht des Drogenkonsums zu rechtfertigen. Hierauf kann eine Tatkündigung nicht gestützt werden.
Normenkette
BGB § 26 Abs. 1, §§ 611, 623, 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Entscheidung vom 14.02.2018; Aktenzeichen 4 Ca 1586/17) |
Tenor
1) Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 14.02.2018 - 4 Ca 1586/17 - wird auf seine Kosten bei einem Streitwert von 822,36 EUR in der 2. Instanz zurückgewiesen.
2) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen behaupteten Drogenkonsums eines Malerhelfers während der Arbeitszeit sowie um Restlohnzahlung für den Zeitraum September bis Anfang November 2017. Das Arbeitsverhältnis ist während der Wartezeit des § 1 KSchG zum 04.11.2017 rechtskräftig beendet worden.
Das Arbeitsgericht Potsdam hat mit Urteil vom 14.02.2018 den Beklagten, Inhaber eines Malereibetriebes, zu einer Zahlung von 812,70 EUR brutto sowie 4,66 EUR nebst Zinsen verurteilt sowie festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 19.10.2017 nicht aufgelöst worden ist, sondern erst durch die ordentliche Kündigung fristgemäß zum 04.11.2017 sein Ende gefunden hat. Die Widerklage des Beklagten auf Zahlung von 450,00 EUR brutto (Zahlung auf einen nach Meinung des Beklagten bestandskräftigen Vergleich im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens) hat es abgewiesen.
Dies hat es im Wesentlichen damit begründet, dass die Kündigung per E-Mail vom 19.10.2017 nicht wirksam sei, da die E-Mail-Kündigung keine schriftliche Kündigung sei. Aber auch die schriftliche Kündigung vom 20.10.2017 per Einschreiben, die dem Kläger am 21.10.2017 zuging, habe das Arbeitsverhältnis nicht fristlos beenden können. Zwar sei der vom Arbeitgeber behauptete Drogenkonsum an sich geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Eine außerordentliche Kündigung wegen Drogenkonsums komme nach allgemeiner Ansicht nur dann in Betracht, wenn durch zusätzliche Umstände eine alsbaldige Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverzichtbar erscheine. Im Kündigungsrechtsstreit muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer aufgrund des Drogenkonsums nicht mehr in der Lage gewesen sei, seinen vertraglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachzukommen bzw. durch den Drogenkonsum für ihn oder andere Arbeitnehmer ein erhöhtes Unfallrisiko bestanden habe.
Dieser Darlegungs- und Beweislast sei der Arbeitgeber vorliegend nicht nachgekommen. Der vom Beklagten angebotene Zeuge T. A. hätte nur den Beweis erbringen können, dass der Kläger ein weißes Pulver zu sich genommen hätte, ob dies Drogen gewesen seien, sei nicht weiter dargelegt. Im Übrigen seien auch nicht die weiteren Umstände dargelegt und unter Beweis gestellt worden, die es für den Arbeitgeber unzumutbar gemacht hätten, den Kläger bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist von zwei Wochen weiterzubeschäftigen. Es gebe Drogen, die sich eher leistungssteigernd und aufmerksamkeitssteigernd auswirkten.
Der Beklagte habe das Arbeitsverhältnis auch nicht wegen des Verdachts eines Drogenkonsums kündigen dürfen, da er den Kläger zu dem Vorwurf nicht einmal selbst befragt habe.
Der Entgeltanspruch aus September rühre daher, dass die Parteien im Arbeitsvertrag vereinbart hätten, dass der Kläger arbeitsvertraglich von 07:00 Uhr bis 16:00 Uhr zu arbeiten hätte. Der Beklagte habe statt 21 Tagen im September 2017 nur 20 Tage abgerechnet, so dass ein Betrag von 8 Stunden a 10,35 EUR = 82,80 EUR brutto zu zahlen seien. Der Beklagte habe den Oktoberlohn abzüglich bereits gezahlter 890,10 EUR brutto und der 450,00 EUR brutto auf den vermeintlichen Vergleich ebenfalls aus Annahmeverzug zu zahlen sowie den Restnovemberlohn und schließlich festgestellte Zinsen in Höhe von 4,66 EUR.
Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und des Vortrags der Parteien in der ersten Instanz wird auf das Urteil vom 14.02.2018 Bl. 67 - 76 d. A. verwiesen.
Gegen dieses ihm am 26.02.2018 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 23.03.2018 eingegangene und am 11.04.2018 begründete Berufung des Klägers.
Er greift das Urteil zwar insgesamt an, begründet die Berufung jedoch nur hinsichtlich der Kündigung und nicht hinsichtlich der Zahlungsansprüche. Er meint nach wie vor, dass der Kläger Drogen konsumiert hätte und beruft sich auf den Zeugen A., der gesehen hätte, wie sich der Kläger in einer Toilettenkabine weißes Pulver in die Nase appliziert hätte, welches er vorher zu ei...