Entscheidungsstichwort (Thema)
Tariflicher Ausschluss sachgrundloser Befristungen durch den Manteltarifvertrag SFB. Unwirksame Befristung des Arbeitsverhältnisses eines Rundfunkmitarbeiters bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitgeberin zu einem nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarf
Leitsatz (redaktionell)
1. Nr. 241.1 des Manteltarifvertrages SFB (MTV-SFB) enthält eine klare tarifliche Regelung, welche die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG ausschließt. Für die Wirksamkeit einer Befristung ist daher ein sachlicher Grund erforderlich.
2.Gemäß § 241.1 MTV-SFB ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt, wenn der vorübergehende Bestand des Arbeitsplatzes oder sonstige sachliche Gründe dies erfordern. Dem entspricht der in § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG geregelte sachliche Grund des vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung.
3. Ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf kann sowohl durch einen vorübergehenden Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich der Daueraufgaben der Arbeitgeberin entstehen als auch durch die Übernahme eines Projektes oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht.
4. Der Sachgrund setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Darüber hat die Arbeitgeberin bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen, und die Teil des Sachgrundes für die Befristung ist.
5. Die tatsächlichen Grundlage für die Prognose hat die Arbeitgeberin im Prozess darzulegen.
Normenkette
MTV-SFB Nr. 241.1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 28.09.2016; Aktenzeichen 56 Ca 1376/16) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. September 2016 - 56 Ca 1376/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung sowie über die vorläufige Weiterbeschäftigung des Klägers für die Dauer des vorliegenden Rechtsstreits.
Der Kläger, der seit September 2010 Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, ist bei der Beklagten, der Rundfunkanstalt für die Länder Berlin und Brandenburg, auf der Grundlage eines vom 01.03.2014 bis zum 29.02.2016 befristeten Arbeitsvertrag als Referent für die Verhandlung von Dienstvereinbarungen (Hauptsachbearbeiter) beschäftigt. Der Einstellung des Klägers vorausgegangen war die Ausschreibung einer bis zum 31.12.2016 befristete Stelle einer Referentin/eines Referenten für die Verhandlung von Dienstvereinbarungen (Hauptsachbearbeiterin/Hauptsachbearbeiter) für die Hauptabteilung Personal aus Dezember 2013 (Bl. 14 d.A.).
In § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages heißt es zum Befristungsgrund: "Grund für die Befristung ist gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 des TzBfG der vorübergehende Mehrbedarf an der Arbeitsleistung. Zudem behält sich der RBB ausdrücklich vor, sich auf § 14 Abs. 2 TzBfG zu berufen, zumal beide Seiten davon ausgehen, dass bisher zum RBB kein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Unter § 8 Abs. 1 des Arbeitsvertrages heißt es weiter: "Alle weiteren Regelung richten sich bis auf weiteres nach den Tarifverträgen des SFB, die in ihrer jeweils geltenden Fassung auf diesen Vertrag Anwendung finden."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 6 - 8 d. A. Bezug genommen.
Während seiner Tätigkeit führte der Kläger Verhandlungen mit dem Personalrat über den Abschluss von Dienstvereinbarungen u.a. zu SAP-Modulen, zum Urlaubs- und Abwesenheitsmanagement, zum Dispositionssystem und dem elektronischen Bewerbersystem. Bei Fristablauf stand der Abschluss mehrerer Dienstvereinbarungen anlässlich des SAP-Release-Wechsels im Jahre 2009 noch aus.
Mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht am 29.01.2016 eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Befristung seines Arbeitsvertrages zum 29.02.2016 mit der Begründung, der aufgrund beiderseitiger Tarifbindung anwendbare Tarifvertrag schließe eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses aus, für eine Sachgrundbefristung fehle es an den erforderlichen Tatsachen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 28.09.2016, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens Bezug genommen wird, festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht aufgrund dessen Befristung mit dem 29.02.2016 endet und die Beklagte verurteilt, den Kläger als Referent für die Verhandlung von Dienstvereinbarungen (Hauptsachbearbeiter) gemäß den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 20./24.02.2014 bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens vorläufig weiter zu beschäftigen und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreit auferlegt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, ...