Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenständige Befristungsregel im Tarifvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Ist in einer tarifvertraglichen Regelung bestimmt, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis zulässig ist, wenn die Eigenart der Tätigkeit, die Besonderheit oder der vorübergehende Bestand des Arbeitsplatzes oder sonstige sachliche Gründe dies erfordern oder wenn es dem ausdrücklich dargelegten Wunsch des Arbeitnehmers entspricht, handelt es sich dabei nicht um eine deklaratorische Verweisung auf die gesetzliche Vorschrift des § 620 BGB, sondern um eine in Abweichung von der gesetzlichen Regelung festgelegte Beschränkung von befristeten Arbeitsverträgen, in der der Normsetzungswille der Tarifvertragsparteien zum Ausdruck kommt.
Normenkette
BGB § 620 Abs. 1; TzBfG § 14 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Bremen (Urteil vom 22.01.2004; Aktenzeichen 1 Ca 1176/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 22.01.2004 – 1 Ca 1176/03 – wird als unbegründet auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird gegen dieses Urteil zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines befristeten Arbeitsverhältnisses sowie um die Frage der Weiterbeschäftigung der Klägerin als Assistentin/Archivarin.
Die am 01.04.1951 geborene Klägerin ist sei dem 28.05.2001 bei der Beklagten als Assistentin/Archivarin beschäftigt. Aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit findet auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für R. B. Anwendung. Die Klägerin wird aufgrund ihrer Mitgliedschaft unter der Mitgliedsnummer 5585516296 bei der Gewerkschaft …v. e. V. geführt.
Für den Zeitraum vom 28.05.2001 bis zum 31.10.2001 wurde mit der Klägerin ein Arbeitsvertrag für Aushilfskräfte zu einer täglichen Arbeitszeit von sechs Stunden abgeschlossen. Dieses Arbeitsverhältnis wurde in der Folgezeit verlängert zunächst bis zum 31.12.2001, sodann bis zum 28.02.2002 und schließlich vom 26.02.2002 bis zum 24.05.2003. In dem zuletzt genannten Arbeitsvertrag war u. a. Folgendes angegeben:
„Begründung:
Dritte Verlängerung gemäß § 14 (2) Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)”
Wegen der Einzelheiten der Arbeitsverträge wird im Übrigen auf Bl. 6-9 d. A. Bezug genommen.
Der Manteltarifvertrag zwischen …R. B. und der …R. -F. -F. -U. regelt u.a. Folgendes:
„110 Geltungsbereich
…
112 Der Tarifvertrag findet keine Anwendung auf:
…
112.5 Arbeitnehmer, die zur Vertretung oder als Aushilfe beschäftigt werden, sofern die ununterbrochene Beschäftigung sechs Monate nicht überschreitet;
…
240 Befristetes Arbeitsverhältnis
241.1 Ein befristetes Arbeitsverhältnis ist zulässig, wenn die Eigenart der Tätigkeit, die Besonderheit oder der vorübergehende Bestand des Arbeitsplatzes oder sonstige sachliche Gründe dies erfordern, oder wenn es dem ausdrücklich dargelegten Wunsch des Arbeitnehmers entspricht.
241.2 Die Befristung ist nur wirksam, wenn der Grund dafür im Arbeitsvertrag genannt ist.
…”
Mit Wirkung vom 01.07.2003 haben die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag über befristete Arbeitsverhältnisse geschlossen. Wegen der näheren Ausgestaltung dieses Tarifvertrages wird auf Bl. 39 f d. A. verwiesen.
Mit ihrer am 22.05.2004 der Beklagten zugestellten Klage wendet sich die Klägerin gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 24.05.2003 und begehrt Weiterbeschäftigung.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Der mit ihr abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag verstoße gegen die tarifliche Regelung der Tarifnummer 240, da nach dieser befristete Arbeitsverträge lediglich aus sachlichen Gründen oder dem ausdrücklich dargelegten Wunsch des Arbeitnehmers abgeschlossen werden könnten. Der Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses habe nicht ihrem ausdrücklichen Wunsch entsprochen.
Die Ausnahmeregelung der Tarifnummer 112.5 des Manteltarifvertrages R. B. finde auf ihr Arbeitsverhältnis keine Anwendung, da ihr Beschäftigungsverhältnis länger als sechs Monate bestanden habe.
Der Tarifvertrag über befristete Arbeitsverhältnisse sei mit Wirkung zum 01.07.2003 abgeschlossen worden und ausdrücklich an die Laufzeit des Tarifvertrages über Sozialplanregelungen (Bl. 75 bis 82 d. A.) gebunden. Der Tarifvertrag über Sozialplanregelungen schließe die Möglichkeit betriebsbedingter Kündigung für die Laufzeit des Tarifvertrages aus. Durch den Tarifvertrag über befristete Arbeitsverhältnisse habe der Beklagten ermöglicht werden sollen, abweichend von der manteltariflichen Regelung während des Ausschlusses der Möglichkeit betriebsbedingter Kündigungen sachgrundlose Befristungen vorzunehmen. Auch das Zugeständnis hinsichtlich der möglichen Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses und der Anzahl der Verlängerungen sei auf Grund des Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen erfolgt.
Vor Abschluss dieses Tarifvertrages über befristete Arbeitsverhältnisses habe sowohl beim Personalrat als auch bei der tarifschließenden Gewerkschaft die Auffassung bestanden, dass der Manteltarifvertrag lediglich Befristungen mit Sachgrund zulasse. Lediglich bei sogenannten Aushilfsarbeitsv...