Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung und Prozessbeschäftigung. Unbegründeter Eilantrag auf Weiterbeschäftigung nach erstinstanzlichem Obsiegen im Kündigungsrechtsstreit bei Annahme der Änderungskündigung unter Vorbehalt
Leitsatz (redaktionell)
1. Während des Änderungsschutzverfahrens ist der Arbeitnehmer im Falle der Annahme der Änderungskündigung unter Vorbehalt zunächst verpflichtet, zu den geänderten Arbeitsbedingungen weiterzuarbeiten. Das gilt nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Rechtskraft einer der Änderungsschutzklage stattgebenden Entscheidung.
2. Mit der Vorbehaltsannahme gemäß § 2 KSchG kommt ein Vertrag zu den geänderten Bedingungen zustande, der nach § 8 KSchG erst nach rechtskräftigem Obsiegen des Arbeitnehmers rückwirkend aufgelöst wird.
Normenkette
ZPO §§ 916, 935, 940; KSchG §§ 2, 8; BGB § 150 Abs. 2, § 158 Abs. 2, § 611 Abs. 1; ArbGG § 62 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 27.04.2017; Aktenzeichen 63 Ga 4562/17) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. April 2017 - 63 Ca 4562/17 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren darüber, ob die Beklagte berechtigt ist dem Kläger einen Arbeitsplatz in Hamburg zuzuweisen.
Der 1959 geborene, verheiratete und einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger ist mit einer anerkannten Betriebszugehörigkeit seit dem 1. April 1991 bei der Beklagten beschäftigt. Zuletzt war er bei Fortzahlung seiner Vergütung seit dem 25. Juli 2006 freigestellt.
Mit Schreiben vom 31. August 2016 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. März 2017 und bot ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2017 zu geänderten Arbeitsbedingungen an. U. a. sollte der Arbeitsort künftig in der Hauptverwaltung der Beklagten in Hamburg sein. Der Kläger nahm dieses Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderungen an und erhob fristgerecht gegen die Änderungskündigung vom 31. August 2016 Änderungskündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Berlin. Das Arbeitsgericht Berlin hat mit seinem Urteil vom 17. Februar 2017 (28 Ca 12439/16) festgestellt, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 31. August 2016 sozial ungerechtfertigt und auch aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Dagegen hat die Beklagte Berufung zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (10 Sa 488/17) eingelegt, über die bislang noch nicht entschieden ist.
Nachdem die Beklagte den Kläger mit ihrem Schreiben vom 29. März 2017 aufforderte sich am 3. April 2017 zur Arbeitsaufnahme in Hamburg einzufinden, hat er mit seinem am 06. April 2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag den Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt, mit der der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes untersagt werden sollte, ihm Arbeit in Hamburg zuzuweisen. Wegen des diesem Streit zugrunde liegenden unstreitigen Sachverhaltes und des streitigen Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl.362 - 365 d. A.) sowie auf die zwischen den Parteien erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Durch Urteil vom 27. April 2017 hat das Arbeitsgericht Berlin dem Antrag des Klägers abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger weder ein Verfügungsanspruch, noch ein Verfügungsgrund zur Seite stehe. Wegen der Annahme der Änderungskündigung unter Vorbehalt sei ein neuer, bedingter Arbeitsvertrag zustande gekommen, an den der Kläger während der Dauer des Kündigungsrechtsstreits gebunden sei. Er sei deshalb zunächst verpflichtet, zu den geänderten Bedingungen zu arbeiten. Zudem habe der Kläger die Eilbedürftigkeit selbst herbeigeführt, weil er den Weiterbeschäftigungsantrag nicht schon im Kündigungsschutzverfahren gestellt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung der Entscheidung wird auf die dortigen Gründe (Bl. 365 - 367 d. A.) verwiesen.
Gegen dieses ihm am 2. Mai 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 5. Mai 2017 bei dem hiesigen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 07. Juni 2017 begründet.
Er meint, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht eine selbst herbeigeführte Eilbedürftigkeit angenommen. Er habe angesichts der Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht damit gerechnet, dass die Beklagte Berufung einlegen würde. Deshalb sei er überrascht gewesen, als die Beklagte ihn zur Arbeitsaufnahme in Hamburg aufgefordert habe. Er trägt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor, es sei ihm unzumutbar, seine Arbeit in Hamburg aufzunehmen. Er könne weder täglich pendeln, noch nach Hamburg umziehen. Zudem bestünden für ihn Beschäftigungsmöglichkeiten in Berlin. Soweit das Arbeitsgericht gemeint habe, der Kläger müsse wegen der Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt zunächst nach den geänderten Bedingungen arbeiten, sei diese Ar...