Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungspflicht eines Praktikantenverhältnisses, das für die Erlangung der Berufsbezeichnung "Rettungsassistent" Voraussetzung ist. Anspruch eines Praktikanten zur Erlangung der Berufsbezeichnung "Rettungsassistent" auf angemessene Praktikumsvergütung
Leitsatz (redaktionell)
Einem Praktikanten zur Erlangung der Berufsbezeichnung "Rettungsassistent" steht nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Arbeitsbedingungen der Praktikantin/Praktikanten (TV Prakt-O) bzw. ab dem 01.01.2010 nach dem TVPöD ein Anspruch auf eine angemessene Praktikantenvergütung zu. Die Höhe dieser Vergütung wird sich in der Regel nach den genannten Tarifverträgen richten. Entgegenstehende Vereinbarungen, die eine niedrigere Vergütung vorsehen, sind gem. § 134 BGB nichtig.
Normenkette
RettassG § 7 Abs. 1; BBiG §§ 17, 26
Verfahrensgang
ArbG Brandenburg (Entscheidung vom 15.09.2011; Aktenzeichen 2 Ca 378/11) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 15.09.2011 - 2 Ca 378/11 - im Kostenausspruch und insoweit geändert, wie die Beklagte zur Zahlung von mehr als 8.956,92 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2011 verurteilt worden ist, und die Klage auch insoweit abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz haben der Kläger 70 %, die Beklagte 30 %, von den Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger 17 %, die Beklagte 83 % zu tragen.
IV. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der zweiten Instanz noch über eine Praktikumsvergütung.
Der am .....1984 geborene Kläger absolvierte in der Zeit vom 03.12.2007 bis zum 03.12.2008 bei der nicht tarifgebundenen Beklagten ein sog. Lehrwachen-Praktikum auf der Grundlage der tariflichen Regelwochenarbeitszeit, wobei sich die Parteien darin einig sind, dass dies die in § 7 Abs. 1 TVöD geregelte Wechselschicht-Arbeitszeit von 40 Wochenstunden war. Ein solches sog. Anerkennungsjahr ist gemäß § 7 Abs. 1 Rettungsassistentengesetz (RettAssG) für die Erlangung der vom Kläger angestrebten Berufsbezeichnung "Rettungsassistent" erforderlich und nach einer - auch vom Kläger absolvierten - schulischen Ausbildung und deren Abschluss mit staatlicher Prüfung zu leisten. In der zum Praktikum abgeschlossenen Vereinbarung wurde ausdrücklich festgelegt, dass die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes und des Personalvertretungsgesetzes nicht zur Anwendung kämen, der Praktikant nicht den arbeitsrechtlichen Grundsätzen eines Ausbildungs- bzw. Beschäftigungsverhältnisses und der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht unterliege und kein Entgelt erhalte.
Nachdem der Kläger in den ersten drei Monaten seines Praktikums (zumindest überwiegend) auf dem Krankentransportwagen oder als "3. Mann" auf dem Rettungswagen eingesetzt worden war, hatte er ab dem 15.03.2008 auch betriebliche Aufgaben zu erfüllen und nahm an Einsätzen neben einem Rettungsassistenten oder erfahrenen Rettungssanitäter als "2. Mann" teil. Am 29.02.2008 vereinbarten die Parteien einen Aushilfsarbeitsvertrag, demzufolge der Kläger im Zeitraum 01.03. bis 31.12.2008 als Rettungsdienstmitarbeiter an 20 Wochenstunden zu einem monatlichen Festentgelt 400 € beschäftigt werden sollte. Von März bis Dezember 2008 zahlte die Beklagte dem Kläger ein monatliches Entgelt von 400 € brutto. Am 03.12.2008 erteilte die Beklagte dem Kläger die Bescheinigung über die erfolgreiche Ableistung der praktischen Tätigkeit, wonach der Kläger den Antrag auf stattliche Anerkennung stellte. Zum 01.01.2009 wurde der befristete Arbeitsvertrag bis zum 30.06.2009 verlängert und die Vergütung auf 800 € angehoben. Der folgende Vertrag sah dann die unbefristete Beschäftigung zu 40 Wochenstunden bei einem Verdienst von 1.600 € vor. Am 04.01.2010 erhielt der Kläger die Erlaubnis, die Berufungsbezeichnung "Rettungsassistent" zu führen.
Der Kläger hatte, bevor er das Praktikum antrat, bereits eine Ausbildung zum Gas-Wasser-Installateur absolviert, in unmittelbarem Anschluss daran seinen Wehrersatzdienst geleistet und sich sodann zu der weiteren Ausbildung zum Rettungsassistenten entschlossen.
Mit seiner Klage hat der Kläger neben weiteren Ansprüchen die Vergütung für die 12 Monate seines Praktikums für Rettungsassistenten-Praktikanten nach dem Tarifvertrag für Praktikantinnen/Praktikanten des öffentlichen Dienstes (TVPöD) in Höhe von 1.201,25 € brutto monatlich unter Anrechnung des erhaltenen Entgelts, insgesamt 10.815,00 € brutto, nebst Zinsen verlangt. Er hat sich zur Begründung auf die Unwirksamkeit der Praktikumsvereinbarung hinsichtlich der Entgeltzahlung und einen durch §§ 19, 10 BBiG (die allerdings schon am 1. April 2005 durch die §§ 26, 17 BBiG nF ersetzt wurden) begründeten Anspruch berufen, der der Höhe nach dem des TVPöD entspricht. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, für eine Vergütung des Anerkennungsjahres gebe es keine gesetzli...