Entscheidungsstichwort (Thema)
Ortszuschlag für Kind einer Lebenspartnerin
Leitsatz (amtlich)
Eine Angestellte, die in eingetragener Lebenspartnerschaft im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Partnerin und deren leiblichen Kind lebt, hat für dieses Kind Anspruch auf den erhöhten Ortszuschlag analog § 29 Abschnitt B Abs.3 BAT-O. Mit Einführung des LPartG ist insoweit nachträglich eine von den Tarifvertragsparteien nicht vorhersehbare Regelungslücke entstanden. Der Versorgungszweck des Ortszuschlags rechtfertigt es, diese Situation gleich zu behandeln mit der Situation der Aufnahme eines Kindes eines Ehegatten in den Haushalt durch die Angestellte, in welcher der erhöhte Anspruch auf den Ortszuschlag besteht.
Normenkette
BAT-O § 29 Abschn. B Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 19.09.2006; Aktenzeichen 93 Ca 13577/05) |
Tenor
I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgericht Berlin vom 19.09.2006 – 93 Ca 13577/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen mit der klarstellenden Maßgabe, dass in Ziffer I des Urteils festgestellt wird, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin mit Wirkung ab dem 22.08.2003 bis zum 28.02.2006 für das Kind N. K. den Ortszuschlag Tarifklasse II BAT-O gem. § 29 BAT-O Abs. 3 zu zahlen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Gewährung eines erhöhten tariflichen Ortszuschlages.
Die Klägerin ist seit Februar 1992 bei dem beklagten Land als Angestellte beschäftigt und erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vc der Anlage 1a zum BAT-O. Auf das Arbeitsverhältnis finden im Wege arbeitsvertraglicher Inbezugnahme die Regelungen des BAT-O Anwendung.
Die Klägerin begründete am 22.08.2003 eine Lebenspartnerschaft mit Frau Chr. K. vor dem zuständigen Standesbeamten des Standesamtes Lichtenberg von Berlin. Frau K. und die Klägerin bewohnen eine gemeinsame Wohnung unter der im Aktivrubrum genannten Anschrift. Rückwirkend ab August 2003 erhielt die Klägerin in Hinblick auf ihre Verpartnerung von der Beklagten den erhöhten Ortszuschlag der Stufe 2 gem. § 29 Abschnitt B Abs. 2 Ziffer 1 BAT-O.
In der gemeinsamen Wohnung lebt auch das Kind N. Felice K., geboren am ….1999, dessen leibliche Mutter Frau Chr. K. ist. Der Vater des Kindes ist unbekannt. Die Klägerin und Frau K. erziehen das Kind gemeinsam und leisten beide Unterhalt. Die Klägerin hat ferner ein leibliches Kind, O. F., geboren am ….1986.
Die Klägerin hatte im Jahr 2001 und im Januar 2004 die Zahlung des erhöhten Ortszuschlages auch für das Kind N. K. geltend gemacht (Bl. 5 ff. d.A., 98 ff. d.A.).
Die Beklagte lehnte zuletzt mit Schreiben vom 25.05.2005 den Antrag der Klägerin auf Zahlung des Ortszuschlags insoweit ab, nachdem die Familienkasse mit Bescheid vom 23.03.2005 (Bl. 35 f. d.A.) eine beantragte Kindergeldfestsetzung hinsichtlich des Kindes N. K. abgelehnt hatte.
Nachdem die Klägerin zwischenzeitlich das Kind adoptiert hat, zahlt das beklagte Land der Klägerin ab März 2006 den begehrten erhöhten Ortszuschlag für dieses Kind.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, § 29 Abschnitt B BAT-O enthalte nicht nur in Abs. 2, wie zwischenzeitlich vom Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 29.04.2004 – 6 AZR 101/03 – anerkannt worden sei, bezogen auf die Gleichstellung von verheirateten Angestellten mit den nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verpartnerten Angestellten eine unbewusste Regelungslücke.
Diese Regelungslücke bestehe auch dann, wenn im Rahmen der Lebenspartnerschaft Kinder im Haushalt lebten, denen von beiden Teilen Unterhalt gewährt werde, so dass die Analogie auch auf § 29 Abschnitt B Abs. 3 BAT-O auszudehnen sei. Dies sei vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern in seiner Entscheidung vom 16.11.2004 – 3 Sa 64/04 – bereits hinsichtlich des Sozialzuschlags für Arbeiter nach § 41 MT Arb-O, worin wiederum auf die hier einschlägigen Bestimmungen des BAT-O verwiesen werde, so entschieden worden. Wäre sie ein Mann und mit der Kindsmutter verheiratet und hätte sie das Kind in ihren Haushalt aufgenommen, wäre das Kind i.S.d. § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG berücksichtigungsfähig für die Gewährung von Kindergeld und in der Konsequenz stünde ihr auch insofern der erhöhte Orts- bzw. Sozialzuschlag zu.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin mit Wirkung ab dem 22.08.2003 bis zum 28.02.2006 den Ortszuschlag nach Stufe 3 Tarifklasse II BAT-O gemäß § 29 BAT-O zu zahlen;
- festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die monatlich Bruttodifferenzbeträge beginnend ab Klagezustellung mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, dass der Klägerin der begehrte Ortszuschlag nicht zustehe, da sie nicht gemäß § 63 EStG nach den entsprechendenden Feststellungen der Familienkasse zum Bezug von Kindergeld berechtigt sei. § 29 BAT knüpfe hinsichtlich des Anspruchs auf den kindergeldbezogenen Teil des Ortszuschlags, ebenso wie die inhalts...