Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Personalratsbeteiligung. Zustimmung des Personalrats bei Kündigungen. Zustimmungsverweigerung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Bediensteten des Landes Berlin bedarf auch während der ersten 6 Monate seines Bestandes der Zustimmung des Personalrats (§ 79 Abs. 1 iVm. § 87 Nr. 9 PersVG Bln).
2. Der Personalrat ist mit seinen Einwendungen gegen die Kündigung nicht beschränkt auf bestimmte Gründe. Die mitgeteilten Gründe müssen aber der beabsichtigten Kündigung zuzuordnen sein, weshalb nicht nur eine begründungslose Zustimmungsverweigerung, sondern auch die Darlegung von Gründen, aus denen sich ersichtlich kein Verweigerungsgrund ergibt, unbeachtlich ist. Bei einer Probezeitkündigung sind daher nur solche Einwendungen beachtlich, die deren Unwirksamkeit als möglich erscheinen lassen, also etwa ein Verstoß gegen § 242 BGB, § 138 BGB, Vorschriften besonderen Kündigungsschutzes wie SGB IX usw. (im Anschluss an BAG, Urteil vom 27.10.2005 – 6 AZR 27/05 – AP Nr. 151 zu § 102 BetrVG 1972).
3. Die Unbeachtlichkeit von Einwendungen des Personalrats führt gem. § 79 Abs. 2 PersVG Berlin nach Ablauf der im Gesetz bestimmten Frist zu einer Zustimmungsfiktion.
Normenkette
PersVG Berlin § 87 Nr. 9, § 79 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 04.04.2007; Aktenzeichen 86 Ca 3252/07) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. April 2007 – 86 Ca 3252/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Probezeitkündigung und in diesem Zusammenhang vor allem über die Frage, ob die Zustimmung des Personalrats hierfür vorlag.
Der Kläger wurde vom beklagten Land ab 18.08.2006 auf unbestimmte Zeit als Lehrkraft (Lehrer für Fachpraxis) an der K.-Schule/Oberstufenzentrum Bautechnik I eingestellt.
Mit Schreiben vom 16.02.2007, welches dem Kläger am 17.02.2007 zuging, kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 28.02.2007, hilfsweise zum nächst möglichen Termin, hilfsweise zum 31.07.2007 mit bedingter Einstellungszusage. In der Begründung führte es aus, dass sich der Kläger für eine dauerhafte Tätigkeit als nicht geeignet, insbesondere als nicht ausreichend teamfähig erwiesen habe.
Zuvor war der Personalrat der Dienstkräfte in zentral verwalteten und berufsbildenden Schulen mit zwei Schreiben vom 12.01. und 01.02.2007 beteiligt worden und hatte jeweils beschlossen, der beabsichtigten Kündigung nicht zuzustimmen. Er hatte seine Entscheidungen auch ausführlich begründet. Das für den Fall einer Zustimmungsverweigerung im Personalvertretungsgesetz Berlin (PersVG Berlin) vorgesehene Ersetzungsverfahren wurde vom beklagten Land nicht eingeleitet.
Mit seiner am 22.02.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung und einen vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend gemacht und sich im Wesentlichen darauf berufen, dass die gesetzlich erforderliche Zustimmung des Personalrats nicht vorlag und auch durch die Einigungsstelle nicht ersetzt wurde. Ferner hat er die Sozialwidrigkeit der Kündigung und Nichteinhaltung der Kündigungsfrist moniert.
Von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen.
Durch Urteil vom 04.04.2007 hat das Arbeitsgericht die Klage überwiegend abgewiesen; es hat lediglich den Beendigungstermin auf den 31.03.2007 bestimmt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung verstoße nicht gegen § 87 Nr. 9 PersVG Berlin, denn das beklagte Land habe den Personalrat ordnungsgemäß unterrichtet, und die Zustimmung des Personalrats gelte als erteilt, weil die vom Personalrat angeführten Gründe für die Zustimmungsverweigerung nicht beachtlich seien. Aus der nach dem Bundesarbeitsgericht anzuwendenden, vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten „Möglichkeitstheorie” folge, dass nur solche Einwendungen beachtlich seien, die die Unwirksamkeit der Probezeitkündigung als möglich erscheinen ließen. Da der Personalrat im Wesentlichen nur die Eignungsbeurteilung seitens der Schulaufsichtsbehörde in Frage gestellt habe, ließen sich aus seinen Einwänden keine Unwirksamkeitsgründe für eine Probezeitkündigung entnehmen. Auch die materielle Prüfung der Kündigung ergebe nicht deren Unwirksamkeit. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Gegen das ihm am 25.04.2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 14.05.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und mit einem am 30.05.2007 eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers.
Der Kläger rügt weiterhin die Nichtbeachtung der Regelungen des PersVG Berlin, insbesondere die fehlende Zustimmung des Personalrats. Er meint, der Personalrat könne mangels gesetzlich festgelegter Gründe im Prinzip jeden sachlichen Grund zur Ablehnung einer Zustimmung zur Kündigung gelte...