Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 08.02.1995; Aktenzeichen 22 Ca 29499/94) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am8. Februar 1995 verkündeteUrteil desArbeitsgerichts Berlin – 22 Ca 29499/94 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist Tierarzt und wird als solcher im Vieh- und Schlachthof beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des Tarifvertrages über die Regelung der Rechtsverhältnisse der nicht vollbeschäftigten amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure in öffentlichen Schlachthöfen und in Einfuhruntersuchungsstellen (TV Ang iöS) Anwendung.
Mit Schreiben vom 4. Juli 1994 und 20. September 1994 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß er mit Wirkung vom 1. Januar 1992 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgemeldet werde, weil die nach § 20 TV Ang iöS erforderliche Voraussetzung für eine Versicherung nach Maßgabe des Versorgungstarifvertrages, nämlich der Erhalt von Stundenvergütungen für mindestens 1000 Stunden in dem jeweils vorangegangenen Kalenderjahr nicht vorliege. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, auch er als Teilzeitbeschäftigter hätte einen Anspruch auf Zusatzversorgung, weil ein Ausschluß von der Zusatzversorgung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten und Vollzeitbeschäftigten verstoße.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen,
daß die Beklagte verpflichtet sei, für ihn für die Zeit ab 1. Januar 1992 Versicherungsbeiträge in die Altersversorgung der Zusatzversorgung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des Sachvortrages der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Durch das am 8. Februar 1995 verkündete Urteil hat das Arbeitsgericht nach dem Klageantrag erkannt. – Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe jenes Urteils Bezug genommen.
Das Urteil ist der Beklagten am 23. März 1995 zugestellt worden. Die Berufung ist am 19. April 1995, die Berufungsbegründung ist am 18. Mai 1995 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.
Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt die Beklagte vor:
Der Kläger sei zu Recht mit Wirkung vom 1. Januar 1992 bei der VBL abgemeldet worden, denn er habe in den Jahren seit 1991 nur eine Stundenvergütung bezogen, die unter der Grenze von 1000 Stunden gelegen habe. Die Vorschrift des § 20 TV Ang iöS sei weiterhin geltendes Tarifrecht. Sie verstoße weder gegen Art. 3 GG noch gegen § 2 Abs. 1 BeschFG. – Wegen des Vorbringens der Beklagten dazu wird auf die Seiten 3 und 4 des Schriftsatzes vom 16. Mai 1995 (Bl. 55 und 56 d.A.) verwiesen.
Die Tarifvertragsparteien hätten bewußt und zu Recht unterschiedliche tarifliche Regelungen für die nicht vollbeschäftigten amtlichen Tierärzte einerseits und die vollbeschäftigten Tierärzte andererseits geschaffen. Die Art. des Einsatzes und des Umfangs der Beschäftigung sei bei beiden Gruppen unterschiedlich. Die vollbeschäftigten Tierärzte seien nur in Ausnahmefällen an Schlachtungen beteiligt, gewöhnlich aber nur in aufsichtsführender Funktion (Hygieneaufsicht, Endkontrolle, Organisation der tierärztlichen Überwachung) zugegen, während die Schlachtungen im Regelfall ausschließlich von nicht vollbeschäftigten Tierärzten durchgeführt werden würden. Die angestrebte gleichmäßige Beschäftigung der 8 nicht vollbeschäftigten Tierärzte sei nur schwer durchführbar. Drei dieser Tierärzte hätten keine eigene Praxis; sie wiesen die meisten Einsätze auf. Die anderen, zu denen der Kläger gehöre, die in einer eigenen Praxis beschäftigt seien, seien nicht im gleichen Maße flexibel einsetzbar. Es komme vor, daß sie Einsätze auf dem Schlachthof nicht wahrnehmen könnten. Diese Tierärzte könnten deswegen teilweise nicht die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden erreichen wie die Tierärzte ohne eigene Praxis. Es komme hinzu, daß die Schlachtmenge auf dem Schlachthof Beusselstraße in den letzten Jahren erhebliche zurückgegangen sei.
Der Kläger habe im übrigen auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Mitglied von freiberuflichen Versorgungswerken zu werden. Er habe sich deshalb mit Wirkung vom 26. Juni 1981 von der Beitragspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreien lassen. Sie, die Beklagte, habe daraufhin Zuschüsse zu den Versorgungswerken, denen der Kläger angehört habe – zunächst der Zahnärztekammer Berlin und seit dem 1. Juli 1993 der Landestierärztekammer Mecklenburg-Vorpommern – gezahlt.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts vom 8. Februar 1992 die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Würdigung der Sach- und Rechtslage durch das Arbeitsgericht für zutreffend und schließt sich den dortigen Ausführungen an.
Der Kläger ist der Ansicht: Die Beklagte könne dem angefochtenen Urteil nicht entgegenhalten, § 20 T...