Entscheidungsstichwort (Thema)
ordentliche Kündigung wegen Verdachts des Leistungsbetruges. Erschleichen von Freischichten
Normenkette
KSchG § 1 I
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 02.08.1996; Aktenzeichen 22 Ca 11313/96) |
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 02. August 1996 – 22 Ca 11313/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, welche der Beklagte unter dem 12. März 1996 mit der Begründung ausgesprochen hat, es bestehe der begründete Verdacht, daß der Kläger sich in Betrugsabsicht zum Nachteil des beklagten Landes im Jahre 1993 in mindestens zwei Fällen und im Jahre 1994 in mindestens 41 Fällen die Vergütung erschlichen habe, indem er die für Dienstschichten geleistete Vergütung nebst Zulagen entgegengenommen habe, obwohl er tatsächlich keinen Dienst geleistet habe.
Der Beklagte hatte zuvor, nämlich am 29. Februar 1996, dem Personalrat den Entwurf des Kündigungsschreibens sowie den Personalvorgang mit der Bitte um Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung zugeleitet. Der Personalrat hatte unter dem 11. März 1996 der Kündigung zugestimmt.
Mit der am 1. April 1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger sich gegen die Kündigung gewandt und geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, da der Vorwurf unberechtigt sei. Außerdem hat er die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats gerügt.
Die weitere Darstellung des erstinstanzlichen Tatbestandes unterbleibt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO.
Durch Urteil vom 2. August 1996 hat das Arbeitsgericht der Feststellungsklage mit der Begründung stattgegeben, die Kündigung sei gemäß § 108 Abs. 2 BPersVG wegen Verletzung der Beteiligungsrechte des Personalrats rechtsunwirksam. Die Unterrichtung des Personalrats gemäß §§ 87 Nr. 9, 79 Abs. 2 PersVG Berlin sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Das beklagte Land habe die streitige Kündigung im vorliegenden Rechtsstreit als sogenannte Verdachtskündigung begründet, in dem Kündigungsschreiben dagegen gegenüber dem Personalrat die Tatbegehung durch den Kläger als sicher dargestellt. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, daß die Stellungnahme des Personalrats im Falle einer korrekten Unterrichtung anders als geschehen ausgefallen wäre. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 56, 57 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses, dem Beklagten am 9. September 1996 zugestellte Urteil richtet sich seine am 8. Oktober 1996 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung, die er mit einem am 8. November 1996 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Der Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, daß der Personalrat nicht ordnungsgemäß gehört worden sei. Aus dem Kündigungsschreiben, dessen Entwurf dem Personalrat vorgelegen habe, gehe eindeutig hervor, daß die Kündigung wegen des begründeten Verdachts des Erschleichens von Vergütungszahlungen für nicht geleistete Dienste ausgesprochen werden sollen.
Die Kündigung sei auch sozial gerechtfertigt, da der Kläger in dem dringenden Verdacht stehe, einen fortgesetzten Betrug zu Lasten des beklagten Landes, seines Arbeitgebers, begangen zu haben. Eine Datenauswertung habe nämlich ergeben, daß der Kläger im Jahre 1993 in mindestens zwei Fällen und im Jahre 1994 in 41 Fällen in unrechtmäßiger Weise keinen Dienst versehen, gleichwohl aber die Vergütung entgegengenommen habe. Dies sei durch eine Manipulation der Komputerdaten durch den zuständigen Diensteinteiler W. ermöglicht worden. Von dieser Manipulation habe der Kläger Kenntnis gehabt, jedenfalls aber habe er gewußt, daß ihm keine Freischichten in diesem Umfang zugestanden haben. Letzteres habe der Kläger in seiner Vernehmung am 31.10.1995 selber eingeräumt.
Der Kläger habe auch nicht davon ausgehen können, daß das von dem Diensteinteiler praktizierte Verfahren der Freistellung rechtmäßig gewesen sei. Ebensowenig könne er sich auf angebliche diesbezügliche Äußerungen des Diensteinteilers berufen. Jeder vernünftig denkende Mensch wisse, daß man in einem Arbeitsverhältnis mit Ausnahme des Urlaubs und Zeiten krankheitsbedingter Abwesenheit nicht einfach dem Dienst fernbleiben und gleichwohl das volle Gehalt beziehen könne. Daß auch ein Diensteinteiler nicht berechtigt sei, die Kollegen bei voller Bezahlung der Bezüge freizustellen, sei so offenkundig, daß der Kläger sich nicht damit herausreden könne, er habe dies nicht erkannt, zumal vorliegend der Diensteinteiler nicht der Vorgesetzte des Klägers gewesen sei. Im übrigen habe der Kläger in seiner Vernehmung am 31.10.1995 aber auch selber eingeräumt, daß ihm natürlich klar gewesen sein, daß er soviel Freizeit nicht haben könne.
Der Beklagte beantragt,
- das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 22 Ca 11313/96 vom 2. August 1996 wird abgeändert.
- die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält mit dem Arbeitsgericht die Kündigung bere...