Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltung des BAT-O bzw. BAT („Rückkehrerfall”)
Leitsatz (amtlich)
1. Der BAT gilt in den neuen Bundesländern räumlich neben dem BAT-O, persönlich jedoch nur für diejenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse in den alten Bundesländern begründet worden sind.
2. Wird hiernach ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, dessen Arbeitsverhältnis in West-Berlin begründet wurde und dem BAT unterfällt, auf Dauer zur Arbeitsleistung in den Ostteil Berlins versetzt, so bleibt für ihn (bei demselben Arbeitgeber und ohne Neuabschluß eines Arbeitsvertrages) die Geltung des BAT erhalten.
3. Wird einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, dessen Arbeitsverhältnis im Ostteil Berlins begründet worden ist und dem BAT-O unterfällt, auf Dauer ein Arbeitsplatz im Westteil Berlins zugewiesen, und äußert der Arbeitgeber dabei keine Absicht, den Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt wieder in den Osten umzusetzen, so geht der räumliche Bezug des Arbeitsverhältnisses zum Beitrittsgebiet verloren; das Arbeitsverhältnis unterfällt dann (auf Dauer) dem BAT, selbst wenn der Arbeitnehmer später doch wieder in den Osten umgesetzt wird.
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 21.04.1997; Aktenzeichen 86 Ca 37493/96) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. April 1997 – 86 Ca 37493/96 – wird zurückgewiesen.
II. Kosten:
Von den Kosten der ersten Instanz werden – bei einem Kostenstreitwert von 33.988,14 DM– 18 % der Klägerin und 82 % der Beklagten auferlegt. Von den Kosten der zweiten Instanz, die bis zur Rücknahme der Klageanträge zu 2. und 3. entstanden sind, werden bei einem Kostenstreitwert von ebenfalls 33.988,14 DM wiederum 18 % der Klägerin und 82 % der Beklagten auferlegt. Die nach der teilweisen Klagerücknahme entstandenen weiteren Berufungskosten trägt die Beklagte bei einem Kostenstreitwert von 27.998,94 DM in vollem Umfang.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob auf ihr Arbeitsverhältnis östliches oder westliches Tarifrecht (BAT/BAT-O) Anwendung findet, ferner über einen aus diesem Streit abgeleiteten Bereicherungsanspruch der Arbeitgeberin wegen einer vermeintlichen Überzahlung („Ost-West-Ost-Fall”).
Die – im Oktober 1990 der ÖTV beigetretene – Klägerin war seit 1973 beim Patentamt der DDR in Ost-Berlin angestellt und wurde im Oktober 1990 von der Beklagten in den Bereich des Deutschen Patentamts übernommen. Sie wurde in einem Dienstgebäude in Ost-Berlin weiterbeschäftigt und erhielt ab Juli 1991 Vergütung nach Vergütungsgruppe VIII der Anlage 1 a zum BAT-O, dessen Geltung in einem Änderungsvertrag vom 20. Juni 1991 (Kopie Bl. 12 und 124 d.A.) vereinbart wurde. Nachdem sie im Juni und Juli 1991 für drei bis vier Wochen zur Arbeit in einem Dienstgebäude in West-Berlin eingesetzt war und anschließend wieder in Ost-Berlin gearbeitet hatte, wurde sie ab 24. März 1992 vertretungsweise „bis auf weiteres” auf einem Arbeitsplatz in West-Berlin beschäftigt; hierbei handelte es sich um eine Tätigkeit als Bürosachbearbeiterin im Referat 5.2.1 – Auskunftsstelle. Auf eine patentamtsinterne Ausschreibung vom 31. Juli 1992 dieser – im Dienstgebäude in der G. Straße in West-Berlin angesiedelten – Stelle (Kopie Bl. 55 d.A.) bewarb sich die Klägerin unter dem 4. August 1992 und erhielt unter dem 22. September 1992 die Mitteilung (Kopie Bl. 15. d.A.), ihre Bewerbung sei berücksichtigt worden, sie erhalte die Stelle zunächst zur Einarbeitung unter Anrechnung der Zeit seit dem 24. März 1992. Unter dem 5. Oktober 1992 (Kopie Bl. 16 d.A.) übertrug der Dienststellenleiter der Klägerin die „Aufgaben und Tätigkeiten einer Bürosachbearbeiterin … im Referat 5.2.1” mit Wirkung ab 1. Oktober 1992 auf Dauer, und zwar unter (zunächst vorläufiger, kurze Zeit später für endgültig erklärter) Eingruppierung in Vergütungsgruppe Vc BAT-O. Unter dem 19. Februar 1993 (Kopie Bl. 18 f. d.A.) teilte der Dienststellenleiter der Klägerin mit, in Befolgung der Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Juli 1992 (Posturteile) werde ihr Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Aufnahme einer dauernden Tätigkeit im Tarifgebiet West ruckwirkend zum 24. März 1992 dem BAT (West) unterstellt und sie zur VBL angemeldet.
Mit Wirkung ab 1. März 1994 wurde die Klägerin dem Referat 5.3.2 im Dienstgebäude C.-Straße in Ost-Berlin zugewiesen (unter Beibehaltung einer Vergütung nach Vergütungsgruppe Vc/BAT), und zwar zunächst bis zum 30. September 1994, später darüber hinaus „bis auf weiteres”. Wegen einer Aufgabenerweiterung erhielt die Klägerin dort ab 1. Dezember 1994 eine persönliche Zulage in Höhe der Differenz zur Vergütungsgruppe Vb. Unter dem 28. August 1995 (Kopie Bl. 22 d.A.) teilte der Dienststellenleiter der Klägerin mit, sie werde ab 1. Oktober 1995 in Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1 c BAT eingruppiert.
Mit Datum vom 10. Juni 1996 (Kopie Bl. 23–25 d.A.) schrieb der Dienststellenleiter an die Klägerin, aufgrund der neuesten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts s...