Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung einer Volkshochschullehrerin

 

Leitsatz (redaktionell)

Erfüllt eine Volkshochschule mit der Durchführung von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierter Hauptschulabschlusslehrgängen gleichzeitig einen eigenen, zeitlich nicht begrenzten Bildungsauftrag, handelt es sich um keine fremdbestimmte sozialstaatliche Sonderaufgabe von begrenzter Dauer. Diese rechtfertigt noch nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses einer für solche Kurse eingestellten Lehrkraft.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1; Berliner SchulG § 53

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.02.2004; Aktenzeichen 7 AZR 362/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts vom 1.3.02 – 91 Ca 30674/01 – abgeändert.

1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund der Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 7.9.00 nicht zum 29. Oktober 01 beendet worden ist.

… des Rechtsstreits vollzeitig als Angestellte in der Tätigkeit einer Sozialpädagogin weiterzubeschäftigen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 29. Oktober 2001 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Klägerin war bei dem Beklagten auf der Grundlage jeweils befristeter Arbeitsverträge seit dem 2. Dezember 1991 an einer Volkshochschule als Sozialpädagogin beschäftigt. Zwischen den einzelnen Arbeitsverhältnissen lagen jeweils Unterbrechungen von einem ½ bis zu 1 ½ Monaten und zwischen den letzten drei Verträgen jeweils rund 3 Monate. Der letzte schriftliche Arbeitsvertrag (Bl. 8–9 d.A.) vom 7. September 2000 war befristet bis zum 29. Oktober 2001. In diesem Arbeitsvertrag heißt es u.a., dass die Klägerin als Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer – HASA – Lehrgänge 2000/2001 – beschäftigt werde und sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT) richte. Bei den sogenannten HASA-Lehrgängen handelte sich um solche, die von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert wurden und in deren Rahmen sozialschwache Jugendliche ihren Hauptschulabschluss nachholen konnten. Wenn die Bundesanstalt für Arbeit wegen der Arbeitsmarktlage u.a. die Durchführung von Kursen zur nachträglichen Erlangung des Hauptschulabschlusses für erforderlich hält und deshalb Mittel bereitstellt, sucht sie durch Ausschreibungen geeignete Maßnahmeträger. Nach Erhalt des Zuschlags wird zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und dem Maßnahmeträger ein Vertrag geschlossen. Einen solchen Vertrag schloss die Bundesanstalt für Arbeit unter dem 18. Oktober 2000 mit dem Bezirksamt Wedding des Beklagten (Bl. 41–44 d.A.), wie dies auch bei den zuvor jeweils durchgeführten HASA-Lehrgängen der Fall war. Die Bundesanstalt für Arbeit verpflichtete sich in diesem Vertrag u.a. die Lehrgangsgebühren zu vergüten. Tituliert wurde die Maßnahme mit „Lehrgang zur Verbesserung beruflicher Bildungs- und Eingliederungschancen – BBE – in den Berufsfeldern Büro, Verwaltung und Handel einschließlich Nachholen des einfachen Hauptschulabschlusses”.

In einem Schreiben der Bundesanstalt für Arbeit aus dem Juni 1998 (Bl. 77–79 d.A.) heißt es hinsichtlich des Personalschlüssels:

„Lehrkräfte insgesamt: 2 Ausbilder

1 Lehrkraft

1 Sozialarbeiter, Pädagogen,

wobei die Mischung der Funktionen zulässig ist. …”

In den jeweils auf dieser Grundlage geschlossenen Verträgen heißt es diesbezüglich u.a. wie folgt:

„…. Die dem Angebot zugrunde liegende räumliche und technische Ausstattung ist für die gesamte Dauer der Maßnahme vorzuhalten.

Entsprechendes gilt für das vom Träger eingesetzte Personal. Wenn Ersatzkräfte über einen Zeitraum von mehr als 3 Wochen in der Maßnahme eingesetzt werden, ist dies dem Arbeitsamt unaufgefordert mitzuteilen. Die Qualifikationsnachweise sind, soweit diese nicht bereits vorgelegt wurden, einzureichen. Jede Veränderung zum Angebot ist dem Arbeitsamt schriftlich mitzuteilen und bedarf der Zustimmung. …”

Nachdem absehbar war, dass die Bundesanstalt für Arbeit keinen weiteren Lehrgang mehr bewilligen werde, hat die Klägerin mit ihrer am 6. November 2001 bei dem Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage die Unwirksamkeit der Befristung ihres letzten Arbeitsvertrages geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Finanzierung durch die Bundesanstalt für Arbeit die Befristung nicht rechtfertigen könne, da es sich um keine Aufgabe von begrenzter Dauer handele. Die Vermittlung von Hauptschulabschlüssen würde zu den staatlichen Kernaufgaben gehören und der Volkshochschule nach § 53 Satz 1 Nr. 1 Berliner Schulgesetz als gesetzliche Aufgabe obliegen.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustehen, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 7. September 2000 nicht zum 29. Oktober 2000 beendet worden ist;

hilfsweise für den Fall der Klagestattgabe,

den Beklagten zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits vollzeitig als Angestellte in der Tätigkeit einer Soz...

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