Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung eines Gründungsgesellschafters einer fehlerhaft gegründeten Vor-GmbH
Leitsatz (amtlich)
Zur persönlichen und uneingeschränkten Haftung eines Gründungsgesellschafters gegenüber Dritten, falls Keine Eintragung der GmbH ins Handelsregister erfolgt und der Gesellschaftsvertrag an einem Rechtsmandel leidet.
Normenkette
VTV § 24; BGB § 421; HGB § 128; GmbHG § 11
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 15.05.1998; Aktenzeichen 15 Ca 53746/96) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 3) gegen das Schlußurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 15. Mai 1998 – 15 Ca 43746/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Kläger, ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes und als solcher die Einzugsstelle für die Beiträge der baugewerblichen Arbeitgeber zu den Sozialkassen des Baugewerbes. In diesem Zusammenhang bestehende Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem für allgemeinverbindlich erklärten „Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe” (VTV) vom 12. November 1986 in den maßgeblichen Fassungen vom 12. Dezember 1994, 23. Juni 1995 und 30. November 1995.
Durch Urkunde des Notars H. A. in B. in der Nordheide vom 24. November 1993 (Bl. 92 ff d.A.) gründeten der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 3) als Eheleute sowie die am 24. Mai 1981 und 26. Juni 1979 geborenen Kinder der Beklagten zu 1) und 3), die Beklagten zu 2) und 4), die R. GmbH mit Sitz in B. Vom Stammkapital in Höhe von 50.000,– DM übernahmen die Betreffenden Einlagen in Höhe von je 12.500,– DM. Am 2. Dezember 1994 wurde eine Änderung des Gesellschaftsvertrages beschlossen, wonach auch die R. GmbH mit Sitz in M. Gesellschafter sein sollte.
Wegen bestehender Eintragungshindernisse wies das Amtsgericht Charlottenburg in einem Beschluß vom 25. November 1994 – 99 AR 2082/94 – den Antrag auf Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister zurück (Bl. 82 d.A.). Die dagegen von der Gesellschaft eingereichte Beschwerde hatte keinen Erfolg. Im Beschluß des Landgerichts Berlin vom 22. Mai 1996 – 98 T 4/96 – heißt es unter anderem (Bl. 84 d.A.): Der angefochtene Beschluß ist bereits deshalb zutreffend, weil der Gesellschaftsvertrag unwirksam ist. Die beiden minderjährigen Gründungsgesellschafter M. und J. V. sind bei der Gründung und bei der Vertragsergänzung jeweils von einem Pfleger vertreten worden, was unzulässig war, weil für jedes Kind ein Pfleger hätte bestellt werden müssen. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts habe diesen Mangel nicht geheilt.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 14. August 1996 eingegangenen und den Beklagten zu 1) bis 4) am 21. August 1996 zugestellten Klage hat der Kläger die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung der Sozialkassenbeiträge für die gewerblichen Arbeitnehmer für die Monate Februar bis Oktober 1995 einschließlich Verzugszinsen in Höhe von insgesamt 65.571,08 DM in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung vertreten, nachdem er die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 4) mit Schriftsatz vom 17. Juli 1997 (Bl. 68 d.A.) zurückgenommen hatte, daß die Beklagten zu 1) und 3) als Gründungsgesellschafter für die fraglichen Beiträge mindestens je zur Hälfte hafteten. Die GmbH in Gründung sei völlig vermögenslos und als solche nicht mehr existent Es komme entscheidungserheblich auch nicht darauf an. ob die geschuldeten Bruttolöhne tatsächlich zur Auszahlung gekommen seien. Maßgeblich komme es allein auf die Beitragsmeldungen der GmbH in Gründung an.
Durch Versäumnisurteil vom 31. Januar 1997 (Bl. 23 d.A.) wurden die Beklagten zu 1) bis 4) als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 65.571,08 DM zu zahlen. Gegen die ihnen jeweils am 14. März 1997 zugestellten Versäumnisurteile haben die Beklagten zu 1) bis 4) mit Schreiben vom 16. März 1997, beim Arbeitsgericht eingegangen am 18. März 1997, Einspruch eingelegt. Zu dem auf den 23. Mai 1997 anberaumten Einspruchstermin ist für die Beklagten zu 1) bis 4) niemand erschienen. Das Arbeitsgericht hat deshalb antragsgemäß den Einspruch des Beklagten zu 2) gegen das Versäumnisurteil vom 31. Januar 1997 durch ein zweites Versäumnis-Teilurteil verworfen.
Der Kläger hat beantragt,
die Entscheidung aus dem Versäumnisurteil vom 31. Januar 1997 in bezug auf die Beklagte zu 3), hilfsweise dieses Versäumnisurteil in Höhe von 32.785,54 DM aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte zu 3) hat beantragt,
die Entscheidung aus dem Versäumnisurteil, soweit es sie betrifft, aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, daß selbst wenn sie für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft hafte, es sich allenfalls bei dieser Verlustdeckungshaftung um eine Innenhaftung handele, so daß sie nicht direkt in Anspruch genommen werden dürfe, zumal sie nicht für die Gesellschaft in Gründung gehandelt habe. Überdies, so hat die Beklagte zu 3) gemeint, sei der Gesellschaftsvertrag unwirksam, so daß sie nie Gesellschafterin geworden sei. Da der Betrieb die Löhne nur bis Juni 1995 ha...