Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung der Rechte aus einem Betriebsübergang. Verwirkung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann ein Arbeitnehmer die Rechte aus einem Betriebsübergang gegenüber dem Betriebserwerber geltend machen muß.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 07.09.1999; Aktenzeichen 42 Ca 18057/99) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 7. September 1999 – 42 Ca 18057/99 – geändert:
Die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die erstinstanzlichen Kosten werden wie folgt verteilt:
Der Kläger trägt die Mehrkosten, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) entstanden sind.
Hinsichtlich der übrigen erstinstanzlichen Kosten gilt:
Der Kläger und die Beklagte zu 1) tragen je die Hälfte der Gerichtskosten.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), die Beklagte zu 1) die des Klägers zur Hälfte; im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des Berufungsverfahrens streiten über die Frage, ob zwischen ihnen aufgrund eines Betriebsüberganges ein Arbeitsverhältnis besteht.
Der Kläger war seit dem 04. April 1990 bei der M. der Gemeinschuldnerin, bzw. deren Rechtsvorgängerin als Kran- und Kraftfahrer tätig. Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde am 13. Juli 1998, 5.00 Uhr, das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und die Beklagte zu 1) zur Gesamtvollstreckungsverwalterin bestellt. Zu dieser Zeit beschäftigte die Gemeinschuldnerin ca. 220 Arbeitnehmer; der Kläger wurde in der Betriebsstätte Colditzstraße in Berlin-Tempelhof beschäftigt.
Die Beklagte zu 2) führte den Geschäftsbetrieb der Gemeinschuldnerin in der Betriebsstätte Colditzstraße ab dem 14. Juli 1998 weiter, wobei sie im wesentlichen dieselben Betriebsmittel wie Fahrzeuge und Krane, Büroräume nebst Ausstattung sowie die gesamte EDV-Anlage nutzte. Sie teilte den Kunden der Gemeinschuldnerin die Fortsetzung des operativen Geschäftes mit und beschäftigte ca. 140 Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin, die zuvor mit dieser Aufhebungsverträge abgeschlossen hatten, auf der Grundlage neuer Arbeitsverträge weiter. In diesem Zusammenhang fand bereits am 06. Juli 1998 eine Betriebsversammlung statt, an der auch der Kläger teilnahm. Die Beklagte zu 1) wies dabei in ihrer damaligen Funktion als Sequestratorin darauf hin, daß versucht werde, eine Auffanggesellschaft zu gründen; auch werde versucht, zumindest einen Großteil der Arbeitsplätze zu erhalten. Der Geschäftsführer der späteren Gemeinschuldnerin, der auch Geschäftsführer der Beklagten zu 2) ist, führte in diesem Zusammenhang aus, daß die Auffanggesellschaft nach derzeitigem Stand das operative Geschäft der Gemeinschuldnerin übernehmen, ebenfalls eine Betriebsstätte in der Colditzstraße haben, in denselben Räumlichkeiten und mit denselben Kranen wie vorher arbeiten und einen Großteil der Belegschaft übernehmen solle.
Die Beklagte zu 1) stellte den Kläger mit Schreiben vom 13. Juli 1998 von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei; der Geschäftsbetrieb könne nicht mehr fortgeführt werden. Die Beklagte zu 2) bot auch dem Kläger den Abschluß eines Arbeitsvertrages zu schlechteren Arbeitsbedingungen an; der Kläger lehnte das Vertragsangebot ab.
Die Beklagte zu 1) kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 30. Juli 1998, das der Kläger am 31. Juli 1998 erhielt, zum 31. Oktober 1998.
Mit seiner gegen die Beklagte zu 1) gerichteten, am 14. August 1998 beim Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) eingereichten Kündigungsschutzklage, die der Beklagten zu 1) am 26. August 1998 zugestellt wurde, hat sich der Kläger u.a. gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Er hat die Klage mit einem am 06. Mai 1999 zugestellten Schriftsatz auf die Beklagte zu 2) erweitert und die Feststellung begehrt, daß er zu ihr aufgrund eines Betriebsüberganges in einem Arbeitsverhältnis stehe. Nach Änderung seiner gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Klage hat das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) nach Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs durch Teil-Anerkenntnisurteil vom 09. Juni 1999 festgestellt, „daß im Kündigungszeitpunkt, dem 30. Juli 1998 ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) nicht mehr bestanden hat, und daß diese dementsprechend nicht mehr zur Kündigung berechtigt war”; die Kostenentscheidung wurde dem Schlußurteil vorbehalten. Das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) hat sich bezüglich der gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Klage durch Beschluß vom 09. Juni 1999 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Berlin verwiesen.
Das Arbeitsgericht Berlin hat durch ein am 07. September 1999 verkündetes Urteil festgestellt, daß zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) seit dem 14. Juli 1998 ein Arbeitsverhältnis zu der vormals bei der Gemeinschuldnerin geltenden Arbeitsb...