Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung einer fehlerhaften Kündigungsfrist außerhalb der 3-Wochenfrist des § 4 S.1 KSchG
Leitsatz (amtlich)
1. Die Geltendmachung einer fehlerhaften Kündigungsfrist ist auch außerhalb der 3-Wochenfrist des § 4 S. 1 KSchG möglich.
2. Bei einer fehlerhaften Kündigungsfrist handelt es sich nicht um einen „anderen” Unwirksamkeitsgrund i. S. v. § 4 S. 1 KSchG. Das folgt jedenfalls aus einer interess engerechten Auslegung der Kündigungserklärung.
Normenkette
BGB § 615 S. 1; EFZG § 3; KSchG §§ 4, 13 Abs. 3
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin in Bezug auf die Klageabweisung teilweise geändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 1.317,44 EUR (eintausenddreihundertsiebzehn 44/100) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 515,52 EUR seit dem 28.3.2004, auf 801,92 EUR seit dem 15.4.2004 zu zahlen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin bei einem Streitwert von 4.506,03 EUR 19 %, die Beklagte 81 % zu tragen.
Von den Kosten der Berufung haben die Klägerin bei einem Streitwert von 2.176,64 EUR 39,5 %, die Beklagte 60,5 % zu tragen.
III. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über Arbeitsentgelt, das die Klägerin unter Berufung auf den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses über den Ablauf einer von der Beklagten gewährten Kündigungsfrist hinaus geltend macht.
Die Klägerin, die seit dem 02.05.1996 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis als Hauspflegerin zu einem Stundenlohn von zuletzt 7,16 EUR stand, hatte bis zum 12.01.2004 Erziehungsurlaub und war danach vom 13.01. bis 16.02.2004 arbeitsunfähig erkrankt. Im Arbeitsvertrag war innerhalb der sechsmonatigen Probezeit eine Kündigungsfrist von 2 Wochen vorgesehen. Mit Schreiben vom 20.01.2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 06.02.2004. Nachdem die Klägerin zunächst unter dem 26.01.2004 persönlich und unter dem 17.02.2004 durch ihren späteren Prozessbevollmächtigten gegenüber der Beklagten die Unwirksamkeit der Kündigung reklamiert hatte, forderte sie die Beklagte nach weiterer Korrespondenz unter dem 04.03.2004 zur Entgeltzahlung vom 12.01. bis 06.02.2004 auf und formulierte dazu:
„Aufgrund Ihrer Mitteilung gehen wir davon aus, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der von Ihnen ausgesprochenen Kündigung vom 20. Januar 2004, unserer Mandantin zugegangen am 22. Januar 2004, rechtswirksam zum 06. Februar 2004 beendet wurde, da diese Kündigung nicht fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben wurde. Das seit dem 02. Mai 1996 bestehende Arbeitsverhältnis endete damit ohne Abfindungszahlung am 06. Februar 2004.”
Nachdem die Beklagte jegliche Entgeltzahlung ab dem 13.01.2004 abgelehnt hatte, hat die Klägerin mit ihrer am 17.03.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 24.03.2004 zugestellten Klage – neben einem Zeugnisanspruch – Arbeitsentgelt für die Zeit vom 13.01. bis 31.03.2004 für 57 Arbeitstage a 8 Stunden geltend gemacht und dazu behauptet, die Kündigung habe wegen der gesetzlichen Kündigungsfrist von zwei Monaten erst zum 31.03.2004 Wirksamkeit entfalten können.
Durch Urteil vom 01.07.2004 hat das Arbeitsgericht der Klägerin den Zeugnisanspruch und die Vergütung für die Zeit vom 13.01. bis 06.02.2004 zugesprochen, die Klage wegen der weitergehenden Vergütungsansprüche jedoch abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe aufgrund ihrer Erkrankung einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dieser ende jedoch mit dem Ablauf der im Kündigungsschreiben angegebenen Frist, die unabhängig von ihrer Richtigkeit Geltung beanspruchen müsse, da die von der Klägerin erhobene Klage nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung bei Gericht eingegangen sei. Bei der Nichtwahrung der Kündigungsfrist handele es sich um einen sonstigen Unwirksamkeitsgrund der Kündigung im Sinne von § 4 KSchG n.F., dessen verfristete Geltendmachung zur Fiktion der Wirksamkeit der Kündigung führe. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen das ihr am 02.08.2004 zugestellte Urteil richtet die sich am 01.09.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und mit einem am 30.09.2004 eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Klägerin.
Die Klägerin wendet sich gegen die Auffassung des Arbeitsgerichts, bei der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist handele es sich um einen sonstigen Unwirksamkeitsgrund der Kündigung. Denn schließlich greife die Klägerin die Kündigung selbst nicht an, und aus der interessengerechten Auslegung der Kündigungserklärung folge, dass diese ihre Wirksamkeit erst zum nächst zulässigen Zeitpunkt entfalten sollte.
Die Klägerin beantragt,
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