Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorzeitige Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Der Kündigende ist im allgemeinen nicht verpflichtet, mit dem Ausspruch seiner Kündigung bis zum letzten Tage vor Beginn der gesetzlichen Kündigungsfrist zum nächst möglichen Termin zu warten.
Normenkette
BGB § 622
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 22.07.1998; Aktenzeichen 51 Ca 42482/97) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Juli 1998 – 51 Ca 42.482/97 – abgeändert:
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger trat am 31. Januar 1972 in die Dienste der Beklagten, die in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt. Er ist als Kundendienstberater bei einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 5.100,– DM bei der Beklagten, einer Vertragswerkstatt der M. -B. AG, mit Ersatzteilen und Zubehörverkauf, tätig.
Mit Schreiben vom 17. März 1997 hatte die D. -B. AG das Vertragswerkstätten- und Vermittlerabkommen mit der Beklagten zum 31. März 1999 gekündigt. Daraufhin kündigte die Beklagte die Mietverhältnisse für ihre beiden Betriebsstätten in A. und in der J. Chaussee in B. zum 30. Juni 1998 bzw. 31. März 1999. Darüber hinaus kündigte sie eine Reihe von Dienstleistungsverträgen.
Vor der Kündigung des Vertragswerkstätten- und Vermittlerabkommens durch die M. AG hatte die Beklagte die Veräußerung ihres Betriebes geplant. Zu diesem Zweck wurde die Firma R. M. GmbH & Co. Autowerkstätten KG gegründet. Vor dem Notar J. -P. L. kam es am 10. Dezember 1996 zum Abschluß eines Vertrages über den Verkauf und die Abtretung von Geschäftsanteilen. Unter Ziff. 14 des notariellen Kaufvertrages heißt es u.a.:
„Die Wirksamkeit dieses Vertrages steht unter der aufschiebenden Bedingung, daß die M. -B. AG die Fortsetzung des bestehenden Vertragswerkstättenvertrages zu den bisherigen Bedingungen trotz Übertragung der Geschäftsanteile auf die Käuferin und der Aufnahme neuer Gesellschafter und Geschäftsführer auflagenfrei schriftlich bestätigt und dabei insbesondere erklärt, aus Anlaß dieses Vertrages und/ oder der beabsichtigten Verschmelzung (§ 20 dieses Vertrages) keinen Gebrauch von ihrem Kündigungsrecht zu machen, und das Vorliegen dieser Bestätigung durch dienstliche Erklärung des beurkundenden Notars bestätigt wird.”
Mit Schreiben vom 30. April 1997 teilte die M. -B. AG der Beklagten mit, daß sie dem gewünschten Vertragesübergang nicht zustimme.
Mit Schreiben vom 24. September 1997, dem Kläger am selben Tage übergeben, kündigte die Beklagte den Arbeitsvertrag des Klägers zum 31. März 1999. Im Kündigungsschreiben heißt es u.a.:
„Die D. -B. AG hat unseren Vertrag am 17. März 1997 zum 31. März 1999 gekündigt.
Damit wird uns zu diesem Zeitpunkt die Arbeitsgrundlage entzogen. Eine Fortführung des Betriebes nach Vertragsende ist wirtschaftlich nicht machbar. Wir müssen den Betrieb schliessen. Wir sprechen bereits heute die Kündigung aus, damit sie möglichst lange Zeit Gelegenheit haben, rechtzeitig einen neuen Arbeitsplatz zu finden.”
Auch gegenüber allen anderen Arbeitnehmern wurden zum 31. März 1999, teilweise zu einem früheren Beendigungszeitpunkt, entsprechende Kündigungen ausgesprochen.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 13. Oktober 1997 eingegangenen und der Beklagten am 28. Oktober 1997 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Er hat gemeint, daß die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt sei, weil sie nicht betriebsbedingt sei und in diesem Zusammenhang behauptet, es gebe Anzeichen für die Fortführung des Betriebes. Die Beklagte habe in den letzten Jahren so beträchtliche Gewinne erzielt, daß es der dahinterstehenden Person möglich gewesen sei, im Laufe der Zeit weitere Firmen und Immobilien zu erwerben. Als die Beklagte erfahren habe, so hat der Kläger behauptet, daß die Arbeitnehmer beabsichtigten, einen Betriebsrat zu bilden, habe sie kurzfristig gegenüber allen ihren Arbeitnehmern die Kündigung ausgesprochen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 24. September 1997 nicht beendet worden ist, sondern fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, daß die von ihr ausgesprochene Kündigung durch dringende betriebliche Gründe sozial gerechtfertigt sei, weil sie mit dem 31. März 1999 ihre Tätigkeit einstellen werde. Die Betriebsstätte A. existiere schon nicht mehr Alle Versuche, mit der M. -B. AG eine Weiterführung ihres Betriebes zu erreichen, seien gescheitert, so daß ihr keine andere Wahl geblieben sei als ihre Betriebsstätten endgültig zu schließen. Auch Verkaufsverhandlungen seien erfolglos geblieben, so daß sie sich nach deren Scheitern zur Entlassung ihrer Arbeitnehmer veranlaßt gesehen haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genom...