Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltung des BAT-O bzw. BAT („Rückkehrerfall”)

 

Leitsatz (amtlich)

Mit dem Hinweis an einen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis im Beitrittsgebiet begründet worden ist, nach dessen Rückkehr von einem für unbestimmte Zeit beabsichtigten Einsatz im Westteil Berlins in den Ostteil der Stadt (weiter) den BAT zur Anwendung bringen zu wollen, wird kein vom Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen losgelöster vertraglicher Anspruch auf Weitergewährung tariflicher Leistungen nach Westtarif begründet.

Der Arbeitgeber kann die irrtümlich tarifwidrige Handhabung durch einseitige Erklärung beenden (im Anschluß an LAG Berlin vom 18.11.1997 – 4 Sa 92/97 – nicht rechtskräftig; BAG – 6 AZR 138/98–).

 

Normenkette

BAT-O § 1; BAT § 1; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 29.07.1997; Aktenzeichen 95 Ca 12730/97)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Juli 1997 – 95 Ca 12730/97 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob auf ihr Arbeitsverhältnis der BAT oder der BAT-O zur Anwendung kommt.

Diesem Streit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger trat am 1.5.1978 in die Dienste der Volkspolizei der früheren DDR und war dort zuletzt als Schutzpolizist im Streifeneinzeldienst tätig.

Im Zuge der Wiedervereinigung wurde der Kläger von dem beklagten Land übernommen und zunächst über den 3.10.1990 hinaus weiterhin im Beitrittsgebiet eingesetzt.

In einem nicht datierten Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien, daß der Kläger vom 1.1.1991 an auf unbestimmte Zeit als Wachpolizist gemäß § 15 BAT-O weiterbeschäftigt wird und das Arbeitsverhältnis sich nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung richtet. In einem weiteren, gleichfalls undatiert gebliebenen Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien unter Wiederholung der einzelvertraglichen Bezugnahme der Regelungen des BAT-O den überwiegenden Einsatz des Klägers im Bereich der Gefangenenbewachung mit Wirkung vom 23.03.1992 an.

In der Zeit vom 20.3. bis 30.7.1992 war der Kläger im Bereich der Direktion I der Berliner Polizei im ehemaligen Westteil der Stadt tätig, wobei zunächst an einen Einsatz auf nicht absehbare Zeit gedacht war. Seit dem 31.7.1992 ist der Kläger ununterbrochen wieder im früheren Ostteil Berlins tätig.

Nachdem der Beklagte dem Kläger zunächst auch für die Zeit seines Einsatzes im Westteil der Stadt Vergütung nach dem BAT-O gezahlt hatte, teilte er ihm mit Schreiben vom 1.3.1993 mit, daß in Auswertung der sogenannten Posturteile des Bundesarbeitsgerichts der BAT auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde. Das Schreiben trägt folgenden Wortlaut:

„Betrifft: Tarifsituation nach der Vereinigung

hier: Auswirkungen der Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Juli 1992 – 6 AZR 11/92 und 12/92

Sehr geehrter Herr Flathe!

Das Bundesarbeitsgericht hat in den genannten Urteilen festgestellt, daß im Falle von Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis im Beitrittsgebiet begründet wurde und die auf nicht absehbare Zeit in einer im Westteil Berlins gelegenen Dienststelle tätig sind, auf diese Arbeitsverhältnisse das im Westteil Berlins gültige Tarifrecht anzuwenden ist.

Die Geltungsbereichsregelungen des BAT/BAT-O entsprechen der den Urteilen zugrundeliegenden Rechtslage. Deswegen ist es gerechtfertigt und geboten, die Arbeitnehmer des Landes Berlin, die z. Z. noch nach den Regelungen des BAT-O behandelt werden, mit den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen gleichzubehandeln, sofern sie die vom Bundesarbeitsgericht erkannte tatbestandsmäßige Voraussetzung einer dauerhaften bzw. auf nicht absehbare Zeit bestehenden Beschäftigung im Westteil Berlins erfüllen. Dies gilt auch dann, wenn mit einem solchen, im Westteil der Stadt gelegenen, „Stamm”-Arbeitsplatz Einsätze im Ostteil der Stadt verbunden sind. Maßgebend für die Prüfung, ob eine dauerhafte bzw. auf nicht absehbare Zeit bestehende Beschäftigung im Westteil der Stadt vorliegt, ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Aufnahme der Tätigkeit.

Sie waren vom 20. März 1992 bis 30. Juli 1992 auf nicht absehbare Zeit im Westteil der Stadt beschäftigt. Aus den BAG-Urteilen ergibt sich, daß Ihr Arbeitsverhältnis vom Tage der Aufnahme Ihrer dauerhaften Tätigkeit im Westteil der Stadt von den Regelungen des Tarifrechts West erfaßt wird.

Leistungsansprüche können jedoch nur nach Maßgabe der tariflichen Ausschlußfristen erfüllt werden (§ 70 BAT). Sie erhalten daher ab 20. März 1992 Bezüge nach den Bestimmungen des BAT.

Ab März 1992 entrichten wir für Sie Beiträge bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für die Zusatzversorgung. Eine Satzung der VBL erhalten Sie zusammen mit der Anmeldebestätigung von der VBL zugesandt.

Mit Wirkung vom 20. März 1992 haben wir Sie dem Sozialversicherungsrechtskreis West zugeordnet.

Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden. Dies gilt frühestens ab...

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