Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessungsgrundlage für tarifliche Sonn- und Feiertagszuschläge. Tarifauslegung
Leitsatz (amtlich)
1. Sinkt die Beschwer des Rechtsmittelklägers infolge des Abschlusses eines Teilvergleichs im Berufungsverfahren auf einen an sich nicht rechtsmittelfähigen Wert ab, so wird die Berufung dadurch nicht unzulässig.
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine tarifliche Regelung hinsichtlich der Zahlung von Sonn- und Feiertagszuschlägen im Zweifel auf den effektiven, übertariflichen Stundenlohn abstellt.
Unterscheiden die Tarifvertragsparteien im Rahmen der Regelung der Bemessungsgrundlage hinsichtlich anderweitiger tariflicher Leistungen zwischen dem Begriff des Tariflohns und dem des Stundenlohns, so ist die Zuschlagsregelung, die vom Stundenlohn ausgeht so auszulegen, dass insoweit der effektive Stundenlohn maßgeblich sein soll
Normenkette
ArbGG § 64 Abs. 2 b
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 27.01.2005; Aktenzeichen 25 Ca 19062/04) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. Januar 2005 – 25 Ca 19062/04 – wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten 1. Instanz tragen bei einem Streitwert von 8561,81 EUR die Beklagte zu 51 % und der Kläger zu 49 %; die Kosten 2. Instanz werden bei einem Streitwert von 2920,25 EUR der Beklagten zu 52 % und dem Kläger zu 48 % auferlegt.
III. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die tariflichen Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit auf der Basis des vereinbarten, übertariflichen Stundenlohns zu zahlen.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 7. Mai 1994 als Wachinspektor auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 6. Mai 1994 beschäftigt; gemäß § 20 des Arbeitsvertrags sollten die Regelungen der jeweils gültigen Lohn- und Manteltarifverträge bzw. der bestehenden Haustarifverträge und Betriebsvereinbarungen gelten. Nach einer zum 31. August 1999 erklärten Kündigung seitens der Beklagten einigten sich die Parteien über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 17. September 1999; danach war die Zahlung eines Stundenlohns von 12,58 DM (nunmehr 6,43 EUR) vorgesehen.
Nach Kündigung der Haustarifverträge zum 31. Dezember 1999 trat die Beklagte mit Wirkung zum 1. April 2004 dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. (BDWS) bei. Dieser hatte mit der Gewerkschaft Ver.di am 7. Juli 2003 mit Wirkung zum 1. August 2003 den Manteltarifvertrag und den Entgelttarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe Berlin abgeschlossen, die am 1. April 2004 für allgemeinverbindlich erklärt wurden.
Für die Zeit ab April 2004 entstand zwischen den Parteien Streit darüber, welchen Stundenlohn die Beklagte dem Kläger schuldet. Während der Kläger von einem Stundenlohn von 6,43 EUR nebst einer Objektzulage von 0,51 EUR ausging, stellte sich die Beklagte auf den Standpunkt, der dem Kläger zu zahlende Stundenlohn sei der tariflich vorgesehene Stundenlohn gemäß § 3 Ziffer 1.1 ETV in Höhe von 5,25 EUR.
Diesen Teil des Rechtsstreits haben die Parteien durch einen vor dem Berufungsgericht abgeschlossenen Teilvergleich unter der Prämisse beigelegt, dass zwischen ihnen seit dem Ergehen des erstinstanzlichen Urteils Einigkeit darüber besteht, dass der einzelvertraglich vereinbarte Stundenlohn des Klägers übertariflich 6,43 EUR beträgt.
Der Kläger macht weiter geltend, die Beklagte habe die ihm aus den tariflichen Regelungen zustehenden Zuschläge für die Sonn- und Feiertagsarbeit zu Unrecht auf der Basis des Tariflohns berechnet. Sie müsse vielmehr den vereinbarten Stundenlohn heranziehen. Die Beklagte schulde ihm daher für die Monate April bis Juni 2004 einen Differenzbetrag in Höhe von unstreitig 141,56 EUR netto.
Durch ein am 27. Januar 2005 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage auch im Umfang des noch interessierenden Teils – Zahlung der Sonn- und Feiertagszuschläge in Höhe von 141,56 EUR netto – stattgegeben. Dieser Anspruch ergibt sich nach Auffassung des Arbeitsgerichts aus der Besitzstandswahrungsklausel des § 2 Ziffer 3 MTV. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das der Beklagten am 11. März 2005 zugestellte Urteil richtet sich ihre beim Landesarbeitsgericht am 7. April 2005 eingegangene Berufung, die sie nach Verlängerung bis zum 31. Mai 2005 an diesem Tag begründet hat.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Regelung des § 14 MTV sei so auszulegen, dass danach die Zuschläge auf der Basis des tariflichen Stundenlohns zu zahlen seien. Etwas anderes lasse sich dem Wortlaut der Norm nicht entnehmen. Hätten die Tarifvertragsparteien eine Regelung im Sinne der Auslegung des Klägers treffen wollen, hätte dies einen entsprechenden Anklang in der Regelung finden müssen.
Die Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbei...