Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Änderungskündigung und Beschäftigungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1) Zu den Anforderungen an eine betriebsbedingte Änderungskündigung zum Zwecke der Entgeltkürzung

2) Eine nicht unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung steht einem Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum Abschluß des Kündigungsrechtsstreits nicht entgegen

 

Normenkette

KSchG § 2; BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Teilurteil vom 06.08.1998; Aktenzeichen 30 Ca 13592/98)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 6. August 1998 – 30 Ca 13592/98 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die 1944 geborene, alleinstehende Klägerin, die keinerlei Unterhaltsverpflichtungen anderen gegenüber zu erfüllen hat, trat am 6. August 1990 als Fleisch- und Wurstverkäuferin in die Dienste der … Durch rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang ging ihr Arbeitsverhältnis 1990 auf die … 1995 auf die … im Februar 1996 auf die … und im Januar 1997 auf den Beklagten über. Das monatliche Bruttogehalt der Klägerin beträgt derzeit 3.400,– DM. Seit Januar 1998 war die Klägerin wiederholt arbeitsunfähig krank (Bl. 66 d.A.). Seit dem 13. Juli 1998 ist sie weiterhin arbeitsunfähig krankgeschrieben, und zwar mindestens bis zum 22. Dezember 1998.

Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 27. April 1998 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Entfernung eines Abmahnungsschreibens des Beklagten vom 18. April 1998 aus ihren Personalakten verlangt und mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 25. Mai 1998 sich unter anderem gegen die vom Beklagten am 14. Mai 1998 ausgesprochene Änderungskündigung zum 1. September 1998 gewandt, die ihr am 18. Mai 1998 zugegangen ist. In dem genannten Schreiben des späteren Prozeßbevollmächtigten des Beklagten heißt es unter anderem:

„…

Änderungskündigung

Sehr geehrte Frau …

gemäß beiliegender Vollmacht zeige ich an, daß ich Herr … anwaltlich vertrete.

Namens und in Vollmacht meines Mandanten kündige ich das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich zum 01.09.1998.

Gleichzeitig bietet mein Mandant Ihnen den Abschluß eines neuen Arbeitsverhältnisses zu geänderten Konditionen an.

Diese geänderten Konditionen sehen wie folgt aus.

Sie arbeiten lediglich ab dem 01.09.1998 20 Stunden die Woche bei einem Bruttogehalt von 1.837,60 DM, mithin bei einem Stundenlohn von 22,97 DM.

Der hohe Umsatzrückgang verbunden mit den Minusdifferenzen in den wöchentlichen Inventuren, die eine beträchtliche Höhe erreicht haben, zwingen meinen Mandanten, um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu sichern, zu Einsparungen im Personalbereich.

Nach den meinem Mandanten vorliegenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen ist insbesondere der buchhalterisch isoliert geführte Bereich Fleisch- und Wursttheke finanziell zu den bisherigen Konditionen nicht mehr tragbar.

Beiliegend erhalten Sie eine Aufstellung der Inventuren für die Wochen 12 bis 17 im Jahre 1998. Aus diesen Inventuren, die sich ausschließlich auf den, wie bereits vorgetragenen, isoliert buchhalterisch geführten Teilbereich Fleisch- und Wursttheke beziehen, können Sie ersehen, daß in der Woche 12/98 ein Endergebnis von + 826,93 DM erzielt wurde.

In den darauffolgenden Wochen erwirtschaftete die Fleisch- und Wurstabteilung Verluste in Höhe von 6.116,57 DM, 1.070,07 DM, 1.569,97 DM, 493,43 DM und 2.551,02 DM.

Mein Mandant bemühte sich bereits mit den ausschließlich für die Fleisch- und Wursttheke tätigen Mitarbeitern, nämlich Herrn … Frau … und mit Ihnen unter Offenlegung der hier gegebenen Problematik eine Lösungsmöglichkeit zu finden.

Ein entsprechender Konsens konnte nicht gefunden werden; Sie schlugen vor daß Frau … entalssen werden solle.

Dies konnte von meinem Mandanten nicht erfüllt werden, da Frau … nur 30 Stunden pro Woche arbeitet, außerordentlich flexibel einzusetzen ist, einen Arbeitsvertrag über eine 6-Tage-Woche hat und, den gesetzlichen Grundurlaub in Anspruch nimmt, Frau … außerordentlich engagiert ist was sich zum Beispiel daran bemessen läßt, daß Frau … seit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses keinerlei Fehlzeiten hatte.

Darüber hinaus ist Frau … eine sehr umgängige und kollegiale Mitarbeiterin, die immer freundlich gegenüber den Kunden auftritt und keinerlei Anlaß zu Beschwerden bislang bot.

Nicht zuletzt ist auch bei der Mitarbeiterin Frau … zu beachten, daß Frau … bei einer 30-Stunden-Woche ein Bruttogehalt von 1.800,00 DM hat.

Darüber hinaus ist Frau … eine sogenannte Anlernkraft, die nicht ohne weiteres gekündigt werden kann.

Wie Sie wissen, arbeiten in der Fleisch- und Wursttheke drei Arbeitskräfte.

Die drei Arbeitskräfte addiert arbeiten 107 Arbeitsstunden bei einer Öffnungszeit von 68 Stunden.

Es ergibt sich somit ein Stundenüberhang für die Fleisch- und Wurstabteilung von 39 Stunden pro Woche.

Herr … als gelernter Fleischer wird dringend für die Fleisch- … und Wurstabteilung als Fleischer für einen verarbeitenden Betrieb wie den meines Mandanten benötigt, da dies Pflicht ist.

Herr … wird Volltags für die Herstellung von ...

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