Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhältnis der tariflichen Kündigungsfrist des MTV-Arbeiter der Metall- und Elektroindustrie in Berlin-Brandenburg. Tarifgebiet II zu § 622 Abs. 2 BGB i.d.F. des Kündigungsfristengesetzes vom 07.10.1993
Leitsatz (amtlich)
Ziffer 11 des MTV-Arbeiter der Metall- und Elektroindustrie in Berlin-Brandenburg, Tarifgebiet II enthält keine eigenständige tarifliche Kündigungsfristenregelung, sondern nur einen deklaratorischen Hinweis auf die gesetzlichen Regelungen. Die tarifliche Regelung wird deshalb durch die gesetzliche Neuregelung des § 622 Abs. 2 BGB n.F. abgelöst.
Normenkette
BGB § 622 Abs. 2; AGB/DDR § 55; MTV-Arbeiter der Metall- und Elektroindustrie in Berlin-Brandenburg, Tarifgebiet II § 11
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 04.11.1994; Aktenzeichen 69 Ca 10891/94) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 04. November 1994 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 69 Ca 10891/94 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Annahmeverzugsansprüche der Klägerin und in diesem Zusammenhang über die anzuwendende Kündigungsfrist.
Die am 08.10.1958 geborene Klägerin war seit August 1985 als Arbeiterin bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger mit einer durchschnittlichen monatlichen Vergütung von zuletzt 2.085,00 DM brutto beschäftigt.
Die Beklagte führt einen im Ostteil Berlins gelegenen Betrieb der Metall- und Elektroindustrie; sie ist Mitglied des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. Die Klägerin ist Mitglied der Industriegewerkschaft Metall.
Mit Schreiben vom 28.03.1994 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin ordentlich aus dringenden betrieblichen Gründen zum 30.04.1994. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens hatte sich die Klägerin zunächst gegen diese Kündigung gewehrt, dann aber mit der Beklagten einen Teilvergleich geschlossen, in dem es zu Ziff. 1. heißt:
Das Arbeitsverhältnis endet aufgrund ordentlicher Kündigung der Beklagten aus dringenden betrieblichen Gründen nicht vor dem 30.04.1994, jedoch spätestens zum 30.06.1994, wobei die Parteien übereinstimmen, daß die Kündigungsfrist weiterhin streitig bleibt und durch diesen Vergleich nicht berührt wird.
Danach hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Arbeitsentgelt aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für die Zeit vom 01.05.1994 bis 30.06.1994 in Anspruch genommen.
Am 10.03.1991 kam es zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. (VME) und der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) zum Abschluß eines Manteltarifvertrages für die Arbeiter der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Tarifgebiet II und eines Manteltarifvertrages für die Angestellten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Tarifgebiet II.
Die Kündigungsfristen sind im Manteltarifvertrag für die Arbeiter wie folgt geregelt:
„11.1 Kündigungsfristen
11.1.1 Das Arbeitsverhältnis kann beiderseits gelöst werden:
11.1.1.1 Die Kündigungsfrist beträgt mindestens zwei Wochen (entspricht den für das Tarifgebiet II geltenden gesetzlichen Regelungen).
11.1.1.2 Hat der Arbeitsvertrag in demselben Betrieb oder Unternehmen 5 Jahre bestanden, erhöht sich für die Kündigung durch den Arbeitgeber die Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende, hat er 10 Jahre bestanden, erhöht sich die Kündigungsfrist auf zwei Monate zum Monatsende, hat er 20 Jahre bestanden, erhöht sich die Kündigungsfrist auf drei Monate zum Ende des Kalendervierteljahres; bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Beschäftigten liegen, nicht berücksichtigt (entspricht den für das Tarifgebiet II geltenden gesetzlichen Regelungen).
11.1.1.3 Für die Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Beschäftigten darf arbeitsvertraglich keine längere Frist vereinbart werden, als für die Kündigung durch den Arbeitgeber (entspricht den für das Tarifgebiet II geltenden gesetzlichen Regelungen).
11.1.1.4 Wird für Berlin und Brandenburg, Tarifgebiet I (ehemals Berlin-West), eine Neuregelung der Kündigungsfristen vereinbart, so gilt diese Regelung auch im Tarifgebiet II.
11.1.2 Verhandlungsverpflichtung aus Ziff. 17 des Verhandlungsergebnisses vom 10.03.1991.
11.1.3 Im übrigen gelten die längeren gesetzlichen Kündigungsfristen (§ 622 Abs. 2 Satz 2 BGB). …”
Der Manteltarifvertrag für die Angestellten enthält in den Ziffern 9.8.1 bis 9.8.4 wörtlich identische Regelungen mit den Ziffern 11.1.1.1 bis 11.1.1.4 des Manteltarifvertrages für die Arbeiter. Außerdem sind folgende Regelungen enthalten:
„9.4 z.Z. unbesetzt Nach Außerkrafttreten der gesetzlichen Regelungen im Tarifgebiet II gilt folgende Bestimmung:
9.4 Bei einer Beschäftigung zur vorübergehenden Aushilfe ist die Vereinbarung einer Verkürzung der Kündigungsfrist unter einem Monat nur für die Dauer der ersten drei Monate des Anstellungsverhältnisses zulässig. … 17 Inkrafttreten und Geltungsdauer … Die Bestimmung...