Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung wegen beabsichtigter Betriebsstillegung. Anforderung an die Darlegungen des Arbeitgebers bei Kündigungen, die das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt vor der beabsichtigten Stillegung beenden sollen
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Teilurteil vom 23.12.1998; Aktenzeichen 88 Ca 24356/98) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. Dezember 1998 – 88 Ca 24356/98 – geändert:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreites im Umfang des Teil-Urteils werden dem Kläger auferlegt.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen des in die Berufungsinstanz gelangten Teilurteils um die Rechtswirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung vom 3. August 1998 (Bl. 7 d.A.), die gegenüber dem seit 1993 als Polier beschäftigten Kläger mit der Begründung „vollständige Betriebsstillegung” zum 30. September 1998 ausgesprochen worden ist.
Die Beklagte, ein Bauunternehmen, hat – ausweislich eines Protokolles über die Sitzung der Geschäftsführung – am 5. Juni 1998 einen Beschluß gefaßt, der unter anderem vorsieht, daß das operative Geschäft spätestens zum 31. Dezember 1998 vollständig und endgültig eingestellt werde, daß die werbende Tätigkeit des Unternehmens ab diesem Zeitpunkt eingestellt werde und daß der Stellenplan unverzüglich in Stufen zu reduzieren sei und sämtlichen Mitarbeitern zum jeweils frühest möglichen tariflichen oder individualrechtlichen Zeitpunkt betriebsbedingt ordentlich gekündigt werden solle. Dem Beschluß vorangegangen waren Verhandlungen in einer bei der Beklagten gebildeten Einigungsstelle über den Abschluß eines Interessenausgleichs, die am gleichen Tage für gescheitert erklärt worden sind.
Die Beklagte hörte mit Schreiben vom 24. Juni 1998 (Bl. 25,26 d.A.) den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu einer ordentlichen Kündigung des Klägers an; dieser widersprach mit Schreiben vom 24. Juni 1998 (Bl. 27 ff. d.A.).
Mit Bescheid vom 13. Juli 1998 (Bl. 30 ff. d.A.) genehmigte das Arbeitsamt Massenentlassungen mit Ablauf der Sperrfrist am 23. Juli 1998.
Mit seiner bei Gericht am 10. August 1998 eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die streitgegenständliche Kündigung, die er aus verschiedenen Gründen für rechtsunwirksam hält:
Er hat zunächst die Auffassung vertreten, ein wirksamer Beschluß zur Einstellung des operativen Geschäftes liege nicht vor; hierzu sei ein Beschluß der Gesellschafter und nicht der Geschäftsführung notwendig gewesen. Der Kläger hat weiter maßgeblich darauf abgestellt, daß die Beklagte zusammen mit anderen Firmen des „…-Konzerns” einen gemeinsamen Betrieb bilde. Dementsprechend sei die alleine auf den Betrieb der Beklagten bezogene Stillegung nicht geeignet, die Kündigung zu rechtfertigen; aus dem Umstand eines gemeinsamen Betriebes ergebe sich auch, daß die Sozialauswahl fehlerhaft gewesen sei, da sie sich lediglich auf diejenigen Arbeitnehmer erstreckt habe, die der Beklagten zugeordnet gewesen seien und die Arbeitnehmer des Gesamtbetriebes außer acht lasse. Auch die Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten habe entsprechend geprüft werden müssen; die Betriebsratsanhörung sei ebenfalls fehlerhaft, weil sie sich nur auf den Betrieb der Beklagten beziehe. Zum einheitlichen Betrieb hat er im wesentlichen vorgetragen, die Beklagte bilde zusammen mit der ehemals selbständigen Firma K., mit der Firma S. sowie der Firma A. einen gemeinsamen Betrieb. Die Beklagte sei im Kanal-, Tief- und Verkehrsbau tätig, die Firma K. im Bereich Wasserbau, Abbruch, Kampfmittelräumung und Spezialtiefbau. Beide Firmen seien bis Sommer 1998 einheitlich in Werbebroschüren aufgetreten, sie seien auch bei der Ausführung von Aufträgen arbeitsteilig vorgegangen. Die Beklagte bilde auch weiterhin mit der Firma S. mit der die Firma K. mittlerweile verschmolzen sei, einen gemeinsamen Betrieb, Auch diese habe ihren Sitz auf dem gleichen Betriebsgelände wie die Beklagte; darüber hinaus gebe es weitere personelle Verflechtungen. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen klägerischen Vortrages wird auf dessen Schriftsätze vom 14. Oktober 1998, Seite 6 ff. (Bl. 52 ff. d.A.) und vom 15. Dezember 1998, Seite 4 ff. (Bl. 103 ff. d.A.) Bezug genommen. Ausgehend von der Annahme eines gemeinsamen Betriebes hat der Kläger auch die durchgeführte Sozialauswahl vom Kreis der einzubeziehenden Arbeitnehmer her für fehlerhaft gehalten; er hat im Hinblick auf Gleichbehandlung mit anderen Arbeitnehmern eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei den genannten Firmen gesehen und hat die Betriebsratsanhörung als fehlerhaft angenommen.
Der Kläger hat – im Rahmen des Teilurteils – beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 3. August 1998 nicht aufgelöst wurde;
- die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arb...