Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit des BAT-O auf ein im Beitrittsgebiet begründetes Arbeitsverhältnis nach Einsatz des Arbeitnehmers im Anwendungsbereich des BAT, Anpassung des Arbeitsvertrages und anschließendem erneutem Einsatz im Beitrittsgebiet

 

Leitsatz (amtlich)

Aus dem bloßem Abschluß eines die Anwendbarkeit des BAT beinhaltenden Arbeitsvertrags nach dem „Posturteil” des BAG vom 30.07.1992, 6 AZR 11/92 ist nicht abzuleiten, daß der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes abweichend vom Prinzip des Tarifvollzuges die Zusage einer übertariflichen Vergütung (BAT statt BAT-O) machen wollte.

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 30.01.1997; Aktenzeichen 22 Ca 42324/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.02.1999; Aktenzeichen 6 AZR 494/97)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 22 Ca 42324/96 – vom 30. Januar 1997 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des BAT auf ihr Arbeitsverhältnis.

Die Klägerin war seit dem 16. Juli 1990 als Sekretärin beim VE Kombinat Berliner Verkehrsbetriebe im Ostteil der Stadt beschäftigt (Arbeitsvertrag vom 06.07.1990, Bl. 4/5 d. A.). Am 30.12.1991 unterzeichnete die Beklagte einen Arbeitsvertrag mit den BVB, nach dessen Inhalt sie ab dem 01.01.1991 als Vollzeitbeschäftigte auf unbestimmte Zeit weiterbeschäftigt wurde. Gleichzeitig enthielt der Vertrag eine Regelung über die Anwendbarkeit des BAT-O einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge (Bl. 37 d. A.). Nachdem die Klägerin ab dem 01. Juli 1991 als Angestellte im Schreibdienst tätig gewesen war, wurde ihr mit Wirkung zum 01.01.1992 das Arbeitsgebiet einer Verwaltungsangestellten übertragen. Seit dem 01.02.1992 war sie im Westteil der Stadt beschäftigt. Seit diesem Zeitpunkt wurde ihr Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des BAT behandelt. Am 29. Dezember 1992 unterzeichnete die Klägerin einen Arbeitsvertrag, in dem es u.a. heißt:

„Die von der Angestellten auszuübende Tätigkeit ist eine dauerhafte bzw. auf nicht absehbare Zeit bestehende Beschäftigung im Westteil Berlins.

Auf das Arbeitsverhältnis ist das im Westteil Berlins gültige Tarifrecht anzuwenden.

Mit Wirkung vom 01. Januar 1992 sind für das Arbeitsverhältnis maßgebend:

  1. der Bundes-Angestelltentarifvertrag (Bund, Länder, Gemeinden) – BAT – unter Berücksichtigung der jeweils in Frage kommenden Sondenregelungen mit allen künftigen Änderungen und Ergänzungen,
  2. die mit dem Land Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeitsbedingungen der Angestellten, insbesondere die Vergütungstarifverträge,
  3. die jeweils für den Betrieb gültigen Dienstvorschriften.

    Die/der Angestellte ist bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), Hans-Thoma-Str. 19, 7500 Karlsruhe, versicherungspflichtig. Es gilt der Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV) in seiner jeweiligen Fassung sowie an die Stelle dieses Tarifvertrages tretenden Bestimmungen.”

(Im übrigen wird auf Bl. 12/13 d. A. verwiesen).

Seit dem 01.01.1995 ist die Klägerin wieder im Ostteil der Stadt tätig. Auf ihre Bewerbung wurde sie zum 01.08.1995 als Sachbearbeiterin zum Omnibusbetriebshof Indira-Ghandi-Straße (ebenfalls im Ostteil Berlins gelegen) versetzt, wobei ihr die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin der Vergütungsgruppe V c übertragen wurde (Bl. 17 d. A.). Unter dem 22. Juli 1996 teilte die Beklagte der Klägerin u.a. mit:

„…

mit großem Bedauern haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, daß das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Politik einer schnellen Angleichung der Lebensverhältnisse in der Stadt Berlin durch eine nicht nachvollziehbare Rechtsprechung relativiert.

So hat das BAG in mehreren Urteilen entschieden, daß den auf Dauer im Westteil eingesetzten Mitarbeiterin des Tarifgebietes Ost nach ihrer Rückkehr in den Ostteil, abweichend von unserer Rechtsauffassung, nur noch Leistungen nach „Ost-Tarifrecht” zustehen.

Dabei ist für die Bestimmung des räumlichen Geltungsbereiches nicht auf den Sitz der Dienststelle, deren Zuständigkeit oder Aufgaben, sondern allein auf die Lage des Arbeitsplatzes abzustellen. Beginn und beendet ein Arbeitnehmer seine tägliche Arbeit im Beitrittsgebiet und arbeitet er dort mindestens während der Hälfte der Arbeitszeit, so gilt sein Arbeitsverhältnis als im Beitrittsgebiet begründet. Somit ist bei allen Arbeitnehmern, die nach ihrer Umsetzung in den Westteil nach „West-Tarifrecht” behandelt wurden, und dann unter Fortzahlung der „Westbezüge” z.B. durch Versetzung, Umsetzung, Arbeitsplatzverlegung usw. in den Tarifbereich Ost zurückgekehrt sind, ab sofort die Weiterzahlung der Westbezüge nicht mehr gerechtfertigt. Von einer Rückforderung der bis zum 3...

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