Revision zugelassen

rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

PDS. Unabhängige Kommission. Sozialplan

 

Leitsatz (amtlich)

1. Als „Vermögensveränderungen” im Sinne von § 20 b Abs. 1 PartG-DDR sind nur Verfügungs- und nicht Verpflichtungsgeschäfte anzusehen.

2. Dementsprechend bedarf der Abschluß eines Sozialplanes im Gegensatz zur Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten nicht der Zustimmung des Vorsitzenden der unabhängigen Kommission.

 

Normenkette

PartG-DDR § 20b Abs. 1; EinigVtr. Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 08.07.1991; Aktenzeichen 83 A Ca 13232/91)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. Juli 1991 – 83 A Ca 13232/91 – wird zurückgewiesen

II. Die erweiterte Klage gegen die Beklagte zu 2) wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger fordert von der Beklagten zu 1) und darüber hinaus auch von der Beklagten zu 2) der Höhe nach unstreitige Leistungen aus einem Sozialplan, den die Beklagte unter dem 27.11.1990 mit der Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) ihres Parteivorstandes abgeschlossen hat. Dem Streit über die Berechtigung dieses Anspruches liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war bei der Beklagten unter deren früheren Namen Sozialistische Einheitspartei Deutschlands seit dem 01.09.1980 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR beim Parteivorstand beschäftigt. Im Zuge der politischen Veränderungen in der ehemaligen DDR und des Beitritts der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland sah die Beklagte sich veranlaßt, einen großen Teil der von ihr beschäftigten Mitarbeiter zu entlassen, und schloß deshalb sowohl unter dem 11.07.1990 als auch unter dem 27.11.1990 Sozialpläne ab. Auf den Inhalt des unter dem 27.11.1990 abgeschlossenen Sozialplanes wird Bezug genommen (vgl. Bl. 5 bis 8 d. A.).

Mit einem Schreiben vom 30.11.1990 hat die Beklagte zu 2) die gemäß § 20 a des Parteiengesetzes der ehemaligen DDR (ParteiG) gebildete unabhängige Kommission darum gebeten, die Begleichung der aus dem Sozialplan von 27.11.1990 folgenden Abfindungsansprüche in voller Höhe zu genehmigen. Die unabhängige Kommission leitete den Antrag der Beklagten zu 1) an die Beklagte zu 2) mit einem Begleitschreiben vom 13.12.1990 weiter und teilte dazu mit, gegen die Realisierung des Sozialplanes bestünden unter Berücksichtigung der Arbeitsrechtsvorschriften keine Bedenken; gleichzeitig äußerte die unabhängige Kommission die Erwartung, daß die Abwicklung des Sozialplanes bis zum 31.12.1990 durchgeführt sein werde. Mit einem an die Beklagte zu 1) gerichteten Schreiben vom 14.12.1990 erklärte die Beklagte zu 2) ihr Einverständnis mit der Durchführung des Sozialplanes unter der Voraussetzung, daß keine über 20.000,– DM hinausgehenden Abfindungen ausgezahlt würden. Daraufhin zahlte die Beklagte zu 1) an die bereits entlassenen Arbeitnehmer aufgrund des Sozialplanes vom 27.11.1990 Abfindungen bis zur genehmigten Höhe von 20.000,– DM aus.

An 31.01.1991 kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Wirkung zum 31.03.1991.

In ihrer Sitzung vom 05.02.1991 beschloß die unabhängige Kommission, die Auszahlung von Abfindungen an entlassene Mitarbeiter der Beklagten zu 1) bis zur Festlegung neuer und wirtschaftlich gerechtfertigter Sozialplanregelungen zu stoppen und bat die Beklagte zu 2), entsprechende Schritte gegen die Beklagte zu 1) einzuleiten. Daraufhin teilte die Beklagte zu 2) der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 08.02.1991 mit, die unabhängige Kommission habe die Erklärung ihres Einverständnisses zur Auszahlung von Geldern entsprechend dem Sozialplan vom 27.11.1990 zurückgezogen. Gleichzeitig erklärte die Beklagte zu 2), sie könne die weitere Auszahlung von Sozialplangeldern nicht genehmigen, und bat die Beklagte zu 1), von weiteren Auszahlungen abzusehen.

Die Beklagten zu 1) und 2) streiten vor dem Verwaltungsgericht Berlin über die Rechtmäßigkeit der Verfügung der Beklagten zu 2) vom 08.02.1991. Ein im Rahmen dieses Streites von der Beklagten zu 1) gestellter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehung der Verfügung vom 08.02.1991 ist in zwei Instanzen erfolglos geblieben. Über die Anfechtungsklage der Beklagten zu 1) ist noch nicht entschieden worden.

Unter dem 13.03.1991 erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger über seinen Abfindungsanspruch eine „Bescheinigung”, auf deren Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird (vgl. Bl. 4 d. A.). Im Hinblick auf die Verfügung der Beklagten zu 2) vom 08.02.1991 leistete die Beklagte zu 1) an den Kläger keine Zahlungen.

Durch ein Urteil vom 08.07.1991 hat das Arbeitsgericht Berlin der gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Zahlungsklage des Klägers in vollem Umfang stattgegeben. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses der Beklagten zu 1) am 22.08.1991 zugestellte Urteil hat sie mit einem am 20.09.1991 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt un...

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