Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristsetzung zur Annahme des Änderungsangebots in Änderungskündigung von zwei Wochen ist keine unzulässige Verkürzung der Überlegungsfrist
Leitsatz (redaktionell)
Der in § 2 S. 2 oder § 4 KSchG zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke, nach einer für den Regelfall angemessenen Überlegungsfrist mit Ablauf von drei Wochen Rechtssicherheit zu schaffen, steht einer Fristsetzung von zwei Wochen zur Annahme eines Änderungsangebotes nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber ein Planungsinteresse hat.
Normenkette
KSchG §§ 1-2; BGB § 148
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 16.09.2004; Aktenzeichen 38 Ca 12522/04) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. September 2004 – 38 Ca 12522/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung.
Die am … 1968 geborene, verheiratete und einem Kind unterhaltsverpflichtete Klägerin ist nach näherer Maßgabe des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 6. Dezember 1995 seit 1. Dezember 1995 als Mitarbeiterin im Bereich Controlling gegen ein Arbeitsentgelt von zuletzt 4.416,– EUR brutto monatlich bei der Beklagten tätig, die den privaten Nachrichtensender n. mit mehr als 100 Arbeitnehmern betreibt.
Gemäß dem Beschluss der Beklagten von März 2004, den Sendebetrieb ab 1. September 2004 von K. aus zu betreiben und den Betrieb in Berlin teilweise zu schließen und nach K. zu verlegen, mit Ausnahme der Politredaktion, der Magazin- und Reiseredaktion, der Zuschauerredaktion sowie einzelner Arbeitsplätze, wurde auch die Abteilung Controlling zum 31. August 2004 nach K. verlagert. Mit Schreiben vom 5., der Klägerin zugegangen am 6. Mai 2004, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31. August 2004 und bot ihr gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu ansonsten unveränderten Bedingungen in K. am neuen Standort an. Weiter heißt es in dem Kündigungsschreiben:
„Wir würden uns freuen, wenn Sie weiterhin für n. tätig sein wollen und uns zum Zeichen Ihres Einverständnisses unten stehende Einverständniserklärung bis zum Ablauf von zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens unterzeichnet zurückgeben. Sofern Sie Ihre Zustimmung nicht erteilen, endet das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist. …”
Die Klägerin nahm das Angebot der Beklagten nicht, auch nicht unter Vorbehalt, an.
Zuvor hatte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Mai 2004 den Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Änderungskündigung der Klägerin wegen Wegfalls ihres Arbeitsplatzes in Berlin angehört, der mit Schreiben vom 15. April 2004 Bedenken wegen der familiären Situation der Klägerin geäußert hat.
Am 10. Mai 2004 wurde zwischen den Betriebsparteien dann ein Sozialplan abgeschlossen und vom Betriebsrat noch am selben Tage im Intranet veröffentlicht, der in § 2 zur Zumutbarkeit von Änderungsvereinbarungen unter anderem zu Ziffer 3 vorsah, dass diejenigen Arbeitnehmer, denen n. einen Arbeitsplatz in K. anbietet, eine Änderungskündigung erhalten verbunden mit dem Angebot, ihr Arbeitsverhältnis in K. fortzusetzen. Der Arbeitnehmer hat nach Zugang des Angebots zwei Wochen Zeit, seine Entscheidung zu treffen. In § 3 wurden Umzugsleistungen geregelt.
Nachdem die Klägerin mit der am 19. Mai 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage zunächst einen Änderungsschutzantrag gestellt hatte, hat sie diesen dann auf einen Kündigungsschutzantrag umgestellt. Sie hält die ausgesprochene Kündigung für rechtsunwirksam, weil die Beklagte die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist nicht eingehalten habe und das ultima ratio-Prinzip nicht beachtet habe, indem sie ihr zwar die Weiterbeschäftigung am Standort K. angeboten, für die Annahme des Änderungsangebots aber lediglich entgegen der gesetzlichen Regelung in § 2 Satz 2 KSchG eine Frist von nur zwei Wochen bestimmt habe. Die Kündigungserklärung sei willkürlich verfrüht erfolgt und habe ihr verwehrt, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Änderungsangebots (Sozialplanleistungen) in ihre Entscheidungsfindung einzubeziehen.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 5. Mai 2004 aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt, da der Arbeitsplatz der Klägerin in Berlin weggefallen sei und sie eine Weiterbeschäftigung in K. abgelehnt habe. Die Kündigung sei mit der zutreffenden Frist ausgesprochen worden, ohne dass die der Klägerin ausdrücklich eingeräumte Überlegungsfrist etwa zu kurz bemessen sei und deshalb zu ihrer Unwirksamkeit führe. Auch später habe die Klägerin, die tatsächlich aus familiären Gründen an einer Weiterbeschäftigung in K. nicht interessiert sei, das Änderungsangebot nicht angenommen...