Entscheidungsstichwort (Thema)
freiwillige Abfindung nach Betriebszugehörigkeit. Ausnahme von Ruhenszeiten. Gleichbehandlung
Leitsatz (amtlich)
1. Zahlt ein Arbeitgeber anlässlich der Standortverlagerung seines Betriebes freiwillige Abfindungen an gekündigte Arbeitnehmer, ist der Gleichbehandlungsgrundsatz anwendbar.
2. Es verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn er die Berechnung der Abfindung nach den Zeiten der tatsächlichen Arbeitsleistung vornimmt und von der Beschäftigungszeit die Zeiten ausnimmt, in denen das Arbeitsverhältnis geruht hat.
Normenkette
BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 01.10.2002; Aktenzeichen 40 Ca 2477/02) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 1. Oktober 2002 – 40 Ca 2477/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer vom Arbeitgeber zugesagten freiwilligen Abfindung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin war vom 1. März 1989 bis zum 30. September 2001 bei dem Beklagten als Sekretärin der Geschäftsleitung zu einem Verdienst von zuletzt 5.274,– DM beschäftigt. Die Parteien gehen dabei von einer Betriebszugehörigkeit von 140 Monaten aus. Hiervon hatte die Klägerin 109 Monate Erziehungsurlaub.
Wegen der Verlagerung seines Standortes von Bonn nach Berlin, die auch Grund für die betriebsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin war, erließ der Beklagte, bei dem kein Betriebsrat besteht, „Regelungen aus Anlass der Standortverlegung des VdC nach Berlin”, die u.a. vorsahen, dass betriebsbedingt gekündigte Mitarbeiter eine Abfindung erhalten, die nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter und dem letzten Bruttomonatsgehalt zu berechnen ist, wobei von den Betriebszugehörigkeitszeiten die Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis geruht hat, abzuziehen sind (Bl. 10-13 d.A.).
Der Beklagte zahlte an die Klägerin eine Abfindung in Höhe von 11.874,– DM = 6.071,08 EUR unter Berücksichtigung von 31 Monaten Betriebszugehörigkeit.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin den Differenzbetrag zu der Abfindung, der sich aus dem gesamten Zeitraum ihrer Betriebszugehörigkeit ergeben würde, in unstreitiger Höhe. Sie hat sich dafür im Wesentlichen auf den Gleichbehandlungsgrundsatz, der auch auf freiwillige Abfindungen aus einer Gesamtzusage Anwendung finden müsse, berufen. Da für die Sozialplanabfindungen auch auf Betriebszugehörigkeitszeiten abgestellt werden könne und ihre Betriebszugehörigkeit auch während des Erziehungsurlaubs weiter bestanden habe, sei die Nichtberücksichtigung von Erziehungsurlaubszeiten wie bei Sozialplanleistungen unbillig.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 21.347,– EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2001 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und eingewandt, dass sich bei einem freiwilligen Abfindungsversprechen ein Vergleich mit einer Sozialplanabfindung und den sich aus §§ 9, 10 KSchG geltenden Grundsätzen verbiete. Weil die zugesagte Abfindung in erster Linie eine Entschädigung für die geleistete Betriebstreue in der Vergangenheit darstelle, seien Zeiten des Ruhens ein sachliches Kriterium für die Ungleichbehandlung.
Von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Durch Urteil vom 1. Oktober 2002 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass bei der vorliegenden Gesamtzusage zwar der Gleichbehandlungsgrundsatz Anwendung finde, die „Regelungen aus Anlass der Standortverlegung” aber an den für das Vertragsrecht geltenden Maßstäben und nicht an den Normen des Betriebsverfassungsrechts zu messen seien. Der Normzweck von Sozialplanabfindungen sei ein anderer als der einer Gesamtzusage. Es sei mit den Wertungen des Vertragsrechts in Einklang zu bringen, wenn die Abfindung nur Zeiten berücksichtige, in denen Arbeitsleistungen erbracht wurden. Die Prämierung der Erbringung von Arbeitsleistungen sei ein sachliches Differenzierungskriterium. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 52, 53 d.A.) verwiesen.
Gegen das ihr am 5. Dezember 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, dem 6. Januar 2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und mit einem am 20. Januar 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Klägerin.
Die Klägerin beruft sich weiterhin auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und macht geltend, dass es gleichgültig sei, ob der Anspruch auf die Abfindung auf einem Sozialplan oder auf einer Gesamtzusage beruht. Beide eine derselbe Zweck, nämlich eine Abmilderung der wirtschaftlichen Nachteile, die aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung entstehen. Dafür seien die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt entscheidend, die nicht davon abhängen, ob das Arbeitsverhältnis geruht hat oder nicht (so das BAG in seiner Entscheidung...