Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplanabfindung in Abhängigkeit von der Dauer der Betriebszugehörigkeit. (Nicht-)Berücksichtigung von Ruhezeiten des Arbeitsverhältnisses. Unterbrechung der Betriebszugehörigkeit
Leitsatz (amtlich)
Wird im Sozialplan die Höhe der Abfindung bei Entlassungen (nahezu) ausschließlich durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit (in Verbindung mit dem Monatsverdienst) bestimmt, so ist es unbillig, Ruhenszeiten des Arbeitsverhältnisses von der Berücksichtigung für die Dauer der Betriebszugehörigkeit auszunehmen. Damit wird entscheidend der zu beachtende Normzweck des § 112 Abs. 1, 5 BetrVG verfehlt, wonach Sozialplanabfindungen als Überbrückungshilfe bis zu einem neuen Arbeitsverhältnis (oder bis zum Bezug von Altersruhegeld) dienen sollen.
Normenkette
BetrVG § 112
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.08.1996; Aktenzeichen 12 Ca 356/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichtes in Frankfurt am Main vom 06. August 1996 – 12 Ca 356/96 – teilweise, unter Zurückweisung der Berufung im übrigen, abgeändert und wie folgt gefaßt.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.854,00 DM (i. W. Viertausendachthundertvierundfünfzig 00/100 Deutsche Mark) netto nebst 4 % Zinsen seit dem 15. November 1995 zu zahlen.
Die Beklagte hat 3/5, die Klägerin 2/5 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung eines weiteren Abfindungsbetrages aufgrund des sozialplanes vom 31. Mai 1995 (SP), der im Hinblick auf die Schließung des Betriebes Stuttgart von der Beklagten aufgestellt wurde.
Wegen des zugrundeliegenden sachverhaltes, des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat der auf Zahlung von 7.890,00 DM netto (nebst Zinsen) gerichteten Klage zum Teil, unter Klageabweisung im übrigen, stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 1.118,00 DM netto nebst 4 % Zinsen seit dem 15. November 1995 verurteilt.
Gegen dieses urteil, auf dessen Sachverhalt zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie die Zahlung weiterer 6.072,00 DM weiterverfolgt. – wegen der für die zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf die Feststellungen zur Sitzungsniederschrift der erkennenden Kammer des Hessisches Landesarbeitsgerichts vom 27. Januar 1998 verwiesen.
Die Klägerin hält daran fest, für die ihr zustehende Abfindung sei als Betriebszugehörigkeit im Betrieb Stuttgart auch die zeit ihres Erziehungsurlaubes vom 06. Dezember 1996 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses mit dem 30. November 1995 zugrundezulegen. Die Nichtberücksichtigung der zeit ihres Erziehungsurlaubes sei unzulässig, auch wenn der sozialplan dies so vorsehe. Hierin liege eine Diskriminierung der Frauen und Männer im Erziehungsurlaub. Die Abfindungshöhe an erbrachter Arbeitsleistung auszurichten, widerspreche ohnehin dem zweck einer Sozialplanabfindung. Auch ihre, der Klägerin, frühere Beschäftigung in Frankfurt sei als zeit der Betriebszugehörigkeit zu rechnen. Zwischen dem beendeten Arbeitsverhältnis in Frankfurt und dem neubegründeten im Betrieb Stuttgart bestehe ein enger sachlicher Zusammenhang. – Für das zweitinstanzliche vorbringen der Klägerin wird im übrigen auf ihre Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 19. Februar 1997 (nebst Anlagen) Bezug genommen.
Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das angegriffene urteil. Sie trägt vor, es sei nicht zu beanstanden, wenn die Betriebspartner im Rahmen ihres Ermessens bei Aufstellung eines Sozialplanes das Ruhen des Arbeitsverhältnisses während des Erziehungsurlaubes nicht als Betriebszugehörigkeit werteten. Hierfür sei ein sachlicher Differenzierungsgrund darin zu sehen, daß der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während des Erziehungsurlaubes keine verwertbare Arbeitsleistung erbracht habe. Im übrigen habe es auch keine von der Betriebsschließung in Stuttgart betroffene Arbeitnehmer gegeben, deren Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen als wegen Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub geruht hätten. – Ein enger sachlicher Zusammenhang der Beschäftigung der Klägerin im Betrieb Frankfurt mit ihrer Beschäftigung in Stuttgart liege nicht vor. Die Klägerin habe ihr Arbeitsverhältnis in Frankfurt selbst zu einem Zeitpunkt gekündigt, als noch nicht festgestanden habe, ob sie eine neue Stelle in Stuttgart erhalten werde. – Für das vorbringen der Beklagten im Berufungsrechtszug wird im übrigen auf ihre Schriftsätze vom 01. April 1997 und 23. Januar 1998 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zum Teil begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Abfindung nach dem Sozialplan vom 31. Mai 1995 (SP) unter Zugrundelegung ihrer gesamten Betriebszugehörigkeit im Betrieb Stuttgart (ab 01. Juni 1992), d. h. auch unter Einrechnung der zeit ihres Erziehungsurlaubes (ab 06. Dezember 1993 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses mit dem 30. November...