Entscheidungsstichwort (Thema)
Eignung. Politische Zuverlässigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ein mit der Wahl zum Bezirksamtsmitglied kraft Gesetzes beendetes Arbeitsverhältnis lebt nach Ablauf der Amtszeit nicht kraft Gesetzes automatisch wieder auf, sondern muß durch Arbeitsvertrag neu begründet werden.
2. Bei der Entscheidung über den Einstellungsantrag ist nicht der Maßstab für eine erstmalige Einstellung in den öffentlichen Dienst gemäß Art. 33 Abs. 2 GG anzulegen, sondern der Maßstab für eine personenbedingte Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 KSchG.
Normenkette
Bezirksamtsmitgliedergesetz § 3b
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 10.04.1997; Aktenzeichen 91 Ca 13106/96) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10.04.1997 – 91 Ca 13106/96 – im Kostenausspruch geändert.
Im übrigen werden Berufung und Anschlußberufung zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben mit Ausnahme der durch die Anrufung des Verwaltungsgerichts Berlin entstandenen Kosten, die vom Kläger allein zu tragen sind.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war früher im Polizeidienst der DDR tätig und wurde mit Wirkung zum 01. Oktober 1990 als Kriminalkommissar im Angestelltenverhältnis in den Polizeivollzugsdienst des Beklagten übernommen. Dort wurde er in der Direktion Verbrechensbekämpfung im Bereich Umwelt und Gewerbedelikte als Sachbearbeiter für Gewässerverunreinigung und Abfallbeseitigung mit VergGr Vb BAT eingesetzt. Aufgrund seiner Wahl zum Mitglied des Bezirksamts W. am 14. Oktober 1992 wurde der Kläger zum Beamten auf Zeit ernannt und zugleich aus seinem Arbeitsverhältnis entlassen.
Im Juli 1994 erschien ein Aufsatz des Klägers im PDS-Parteiblatt „W. transparent” (Ablichtung B. 42 und 43 d. A.), in dem er sich auf der Grundlage seiner Erfahrungen als Bezirksstadtrat für Gesundheit und Umweltschutz mit der Frage befaßte, welchen Sinn eine derartige „Teilhabe an der Macht” habe. Wegen dieses Beitrags wurde der Kläger am 12. Oktober 1994 von der Bezirksverordnetenversammlung W. als Bezirksstadtrat abgewählt Seine Amtsperiode als solche dauerte noch bis zum 30. September 1995.
Am 03. Mai 1995 beantragte der Kläger seine Wiedereinstellung in den Polizeivollzugsdienst, was der Beklagte mit Bescheid vom 31. Mai 1995 ablehnte.
Mit Beschluß vom 18. Juli 1996 hat das Arbeitsgericht Berlin den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Ein vom Kläger im Hinblick auf die ihm erteilte Rechtsbehelfsbelehrung vor dem Verwaltungsgericht Berlin anhängig gemachter Rechtsstreit ist daraufhin ans Arbeitsgericht Berlin verwiesen worden, wo sodann beide Verfahren miteinander verbunden worden sind.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen, soweit der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Weiterbeschäftigung begehrt hat, den Beklagten jedoch auf den Hilfsantrag verurteilt, den Kläger als Kriminalkommissar im Angestelltenverhältnis in den Polizeivollzugsdienst (Kriminalpolizei) wieder einzustellen und mit ihm einen Arbeitsvertrag zu den für ihn bis zum 14. Oktober 1992 geltenden vertraglichen Bedingungen abzuschließen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei nicht gehalten gewesen, seinen Wiedereinstellungsantrag bereits binnen eines Monats nach seiner vorzeitigen Abberufung als Bezirksstadtrat zu stellen, sondern habe dies gemäß § 3b des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Bezirksamtsmitglieder vom 12.07.1960 (BAMG) bis einen Monat nach Ende seiner Amtszeit tun können. Der Kläger könne allerdings nicht Weiterbeschäftigung in seinem früheren Arbeitsverhältnis verlangen, weil dieses kraft Gesetzes geendet habe. Der Kläger könne jedoch seine Wiedereinstellung verlangen. Bei der Frage, ob der Kläger die Voraussetzungen hierfür noch erfülle, stehe dem Beklagten kein gerichtlich nur bedingt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu weil der Kläger nicht bloß ein Recht auf gleichen Zugang zu einem öffentlichen Amt geltend mache.
Der Kläger erfülle die Voraussetzungen für seine Wiedereinstellung noch, weil konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an seiner Verfassungstreue zur Gewißheit verdichten könnten, nicht ersichtlich seien. Zwar mache der Aufsatz des Klägers von Juli 1994 deutlich, daß er den Staat Bundesrepublik Deutschland ablehne und ein basisdemokratisches Staatsgebilde herbeisehne, das mit dem Grundsatz der repräsentativen Demokratie kaum vereinbar sein dürfte. Es sei aber nicht erkennbar, daß die in dem Aufsatz des Klägers offenbarte Einstellung oder auch dieser Aufsatz selbst seine berufliche Tätigkeit als Kriminalkommissar in irgendeiner Weise beeinträchtigen könnte. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger seine eigenartig weltfremd anmutende politische Einstellung, die in der heutigen Zeit ohnehin als überlebt erscheine, in Taten umsetzen werde, durch die Dritte geschädigt, die Allgemeinheit gefährdet oder gar das politische System der Bundesrepublik ins Wanken ge...