Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 21.01.1999; Aktenzeichen 91 Ca 53196/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21.01.1999 – 91 Ca 53196/97 – teilweise geändert und insgesamt neu gefaßt.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 25.410,61 DM (fünfundzwanzigtausendvierhundertzehn 61/100) netto nebst 4 % Zinsen seit dem 29. Mai 1998 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Nachteile bei der Höhe seiner künftigen Rente auszugleichen, die diesem dadurch entstehen, daß der Beklagte ihn nicht bereits zum 01. November 1996 wieder eingestellt hat.

4. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

6. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 48,87 % und der Beklagte zu 51,13 % zu tragen.

7. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger stand im Anschluß an seine Tätigkeit im Polizeidienst der der DDR seit dem 1. Oktober 1990 als Kriminalkommissar im Angestelltenverhältnis zum Beklagten. Aufgrund seiner Wahl zum Mitglied eines Bezirksamts wurde er zum Beamten auf Zeit ernannt und zugleich aus dem Arbeitsverhältnis entlassen.

Wegen eines im PDS-Parteiblatt seines Bezirks veröffentlichten Aufsatzes mit dem Titel „Gesundheits- und Pflegesystem der BRD – wohin?” (Ablichtung Bl. 70–72 d.A.) wurde der Kläger am 12. Oktober 1994 von der Bezirksverordnetenversammlung als Bezirksstadtrat abgewählt. Seine Amtsperiode als solche dauerte noch bis zum 30. September 1995.

Am 3. Mai 1995 beantragte der Kläger seine Wiedereinstellung in den Polizeivollzugsdienst, was der Beklagte mit Bescheid vom 31. Mai 1995 (Ablichtung Bl. 43 d.A.) ablehnte. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Kläger wies der Beklagte durch Bescheid vom 13. März 1996 (Ablichtung Bl. 44–46 d.A.) zurück.

Das Arbeitsgericht Berlin verurteilte den Beklagten am 10. April 1997, den Kläger wieder als Kriminalkommissar im Angestelltenverhältnis einzustellen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten wurde von der erkennenden Kammer am 19. Dezember 1997 mit abweichender Begründung zurückgewiesen. Daraufhin stellte der Beklagte den Kläger ab 2. Februar 1998 wieder ein.

Das Arbeitsgericht Berlin hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 50.074,48 DM netto nebst 4 % Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen, und zugleich festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger die durch die verspätete Wiedereinstellung entstandenen Nachteile bei der Höhe seiner zukünftigen Rente auszugleichen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe sich vom 1. Oktober 1995 bis 31. Januar 1998 mit der Erfüllung des Wiedereinstellungsanspruchs des Klägers im Schuldnerverzug befunden. Eine Mahnung sei aufgrund der ablehnenden Bescheide des Beklagten entbehrlich gewesen. Dieser habe sich auch nicht in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befunden, weil er selbst unter Zugrundelegung der sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Einstellungsvoraussetzungen ernsthaft damit habe rechnen müssen, daß das zuständige Gericht diese Voraussetzungen bejahen würde. Zudem habe der Beklagte nicht ausreichend dargelegt, die Sach- und Rechtslage überhaupt sorgfältig geprüft zu haben.

Bei einer Wiedereinstellung zum 1. Oktober 1995 hätte der Kläger Anspruch auf Arbeitsentgelt, tarifliche Zuwendung und Urlaubsgeld in unstreitiger Höhe von 99.164,13 DM netto gehabt. Dieser Betrag habe sich aufgrund anderweitiger Einnahmen des Klägers reduziert. Hinzu kämen noch Beiträge für die Krankenversicherung seiner beiden Kinder, die im November und Dezember 1997 nicht mehr bei ihrer Mutter hätten mitversichert werden können.

Für den Feststellungsantrag bestehe das erforderliche Feststellungsinteresse, weil der Rentenanspruch des Klägers infolge Nichtabführung von Versicherungsbeiträgen gemindert worden sein könne.

Gegen dieses ihm am 3. März 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. April 1999 eingelegte und am 30. April 1999 begründete Berufung des Beklagten. Er meint, lediglich verpflichtet gewesen zu sein festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis noch vorgelegen hätten. Mit (der Erfüllung) dieser Verpflichtung habe er sich nicht in Verzug befunden. Auch habe keine ernstliche und endgültige Leistungsverweigerung vorgelegen, sondern habe er durch (die Belehrung über) den Rechtsbehelf zu erkennen gegeben, daß seine Entscheidung nicht endgültig gewesen sei. Keinesfalls habe er bei der Beurteilung der Rechtslage schuldhaft gehandelt. Im Rahmen von Abwägungsprozessen zu verschiedenen Ergebnissen zu kommen, sei bei Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe nicht ungewöhnlich. Schließlich wäre der ausgeurteilte (Anspruch auf Ersatz von) Verzugsschaden gemäß § 70 BAT verwirkt.

Der Feststellungsantrag sei zu unbestimmt. Auch fehle es an einer näheren Darlegung, was der Kläger als Nachteil ansehe.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Änderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der ...

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