Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalkostensenkung als unternehmerische Entscheidung. Änderungskündigung. Entgeltreduzierung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Änderungskündigung allein zum Zwecke der Entgeltreduzierung ist nicht sozial gerechtfertigt. Die Einführung einer neuen Lohnfindungsmethode allein ist kein betriebsbedingter Grund für eine Änderungskündigung.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2; BetrVG 1972 § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 06.02.1998; Aktenzeichen 81 Ca 42513/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 01.07.1999; Aktenzeichen 2 AZR 826/98)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bertin vom 6. Februar 1998 – 81 Ca 42513/97 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in dem vorliegenden Verfahren, soweit es in der Berufungsinstanz anhängig ist, über die Wirksamkeit einer seitens der Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochenen fristgemäßen Änderungskündigung.

Die Beklagte ist eine Stiftung privaten Rechts. Stiftungszweck ist die berufliche und soziale Wiedereingliederung insbesondere jugendlicher Strafgefangener und Haftentlassener sowie die Durchführung beruflicher Bildungsmaßnahmen für sozial benachteiligte Jugendliche. Die Stiftung führt unter anderem berufsfördernde Maßnahmen in stiftungseigenen Werkstätten durch. Am 30. Juni 1997 beschäftigte die Beklagte ca. 200 Arbeitnehmer. Sie ist nicht tarifgebunden. Von den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern wurden die Arbeitsverhältnisse bei 116 Arbeitnehmern in Anlehnung an den BAT und bei 84 Arbeitnehmer in Anlehnung an die Tarifverträge für die Metallindustrie geregelt. Seit dem 1. April 1995 wird bei Neueinstellungen ausschließlich der BAT vereinbart.

Nach einem vorangegangenen Arbeitsverhältnis bei der Beklagten wird der Kläger seit dem 15. November 1993 als Anleiter in der gewerblichen Ausbildung im Maler- und Lackiererhandwerk beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag ist auf die jeweils gültigen tarifvertraglichen Bestimmungen für die Angestellten in der Berliner Metallindustrie Bezug genommen worden (Bl. 6 d.A.). Seit dem 1. Oktober 1995 ist mit dem Kläger eine Arbeitszeit von 36,25 Std. pro Monat vereinbart, ferner erhält er 55 % eines Monatsentgelts als Urlaubsgeld und ein Monatsentgelt als Sonderzahlung. Zuletzt betrug die monatliche Vergütung des Klägers 4.559,– DM brutto.

Ende Mai 1997 bat die Beklagte die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse sich nach den Metalltarifverträgen richteten, um ihr Einverständnis mit der Anwendung der entsprechenden Regelungen des BAT ab 1.1.1998 unter Gewährung einer Besitzstandssicherung. Von den 84 betroffenen Arbeitnehmern nahmen 13 Arbeitnehmer, unter ihnen der Kläger, dieses Änderungsangebot nicht an. Gegenüber diesen 13 Arbeitnehmern sprach die Beklagte Änderungskündigungen zum Zwecke der Anwendung des BAT auf das jeweilige Arbeitsverhältnis aus.

Mit Schreiben vom 9. Juli 1997 (Bl. 54 d.A.) hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zu einer beabsichtigten Kündigung des Klägers zum 31. Dezember 1997 an. Auf den Inhalt des Anhörungsschreibens wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 16. Juli 1997, das dem Kläger am 17. Juli 1997 zugegangen ist, kündigte die Beklagte sein Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1997 und bot ihm gleichzeitig die Weiterbeschäftigung gemäß einem beigelegten Arbeitsvertrag ab dem 1. Januar 1998 an (Bl. 10 bis 14 d.A.). Außerdem widerrief die Beklagte eine mit dem Kläger getroffene Vereinbarung vom 3. August 1995 (Bl. 9 d.A.). Der Kläger nahm die Änderung der Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt der Prüfung der sozialen Rechtfertigung an.

Mit der Klage hat der Kläger sowohl den Widerruf als auch die ihm gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung für unwirksam gehalten. Er hat bestritten: Dringende betriebliche Erfordernisse für die Änderungskündigung habe die Beklagte nicht vorgetragen. Weder eine drohende Betriebsstillegung noch eine Gefährdung von Arbeitsplätzen werde behauptet. Daß durch die für ihn entstehenden Vergütungskosten die Beklagte gegenüber den Angeboten der Mitbewerber sich nur zu ungünstigeren Bedingungen bei Ausschreibungen beteiligen könne, sei unzutreffend. Dies gelte auch für die Behauptung der Beklagten, daß die Angebote der Mitbewerber nur auf Grundlage eines niedrigeren Gehaltsgefüges unterbreitet werden könnten. Es sei unzutreffend, daß durch die Mittel der Fördermittelvereinbarung gerade sein Arbeitsplatz finanziert würde. Es sei auch nicht erkennbar, inwiefern die Weiterbeschäftigung von 13 Mitarbeitern nach den Metalltarifverträgen betriebsorganisatorisch ausgeschlossen sein solle. Er hat die Ansicht vertreten, daß der Widerruf der Vereinbarung vom 3. August 1995 unwirksam sei.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 16. Juli 1997, zugegangen am 17. Juli 1997, unwirksam sei,
  2. festzustellen, daß die Teilkündigung der wöchentlichen Arbeitszeit und der betrieblichen Sonder...

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