Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlung von Fortbildungskosten
Leitsatz (amtlich)
Bei einer Fortbildungsmaßnahme, die zwei Wochen dauert und für die dem Arbeitgeber Aufwendungen in Höhe von mehr als zwei Nettomonatslöhnen des Arbeitnehmers entstanden sind, darf die Bindung des Arbeitnehmers an eine Rückzahlungsverpflichtung nicht über sechs Monate hinausgehen.
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 20.02.2001; Aktenzeichen 6 Ca 29191/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.02.2001 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 6 Ca 29191/00 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das Energieanlagen montiert und wartet. Sie stellte den Beklagten mit Wirkung vom 01.04.1998 als Service-/Wartungsmonteur ein. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien unter anderem eine Arbeitszeit von 40 Stunden je Woche und einen Monatslohn von 3.792,00 DM brutto. Bei der Einstellung verfügte der Beklagte über die Berechtigung zur Durchführung von Wartungsarbeiten der Stufen W1 bis W4 an Dieselmotoren (Notstromaggregaten) der Firma …
Etwa im Dezember 1999 teilte der Geschäftsführer der Klägerin dem Beklagten und dessen Arbeitskollegen … mit, daß er erwäge, sie zum Lehrgang W5 zur … zu entsenden, daß der Klägerin durch die Teilnahme der Arbeitnehmer an dem Lehrgang erhebliche Kosten entstehen würden und daß er im Falle der Teilnahme eine Rückzahlungsvereinbarung schließen müsse. Der Geschäftsführer händigte beiden Arbeitnehmern den Entwurf einer Rückzahlungsvereinbarung aus, die folgenden Inhalt hatte: „Vereinbarung. Schulung W5 am Motor BR 396. Falls Mitarbeiter, die an der o.g. Schulung teilnehmen, innerhalb von drei Jahren und aus eigenen Gründen unser Unternehmen verlassen, sind die gesamten Lehrgangskosten zurückzuerstatten. Diese Vereinbarung wird hinsichtlich von Wettbewerbsaspekten geschlossen.” Der Beklagte reichte die von ihm unterschriebene Vereinbarung am 19.01.2000 an die Klägerin zurück.
Der Beklagte nahm in der Zeit vom 24.01.2000 bis zum 04.02.2000 an einem Lehrgang über den Motortyp 6 V 396 TC 33 bei der … teil. Die Klägerin zahlte dafür für den Beklagten Lehrgangskosten in Höhe von 4.302,82 DM/Hotelkosten in Höhe von 636,20 DM, Reisekosten in Höhe von 572,00 DM und den Lohn für die Tage seiner Abwesenheit in Höhe von 1.931,40 DM (90 Stunden zu je 21,46 DM brutto), insgesamt 7.442,42 DM.
Mit Schreiben vom 25.07.2000 erklärte der Beklagte, er kündige den Arbeitsvertrag vom 01.04.1998 fristgemäß zum 31.08.2000. Nach dem 31.08.2000 nahm er eine Tätigkeit bei der Firma … einer Konkurrentin der Klägerin, auf. Die Forderung der Klägerin, die ihr entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 7.442,42 DM als Schadensersatz zu zahlen, hat der Beklagte abgelehnt. Die Klägerin hat daraufhin einen erststelligen Teilbetrag in Höhe von 3.469,72 DM mit Ansprüchen des Beklagten auf Zahlung eines Bonus für August 2000 verrechnet und einbehalten. Der Klage des hiesigen Beklagten auf Zahlung dieses Betrages ist durch Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17.01.2001 – 51 Ca 27899/00 – stattgegeben worden. Über die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der hiesigen Klägerin – Landesarbeitsgericht Berlin 18 Sa 569/01 – ist noch nicht entschieden worden.
Mit ihrer am 20.10.2000 eingegangenen Klage im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin den letztstelligen Teilbetrag in Höhe von 3.972,70 DM geltend. Sie behauptet: Aufgrund der Fortbildung in dem Lehrgang für die Wartungsstufe W5 habe sich der Marktwert des Beklagten in erheblichem Umfang erhöht. Kunden würden Arbeiten am Motor BR 396 überhaupt erst zulassen, wenn der Mitarbeiter der Wartungsfirma die Berechtigung der Wartungsstufe 5 besitze. Ohne eine solche Berechtigung durfte der Beklagte nicht an dem Motor arbeiten. Die Firma …, die den Beklagten abgeworben habe, mache sich heute die Spezialkenntnisse des Beklagten im Umgang mit dem Motor BR 396 nach der Schulung W5 zunutze und könne mit diesen Kenntnissen in ein völlig neues, ihr bis dahin verschlossenes Marktsegment einsteigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien in der ersten Instanz und der dort von ihnen gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 72–75 d. A.) verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat durch das hier angegriffene Urteil vom 20.02.2001 die Klage mit der Begründung abgewiesen, daß die Rückzahlungsvereinbarung vom 19.01.2000 wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unwirksam sei, weil die zulässige Dauer der Bindung des Beklagten an seinen Arbeitsplatz überschritten sei, weil durch die Teilnahme an dem Lehrgang die Fähigkeiten des Beklagten nicht zusätzlich gefördert worden seien, weil die Fortbildung nicht zu einem höheren Vergütungsanspruch des Beklagten geführt habe und weil die Klägerin selbst ein erhebliches Eigeninteresse an der Durchführung der Schulung gehabt habe, und daß auch b...