Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 23.05.1996; Aktenzeichen 89 Ca 21774/95) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. Mai 1996 – 89 Ca 21774/95 – wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen, jedoch mit der Maßgabe, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin erst am 31. August 1995 beendet worden ist.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5. Die Kosten des Miedereinsetzungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Die 1960 geborene Klägerin, die verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, trat mit Wirkung vom 1. April 1995 als Bauzeichnerin in die. Dienste der Beklagten, die in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 13. März 1995 erhielt sie ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 3.796,– DM. Unter Ziffer 4 des genannten Arbeitsvertrages heißt es:
„…
4. Im übrigen sind für ihr Dienstverhältnis die Bestimmungen der jeweils gültigen Fassung des Rahmentarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes im Gebiet der fünf neuen Bundesländer und des Ostteils des Landes Berlin und unserer Betriebs-Vereinbarungen in der jeweils gültigen Fassungen maßgebend.
…”
Mit Schreiben vom 21. Juni 1995 an den bei ihr bestehenden Betriebsrat, ihm zugegangen am 23. Juni 1995, heißt es:
„…
Anhörung zur Kündigung von Frau B. L.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir beabsichtigen zum 31.07.1995 den seit 01.04.1995 mit Frau B. L. bestehenden Arbeitsvertrag innerhalb der Probezeit unter Einhaltung der gesetzlichen und tariflichen Kündigungsfrist zu kündigen.
Begründung:
Frau L. wurde den an eine Bauzeichnerin gestellten Anforderungen nicht im erforderlichen Maße gerecht.
Wir bitten um Ihre Zustimmung.
…”
Darauf erwiderte der Betriebsrat mit Schreiben vom 30. Juni 1995 der Beklagten wie folgt:
„…
Der Betriebsrat äußert gemäß § 102 Abs. 2 BetrVG Bedenken zur vorgesehenen Kündigung. Wir begründen unseren Beschluß damit, daß der Betriebsrat an Hand der vorliegenden Informationen die Gründe der Kündigung nicht nachvollziehen kann.
Insbesondere wurde Frau L., wenn sie gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen haben sollte, nicht gerügt oder abgemahnt.
Ebenso ist nicht zu erkennen, welchen der an eine Bauzeichnerin gestellten Anforderungen Frau L. nicht gerecht wurde.”
Mit Schreiben vom 21. Juni 1995, der Klägerin zugegangen am 30. Juni 1995, kündigte die Beklagte den Arbeitsvertrag der Klägerin zum 31. Juli 1995. Am 3. Juli 1995 wurde ihr durch Boten erneut ein entsprechendes Kündigungsschreiben überbracht.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 18. Juli 1995 eingegangenen und der Beklagten am 31. Juli 1995 zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung gewandt und die Auffassung vertreten, daß die Kündigung schon deshalb rechtsunwirksam sei, weil der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat nicht ordnungsgemäß vor dem Ausspruch der Kündigung angehört worden sei. Darüber hinaus habe die Beklagte die maßgebliche Kündigungsfrist von einem Monat nicht eingehalten.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 21. Juni 1995 aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, daß das Anhörungsverfahren gegenüber dem bei ihr bestehenden Betriebsrat ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Es könne auch davon ausgegangen werden, daß in persönlichen Gesprächen, mit Betriebsratsmitgliedern die Kündigungsgründe, nämlich das Nichtvorhandensein bestimmter Fähigkeiten, um den Anforderungen einer Bauzeichnerin gerecht zu werden, unterbreitet worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, §§ 312 Abs. 2, 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
Durch am 23. Mai 1996 verkündetes Urteil hat die Kammer 89 des Arbeitsgerichts Berlin der Klage stattgegeben und den Wert des Streitgegenstandes auf 3.796,– DM festgesetzt. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Gegen das der Beklagten am 5. Juli 1996 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 7. August 1996 eingegangene Berufung der Beklagten. Mit beim Rechtsmittelgericht am 22. August 1996 eingegangenem Schriftsatz vom 19. August 1996 hat die Beklagte wegen Versäumung der Berufungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt und das Rechtsmittel der Berufung mit beim Landesarbeitsgericht Berlin am 3. September 1996 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Sie steht auf dem Standpunkt, ohne ihr Verschulden gehindert gewesen zu sein, die Frist zur Einreichung der Berufung einzuhalten. Die bei ihr mit einer Zustellungsurkunde eingehende Post werde von den im Empfang beschäftigten Arbeitnehmern entgegengenom...