Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zustellung eines Urteils durch Einwurf in den Briefkasten löst den Fristbeginn für Berufung und Berufungsbegründung selbst dann aus, wenn der Betrieb an einem Sonnabend nicht geöffnet ist.
2. Zu den Sorgfaltspflichten einer Partei gehört es, bei Zustellungen auch den Briefumschlag und die auf ihm enthaltenen Daten zu beachten.
Normenkette
ArbGG § 66; ZPO §§ 233-234
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 04.07.2003; Aktenzeichen 74 Ca 34592/02) |
Tenor
1. Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. Juli 2003 – 74 Ca 34592/02 – wird als unzulässig verworfen.
3. Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Beklagte.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in dem vorliegenden Verfahren über die Wirksamkeit einer gegenüber der Klägerin seitens der Beklagten ausgesprochenen fristgemäßen Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen. Von der Darstellung des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 112 bis 114 d.A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Durch Urteil vom 04. Juli 2003 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die seitens der Beklagten mit Schreiben vom 25. November 2002 ausgesprochene fristgemäße Kündigung beendet worden sei. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils (Bl. 111 bis 117 d.A.) Bezug genommen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Beklagten ausweislich einer Zustellungsurkunde der P. am 27. September 2003 zugestellt worden (Bl. 119, 119 R d.A.). Unter Ziffer 9 der Zustellungsurkunde ist von dem Zusteller angekreuzt worden, dass er versucht habe, die Sendung zuzustellen. Unter 10.2 der Zustellungsurkunde ist angekreuzt worden, dass er die Sendung in den zu dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt habe. Die Zustellungsurkunde trägt neben dem Datum vom 27. September 2003 auch die Unterschrift des Zustellers, dessen Name nochmals in Druckbuchstaben wiedergegeben ist.
Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2003, der am gleichen Tage bei dem Landesarbeitsgericht Berlin eingegangen ist, hat die Beklagte gegen das arbeitsgerichtliche Urteil Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 01. Dezember 2003, der am gleichen Tage bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, hat die Beklagte die Berufung begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte mit einem Schreiben, das dieser am 05. Dezember 2003 zugegangen ist, auf Bedenken hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Berufungsbegründung hingewiesen. Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2003, der am gleichen Tage bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, hat die Beklagte einen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine etwaige Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt.
Hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrages bezweifelt die Beklagte, dass die P. Post im Sinne der zivilprozessualen Vorschriften sei. Sie bestreitet, dass zunächst eine unmittelbare Zustellung von dem Zusteller versucht worden sei. Im Übrigen seien in ihren Geschäftsräumen am 27. September 2003 vormittags von 9.50 Uhr bis 9.59 Uhr, von 10.46 Uhr bis 13.34 Uhr und von 12.15 Uhr bis 14.26 Uhr Mitarbeiter im Hause gewesen, die ein etwaiges Klingeln des Postzustellers gehört hätten. Ferner behauptet die Beklagte, dass die Post am 29. September 2003 aus dem Briefkasten entnommen worden sei, entgegen einer bestehenden Anweisung sei der Briefumschlag nicht dem für juristische Angelegenheiten zuständigen Justitiar, Herrn Rechtsanwalt H., übergeben worden oder aber er sei bei der Postbearbeitung durch diesen untergegangen. Jedenfalls sei der Briefumschlag nicht mehr auffindbar. Bei der Posteingangsstelle sei der Posteingang für den 29. September 2003 vermerkt. Es bestehe bei ihr eine Arbeitsanweisung des Vorstandes hinsichtlich der Bearbeitung von Posteingängen. Diese Generaleinweisung sei von Herrn H., der seit dem 18. Oktober 2000 in der Rechtsabteilung als Syndikusanwalt tätig sei, ergänzt worden. Auf den Inhalt der Anweisungen wird Bezug genommen (Bl. 212, 213 d.A.). Die entsprechende Weisung sei auch der für die Postbearbeitung zuständigen Beschäftigten, V. R., mitgeteilt worden, ebenso deren Urlaubsvertreterin. Auf Weisung des Vorstandes sei die Bearbeitung der Posteingänge in unregelmäßigen Abständen von Herrn H. kontrolliert worden. Zuletzt sei die Probe am 29. Oktober 2003 bei der Zustellung eines gerichtlichen Schriftstückes durchgeführt worden. Dem Justitiar H. sei noch nie ein Fehler wie im vorliegenden Verfahren unterlaufen. Auch Frau R. habe sich stets als korrekte Mitarbeiterin erwiesen. Hinzu komme, dass das Arbeitsgericht auch nicht auf den eingetretenen ...