Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsnatur der Klagefrist des § 4 KSchG
Leitsatz (amtlich)
Bei der Klagefrist des § 4 KSchG handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlußfrist, deren Nichtbeachtung die Abweisung einer Kündigungsschutzklage als unbegründet zur Folge hat.
Normenkette
KSchG § 4
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 31.05.1991; Aktenzeichen 11 Ca 939/90) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 31. Mai 1991 – 11 Ca 939/90 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Kläger trat am 1. Februar 1990 als Arbeitsstellenleiter gegen eine Stundenlohnvergütung in Höhe von 20,50 DM in die Dienste der Beklagten, die in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt.
In einem Schreiben der Beklagten vom 3. Dezember 1990, gerichtet an den Kläger, heißt es u.a.:
„In obiger Angelegenheit sehen wir uns wegen schlechter Witterung gezwungen, Ihr Arbeitsverhältnis bzw. Ihren Arbeitsvertrag gem. Paragraph 15 Abs. 1 Rahmentarifvertrag (RTV) für das Maler- und Lackiererhandwerk vom 05.11.1981 zum 30.11.1990 zu kündigen.
Da wir Sie gem. Paragraph 15 Abs. 3 RTV am 15.03.1991 wieder einzustellen haben, werden wir Sie zum gegebenen Zeitpunkt von der Wiederaufnahme der Arbeit benachrichtigen.”
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 27. Dezember 1990 eingegangenen und der Beklagten am 9. Januar 1991 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die Rechtswirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung gewandt und geltend gemacht, die im Schreiben genannten Kündigungsgründe träfen nicht zu. Der Kläger hat behauptet, er habe die Beklagte am 3. Dezember 1990 nicht um den Ausspruch einer Kündigung und ein klärendes Gespräch gebeten.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß die Kündigung vom 3. Dezember 1990 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, nach einer vorangegangenen Kündigung gegenüber dem Kläger habe dieser um ein klärendes Gespräch gebeten, das am 3. Dezember 1990 in ihren Geschäftsräumen geführt worden sei. Der Kläger habe im Interesse seines bevorstehenden Urlaubs um eine andere Kündigungslösung gebeten, da er mehrere Wochen nach Süd-Amerika habe reisen wollen. Nachdem er zugesichert habe, daß er bei einer Freistellung nach § 15 des Rahmentarifvertrages des Maler- und Lackiererhandwerks nicht mehr zurückkommen werde, sei man auf diesen Vorschlag eingegangen. Am 9. Januar 1991 habe sich der Kläger die Arbeitspapiere abgeholt und unmißverständlich mitgeteilt, daß er sich eine neue Arbeit gesucht habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. §§ 313 Abs. 2, 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
Durch am 31. Mai 1991 verkündetes Urteil hat die Kammer 11 des Arbeitsgerichts Berlin die Klage abgewiesen und den Wert des Streitgegenstandes auf 7.093,– DM festgesetzt. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Gegen das seinen Prozeßbevollmächtigten am 17. Juni 1991 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 17. Juli 1991 eingegangene Berufung des Klägers, die er – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. August 1991 – mit weiterem beim Rechtsmittelgericht am selben Tage eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger behauptet erstmalig, das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 3. Dezember 1990 sei ihm mit der Post zugeschickt worden. Somit habe das Kündigungsschreiben ihm frühestens am 4. Dezember 1990 zugehen können, so daß er die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht fristgerecht erhoben habe.
Ferner behauptet der Kläger, er habe vor dem 3. Dezember 1990 keine andere Kündigung erhalten und auch nicht um ein klärendes Gespräch gebeten oder gar das Kündigungsschreiben in den Geschäftsräumen der Beklagten ausgehändigt erhalten. Ebensowenig habe ein Kündigungsgrund nach § 15 des Rahmentarifvertrages bestanden, weil ein witterungsbedingter Arbeitsmangel nicht vorgelegen habe.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinem im ersten Rechtszug gestellten Sachantrag zu erkennen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie behauptet auch in der Rechtsmittelinstanz, daß dem Kläger am frühen Morgen des 3. Dezember 1990 in ihren Geschäftsräumen die Kündigung überreicht worden sei. Lediglich das vom Kläger gewünschte Arbeitszeugnis sei ihm brieflich zugesandt worden. Auch habe der Kläger nach dem Erhalt der Kündigung selbst um eine Kündigung nach § 15 des RTV gebeten und ihr, der Beklagten, erklärt, wenn eine Kündigung nach § 15 RTV ausgesprochen werde, nicht mehr in ihren Betrieb zurückzukehren.
Das Landesarbeitsgericht hat über die Behauptung der Beklagten, dem Kläger sei das Kündigungsschreiben vom 3. Dezember 1990 am selben Tage in ihren Geschäftsrä...