Verfahrensgang
ArbG Neuruppin (Urteil vom 21.07.1994; Aktenzeichen 3 Ca 392/94) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 21.07.1994 – 3 Ca 392/94 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß der Klägerin in der Gesamtvollstreckung in das Vermögen der Firma E. GmbH, … eine in der Rangklasse gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 1 a Gesamtvollstreckungsordnung stehende Forderung in Höhe von 5.812,00 DM brutto abzüglich gezahlter 2.072,20 DM netto zusteht.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war bei der Gemeinschuldnerin und ihrem Rechtsvorgänger seit dem 1.9.1965 beschäftigt, zuletzt als Teilkonstrukteurin. Auf ihr Arbeitsverhältnis fanden aufgrund Organisationszugehörigkeit die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg, Tarifgebiet II, Anwendung. Der Manteltarifvertrag für Angestellte enthält unter Ziffer 4.4 folgende Regelung:
„Wird einzelnen Beschäftigten während der Dauer der Kurzarbeit gekündigt, so hat er für die Dauer der Kündigungsfrist gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf ungekürzte tarifliche oder vertragliche Entlohnung. Dieser Anspruch besteht nicht, wenn das Gehalt für die Dauer der Kündigungsfrist aus einer vorangegangenen Änderungskündigung bereits in voller Höhe vom Arbeitgeber gezahlt worden ist.”
Die Ziffer 4.4 MTV ist am 1.7.1991 in Kraft getreten. Hierzu haben die Tarifvertragsparteien unter dem 31.5.1991 (Blatt 78) folgendes vereinbart:
„Während der Geltung des § 63 Abs. 5 AFG (DDR) besteht die Verpflichtung des Arbeitgebers aus Ziff. 5.3 MTV-Arbeiter bzw. Ziffer 4.4 MTV-Angestellte nur, wenn Beschäftigte kein Kurzarbeitergeld erhalten.
Diese Regelung gilt nur, wenn zum 30.6.1991 ausgesprochene Kündigungen bereits zurückgenommen wurden oder zurückgenommen werden sowie beim Verzicht auf Kündigungen, die vor dem Auslaufen des § 63 Abs. 5 AFG (DDR) wirksam werden.”
Seit Juni 1993 befand sich die Klägerin gemäß der Betriebsvereinbarung Nr. 1/93 in Kurzarbeit „Null”. Mit Schreiben vom 28.6. 1993 kündigte die Gemeinschuldenerin ihr Arbeitsverhältnis zum 30.11.1993. Seinerzeit wurden 60 von 170 Arbeitnehmern gekündigt. Auf ihre Kündigungsschutzklage hin einigten sich beide durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht Neuruppin auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.1993. Bis zum Dezember erhielt sie lediglich Kurzarbeitergeld gezahlt und zwar 1.136,24 DM netto für November 1993 und 935,78 DM netto für Dezember 1993. Das entsprechende Gehalt betrug ausweislich der diesbezüglichen Abrechnungen 2.871,00 DM brutto für November (Blatt 23) und 2.941,00 DM brutto für Dezember (Blatt 25).
Mit der am 31.1.1994 bei dem Arbeitsgericht Neuruppin eingegangenen Klage machte der Kläger die Zahlung ausstehender Arbeitsvergütung geltend. Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens reduzierte er die Klage auf die Zahlung der Gehälter für November und Dezember 1993 abzüglich des geleisteten Kurzarbeitergeldes.
Die Klägerin hat vorgetragen, daß ihr aufgrund der Kündigung während der Kurzarbeit gemäß Ziffer 4.4 MTV das ungekürzte Gehalt zustehe. Ziffe 4.4 MTV finde auf ihre Kündigung Anwendung.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.812,00 DM brutto abzüglich gezahlter 2.072,20 DM netto nebst 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Gemeinschuldnerin hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Gemeinschuldnerin hat den Anspruch bestritten, weil die Klägerin sich in beiden Monaten in Kurzarbeit „Null” gemäß § 63 Abs. 4 AFG befunden habe. Ziffer 4.4 MTV könne den Anspruch nicht begründen, weil er auf Kurzarbeit nach § 63 Abs. 1 AFG anzuwenden sei und die Klägerin entgegen seinem Wortlaut nicht als „einzelne Arbeitnehmerin”, sondern im Rahmen einer generellen Umstrukturierung gekündigt worden sei.
Das Arbeitsgericht Neuruppin hat durch Urteil vom 21.7.1994 die Klage abgewiesen, weil die Klägerin wegen der Kurzarbeit keinen Anspruch auf Gehaltszahlung habe und Ziffer 4.4 MTV auf ihre Kündigung nicht anzuwenden sei.
Gegen das ihr am 23.8.1994 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.9.1994 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch Beschluß vom 9.11.1994 zum 21.11.1994 am 18.11.1994 begründet. Zwischenzeitlich war durch Beschluß vom 1.9.1994 über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und der Berufungsbeklagte als Gesamtvollstreckungsverwalter eingesetzt worden. Die daraufhin von der Klägerin am 17.10.1994 im Gesamtvollstreckungsverfahren angemeldete streitbefangene Forderung hat der Berufungsbeklagte nicht anerkannt. Die Klägerin begehrt nunmehr die Feststellung der Forderung im Gesamtvollstreckungsverfahren gegen den Gesamtvollstreckungsverwalter.
Die Klägerin vertieft ihre bereits erstinstanzlich vorgetragene Auffassung, daß ihr der Anspruch auf Zahlung des ungekürzten G...