Verfahrensgang

ArbG Potsdam (Urteil vom 18.03.1998; Aktenzeichen 1 Ca 3320/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.02.2001; Aktenzeichen 2 AZR 39/00)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 18.03.98 – 1 Ca 3320/97 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der früheren kommunalen Wohnungsverwaltung der Stadt L.. Ihre Aufgabe ist es, für breite Bevölkerungsschichten angemessenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. 1997 wurden von ihr 4.153 Mieteinheiten verwaltet. Davon waren 1.428 Mieteinheiten restitutionsbehaftet. Sie sind jeweils nach Bescheid der Vermögensämter an die Alteigentümer zurückzugeben. Zugänge gibt es nicht. Bei der Beklagten waren in dem kündigungsrelevanten Zeitraum 71 Arbeitnehmer beschäftigt und zwar 35 im Verwaltungsbereich und 36 im Baubereich.

Am 12.5.1997 vereinbarten die Beklagte und ihr Betriebsrat einen Interessenausgleich, der unter anderem folgende Regelungen enthält:

„…

2. Betriebsänderung

Auf Veranlassung der Unternehmensleitung wird eine Personalreduzierung durchgeführt. Sie erfaßt insgesamt 26 Mitarbeiter aus allen Abteilungen. Die Namen der Betroffenen ergeben sich aus Anlage 1, die Teil dieses Interessenausgleiches ist.

Mindestens 26 Mitarbeitern aus der Abteilung Bau/Fremdverwaltung/Technik/Hauswarte wird angeboten, mit der Service GmbH, Tochtergesellschaft der L. ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Sie sind in der beigefügten Anlage 2 namentlich erfasst, welche Teil dieses Interessenausgleichs ist.

Die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer ist nach den in der Betriebsvereinbarung vom 12.5.1997 festgelegten sozialen Gesichtspunkten gem. § 1 Abs. 4 KSchG erfolgt.

4. Durchführung der Betriebsänderung

Kündigungen werden so ausgesprochen, daß sie nicht vor dem 30.6.1997 wirksam werden. Aufhebungsverträge werden frühestens zum 30.6.1997 wirksam. Versetzungen werden nicht vor dem 30.6.1997 wirksam.

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates werden beachtet.

5. Gründe der Personalreduzierung

Der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat liegen u. a. ein Finanzplan und ein allgemeiner vorläufiger Status per 7.3.1997 sowie ein Gutachten der Fa. D. AG vom 17.2.1997 vor.

Die Kündigungen der Arbeitnehmer sind durch dringende betriebliche Gründe erforderlich. …”

In der Anlage 1 zu dem Interessenausgleich ist die Klägerin namentlich aufgeführt. Ebenfalls am 12.5.1997 vereinbarten die Beklagte und ihr Betriebsrat eine Richtlinie für die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen. Die Anlage zu diesen Richtlinien enthält ein Punkteschema, nach der sie Sozialauswahl vorzunehmen ist. Am 13.5.1997 wurde dann ein „Sozialplan” vereinbart.

Die Klägerin ist am 13.6.1951 geboren, verheiratet und seit dem 1.3.1978 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Zuletzt war sie als Sekretärin tätig. Am 27.3.1996 sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Änderungskündigung zum 30.9.1996 aus. Auf ihre Kündigungsschutzklage hin einigten sich die Parteien in dem am 5.9.1996 vor dem Arbeitsgericht Potsdam protokollierten Vergleich – 1 -O Ca 1323/95– darauf, dass die Änderungskündigung für den Bestand des Arbeitsverhältnisses keine Rechtswirkung hat und die Klägerin ab dem 1.1.1997 als Sekretärin im Bereich Gebäudewirtschaft beschäftigt und mit Aufgaben der Vergütungsgruppe IV des Vergütungstarifvertrages für die Beschäftigten in der Wohnungswirtschaft betraut wird. Unter Ziffer 3 des Vergleichs waren die einzelnen Aufgaben aufgeführt, mit denen die Klägerin zu beschäftigen war.

Mit Schreiben vom 3.6.1997 kündigte die Beklagte der Klägerin betriebsbedingt zum 31.12.1997. Die ihr am 30.6.1997 zugegangene Kündigung griff die Klägerin mit der am 4.7.1997 bei dem Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Klage an. Sie hat die Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrates und wegen fehlender sozialer Rechtfertigung geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 3.6.1997, zugegangen am 30.6.1997, nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, dass die Kündigung gemäß dem Interessenausgleich und Sozialplan vom 12/13.5.1997 ausgesprochen worden sei. Die soziale Auswahl sei einvernehmlich mit dem Betriebsrat nach den vereinbarten Richtlinien und nach den. Kriterien der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters und der Unterhaltsverpflichtungen vorgenommen worden. Demnach habe die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung nach § 1 KSchG nachzuweisen. Darüber hinaus hat die Beklagte behauptet, dass dringenden betrieblichen Erfordernisse für die Kündigung vorlägen. Ihr Verwaltungsbereich habe im Vergleich zu marktwirtschaftlich strukturierten Unternehmen einen Personalüberhang von weit mehr als der Hälfte der Mitarbeiter. Wegen...

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