Entscheidungsstichwort (Thema)

Besonderer Kündigungsschutz ehrenamtlicher Richter

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der in Art. 110 Abs. 1 der Verfassung des Landes Brandenburg geregelte besondere Kündigungsschutz für ehrenamtliche Richter erfasst auch Kündigungen, die nichts mit der Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter zu tun haben.

2. Es kann offen bleiben, ob Art. 110 Abs. 1 S. 2 der Verfassung des Landes Brandenburg jede ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines ehrenamtlichen Richters ausschließt. Eine ordentliche Kündigung oder eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist ist jedenfalls nur dann möglich, wenn ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gegeben ist.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1; GG Art. 12 Abs. 1; Verfassung des Landes Brandenburg Art. 110 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 04.12.2003; Aktenzeichen 7 Ca 1117/03)

 

Tenor

1.Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom04.12.2003 – 7 Ca 1117/03 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.04.2003 aufgelöst worden ist.

2.Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3.Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4.Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen ihnen aufgrund einer von Seiten der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist sowie einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung.

Der am.1954 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war zumindest seit dem 07.01.1981 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, zuletzt als Straßenbahnfahrer mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von ca. 2.400,00 EUR beschäftigt. Bei der Beklagten sind regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer in Vollzeit ohne die Auszubildenden tätig.

Mit Schreiben vom 09.11.2000 erhielt der Kläger eine Abmahnung wegen einer Verspätung. Mit Schreiben vom 09.03.2001 wurde der Kläger ermahnt, weil er während des Dienstes mit geöffneter Fahrertür gefahren und sich mit einem Fahrgast unterhalten habe. Am 08.05.2001 wurde eine Ermahnung ausgesprochen, weil der Kläger nicht am Dienstunterricht teilgenommen habe. Mit Schreiben vom 17.07.2001 wurde dem Kläger wegen mehrerer Verspätungen eine Abmahnung erteilt. Nach weiteren Verspätungen kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 31.07.2001 außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Mit Urteil vom 08.11.2001 gab das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) der vom Kläger eingereichten Kündigungsschutzklage statt. Nach einer Verspätung am 29.07.2002 kam es zu einer Ermahnung. Am 05.01.2003 erreichte der Kläger den Ort des Dienstbeginns nicht rechtzeitig und erhielt am 13.01.2003 eine weitere Abmahnung. Die Vorfälle, die zu den Ermahnungen und Abmahnungen geführt haben, sind in ihren Einzelheiten zum Teil zwischen den Parteien streitig.

Vom 24.03.2002 bis 30.03.2003 hatte der Kläger Urlaub. Am 31.03.2003 erschien der Kläger morgens nicht zum Dienst. Der Kläger suchte an diesem Tag einen Arzt auf und gab gegen Mittag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab.

In § 13 Abs. 1 der bei der Beklagten geltenden Dienstanweisung, die dem Kläger ausgehändigt wurde, ist folgende Regelung getroffen:

㤠13 Abs. 1

Mitarbeiter, die wegen Krankheit nicht zur Arbeit erscheinen können, haben dies unverzüglich ihrem Vorgesetzten oder der Personalabteilung, unter Angabe der Gründe und der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsverhinderung, mitzuteilen. Im Fahrdienst beschäftigte Mitarbeiter haben in jedem Fall zuerst ihren Vorgesetzten zu informieren.”

Mit Schreiben vom 04.04.2003 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu der beabsichtigten Kündigung an. Wegen des Inhalts des Schreibens im Einzelnen wird auf dieses (Bl. 70 – 73 d. A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 14.04.2003, das dem Kläger an diesem Tag zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich mit einer Auslauffrist zum 31.12.2003, hilfsweise ordentlich zu demselben Termin. Zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs war der Kläger ehrenamtlicher Richter beim Amtsgericht. Die Beklagte beschäftigte den Kläger nach Ausspruch der Kündigung weiter.

Mit seiner am 16.04.2003 beim Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigungen gewandt.

Er hat vorgetragen, die außerordentliche Kündigung sei unwirksam, da es an einem wichtigen Grund fehle. Die Beklagte habe die 2-Wochen-Frist nicht eingehalten.

Er habe nicht behauptet, am 31.03.2003 Urlaub zu haben. Herr P. habe ihm vielmehr nicht mitgeteilt, dass er am 31.03.2003 den Dienst 224 habe, vielmehr sei erklärt worden, dass er am Folgetag, dem 01.04.2003, den Dienst 214 zu verrichten habe. Daraus habe er geschlossen, dass der 31.03.2003 Ruhetag sei. Eine entsprechende Nachfrage habe Herr P. bejaht.

Die ordentliche Kündigung sei nach Ar...

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