rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutz ehrenamtlicher Richter
Leitsatz (amtlich)
Ehrenamtliche Richter des Landes Brandenburg genießen besonderen Kündigungsschutz bei allen Kündigungen ihres Arbeitsverhältnisses während ihrer Amtszeit.
Normenkette
Brandenburger Verfassung Art. 110; KSchG §§ 1, 13 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Senftenberg (Urteil vom 12.05.2009; Aktenzeichen 1 Ca 619/08) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Senftenberg vom 12. Mai 2009 – 1 Ca 619/08 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Senftenberg vom 12. Mai 2009 – 1 Ca 619/08 teilweise abgeändert und zur Klarstellung neu gefasst:
- Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 25. September 2008 aufgelöst worden ist.
- Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.500,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2009 zu zahlen;
- Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 2.681,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. April 2009 zu zahlen;
- Im Übrigen werden die Klage sowie die Widerklage abgewiesen.
- Der Auflösungsantrag wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt von den Kosten der Klage 41%, der Beklagte 59%. Die Kosten der Widerklage trägt der Beklagte.
- Der Wert des Streitgegenstandes der Klage wird auf 39.803,80 EUR, der der Widerklage auf 55.266,89 EUR festgesetzt.
III. Die Klägerin trägt die Kosten ihrer Berufung.
IV. Der Beklagte trägt die Kosten seiner Berufung einschließlich der Kosten der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz zu 90%, die Klägerin trägt die Kosten der Berufung des Beklagten zu 10%.
V. Der Streitwert für die Berufung der Klägerin wird auf 3.000,– EUR festgesetzt. Der Streitwert für die Berufung des Beklagten wird auf 96.512,66 EUR festgesetzt.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz einerseits noch um Schmerzensgeld wegen Mobbings und andererseits um die Wirksamkeit einer fristgemäßen verhaltensbedingten Kündigung, die Art und Weise der Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens, ggf. hilfsweise die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Differenzvergütung zwischen den Entgeltgruppen E 14 und E 15 Ü für die Zeit von Juni 2008 bis September 2009 und eine Differenz bei der Zuwendung für das Jahr 2008.
Die verheiratete und mit einem GdB von 70 schwerbehinderte Klägerin ist 57 Jahre alt (… 1952) und mit einer Beschäftigungszeit seit dem 1. Juli 1992 seit dem 1. Juni 1994 beim Beklagten mit zuletzt 6.145,17 EUR brutto monatlich beschäftigt. Im September 2008 war sie ehrenamtliche Richterin beim Landesarbeitsgericht und beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg. Im Arbeitsvertrag vom 18. Mai 1994 (Bl. 10-11 d.A.) vereinbarten die Parteien in § 3:
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. In § 5 des Arbeitsvertrages haben die Parteien vereinbart: Die Angestellte ist in die Vergütungsgruppe I b der Anlage 1a zum BAT eingruppiert (§ 22 Abs. 3 BAT). Abweichend hiervon bemisst sich die Höhe der Vergütung nach dem Vergütungstarifvertrag (in der jeweiligen Fassung) zum BAT, der für die alten Bundesländer gilt.
Die Klägerin war zunächst als Personalamtsleiterin beim Beklagten beschäftigt. Unter dem 12. April 2002 (Bl. 108 d.A.) wurde ihr mit sofortiger Wirkung die Leitung des Personal- und Organisationsmanagements kommissarisch übertragen. In dieser Funktion war sie dem Landrat direkt unterstellt. In einem Schreiben vom 12. April 2002 wurde der Klägerin mitgeteilt:
„Für die kommissarische Leitung erhalten Sie gemäß § 24 Abs. 1 BAT-O eine jederzeit widerrufliche Zulage zur Vergütungsgruppe I.”
Unter dem 1. Oktober 2002 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 1. Juni 1994 (Bl. 12-13 d.A.). Die einzige angekreuzte Änderung in diesem Formulararbeitsvertrag lautet:
„§ 4 des Vertrages wird mit Wirkung vom 1. Oktober 2002 wie folgt geändert: An die Stelle der Vergütungsgruppe Ib tritt die Vergütungsgruppe I.”
Im Frühjahr 2008 wurde beim Beklagten eine geplante Strukturveränderung erörtert. Ziel der Überlegungen war es, das Personal- und Organisationsmanagement als Amt in das Dezernat 1 unter Leitung des Ersten Beigeordneten Herrn H. einzugliedern. In mehreren Gesprächen mit der Klägerin ging es auch um deren weitere Verwendung. Unter anderem am 24. April 2008 fand ein Gespräch, dessen Inhalt streitig ist, zwischen der Klägerin und dem Landrat sowie dem Ersten Beigeordneten statt. Der Erste Beigeordnete teilte der Klägerin in einem Gespräch am 20. Mai 2008 mit, dass beabsichtigt sei, die Klägerin zu k...