Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahmeanspruch. Jugend- und Auszubildendenvertreter. Praktikum. Überbetriebliche Ausbildung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Praktikant hat keinen Anspruch auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis gem. § 78a BetrVG gegenüber dem praktischen Ausbildungsbetrieb, in dem er als Jugendvertreter nach §§ 60 ff. BetrVG amtiert hat, wenn er einen Ausbildungsvertrag gem. §§ 3 ff. BBiG mit einem Träger einer überbetrieblichen Ausbildung abgeschlossen hat und lediglich die praktische Ausbildung als Praktikant im Ausbildungsbetrieb absolviert hat, weil der Träger der überbetrieblichen Ausbildung nicht selbst über ausbildungsgeeignete Arbeitsplätze verfügt.

 

Normenkette

BBiG § 3 Abs. 1, §§ 4, 19; BetrVG §§ 78a, 60

 

Verfahrensgang

ArbG Cottbus (Urteil vom 02.03.2004; Aktenzeichen 8 Ca 1782/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.08.2005; Aktenzeichen 7 AZR 553/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 02.03.2004 – 8 Ca 1782/03 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Übernahme des Klägers in ein Arbeitsverhältnis gem. § 78 a BetrVG.

Der Kläger schloss im Rahmen einer Arbeitsamtmaßnahme mit dem Institut f. m. GmbH (im Folgenden: I.) am 18.06.2002 einen Berufsausbildungsvertrag zur Ausbildung als Kaufmann im Einzelhandel ab. Danach sollte die Ausbildung am Sitz des I. mit Ausnahme eines 4-monatigen betrieblichen Praktikums stattfinden. Auf den weiteren Inhalt des Vertrages (vgl. Bl. 15 d. A.) wird Bezug genommen. Das I. wies dem Kläger für die Zeit seiner Ausbildung vom 18.06.2002 bis zum 31.08.2003 eine Ausbilderin zu. Mit Ausnahme der berufspraktischen Lehrunterweisung und der Warenkunde wurde die praktische Ausbildung des Klägers im Rahmen eines Praktikums bei der Beklagten durchgeführt, wie zuvor schon die zweijährige Ausbildung des Klägers zum Verkäufer. Etwas weniger als die Hälfte seiner durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit verbrachte der Kläger im Betrieb der Beklagten.

Im November 2002 wurde der Kläger in die bei der Beklagten bestehende Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt. Am 14.11.2002 nahm der Kläger das Mandat an und amtierte in dieser Funktion. Am 30.06.2003 absolvierte der Kläger die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Kaufmann im Einzelhandel erfolgreich; auf den Inhalt des Zeugnisses (vgl. Bl. 14 d. A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 21.03.2003 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass mangels fehlender Einsatzmöglichkeiten ein Arbeitsverhältnis nicht begründet werden könne. Mit Schreiben vom 02.06.2003, der Beklagten am selben Tag zugegangen, verlangte der Kläger die Übernahme in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis nach Abschluss seiner Ausbildung gem. § 78 a BetrVG. Dies lehnte die Beklagte am 10.06.2003 ab. Das Arbeitsangebot des Klägers vom 01.07.2003 wies die Beklagte am 09.07.2003 zurück.

Mit seiner am 25.07.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis seit dem 01.07.2003 mit der Beklagten besteht. Klageerweiternd begehrte er seine vorläufige Weiterbeschäftigung, die Ausstellung einer schriftlichen Bestätigung über die Bedingungen seiner Tätigkeit und machte Annahmeverzugslohnansprüche für die Monate Juli bis Dezember 2003 geltend. Er meinte, zwischen den Parteien und dem I. sei verbindlich vereinbart worden, dass der Kläger seine Ausbildung bei der Beklagten absolviere. Üblicherweise werde dazu eine Vereinbarung zur Durchführung eines Praktikums entsprechend dem eingereichten Muster, auf dessen Inhalt Bl. 16 und 17 d. A. Bezug genommen wird, abgeschlossen; dies sei nur versehentlich unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger einen Ausbildungsvertrag mit dem I. oder der Beklagten abgeschlossen habe, ausschlaggebend sei, dass der Kläger planmäßig im Rahmen der Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel ausschließlich bei der Beklagten eingesetzt worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 01.07.2003 ein Arbeitsverhältnis besteht.
  2. Die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine schriftliche Bestätigung über die Art der Tätigkeit, das Gehalt und die sonstigen Arbeitsbedingungen auszustellen.
  3. Die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als vollbeschäftigten Verkäufer zu beschäftigen.
  4. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.492,00 EUR brutto abzüglich geleistetem Arbeitslosengeld i. H. v. 2.236,47 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.01.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meinte, dass ein Übernahmeanspruch nicht bestehe, da der Kläger nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis zur Beklagten gestanden habe. Zwar sei die berufspraktische Ausbildung des Klägers entsprechend dem von ihm vorgelegten Muster vertragsgerecht durchgeführt worden. Daraus und aus der praktis...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge