Verfahrensgang
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 06.01.1998 – 6 (7) Ca 3971/97 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger Entgeltfortzahlung in Höhe von 80 oder 100 % seines Gehalts zusteht.
Der Kläger, der seit 1994 bei der Beklagten beschäftigt ist, erlitt am 29. Mai 1997 auf dem Weg zur Arbeit einen Unfall. Infolgedessen war er bis zum 30. Juni 1997 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte leistete Entgeltfortzahlung in Höhe von 80 % des Bruttomonatsgehalts.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe bei einem Wegeunfall 100 % Entgeltfortzahlung zu, so daß die Beklagte ihm den unstreitigen Differenzbetrag in Höhe von 470,40 DM brutto schulde.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 470,40 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 09.09.1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Forderung des Klägers mit Rechtsausführungen entgegengetreten.
Mit Urteil vom 06.01.1998 hat das Arbeitsgericht Cottbus der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihr am 21.04.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. März 1998 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist bis zum 15.05.1998 am 13.05.1998 begründet.
Sie trägt vor: Der Wegeunfall sei nicht in den Anwendungsbereich der 100 %igen Entgeltfortzahlung einzubeziehen. Auch nach der Neufassung des Entgeltfortzahlungsgesetzes sei von einer Differenzierung zwischen dem klassischen Arbeitsunfall im engeren Sinne und dem Wegeunfall auszugehen. Dafür spreche auch, daß das Wegerisiko nicht Teil des Betriebsrisikos des Arbeitgebers sei, sondern zum allgemeinen Lebensrisiko des Arbeitnehmers gehöre.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 06.01.1998 – 6 (7) Ca 3971/97 – aufzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil mit Rechtsausführungen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist vom Arbeitsgericht formgerecht nach § 64 Abs. 3 ArbGG zugelassen worden. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, daß der Wegeunfall des Klägers einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) begründet. Die Berufungkammer folgt den Ausführungen des Arbeitsgerichts, § 543 ZPO. Die Berufungsbegründung rechtfertigt eine anderweitige Beurteilung nicht.
1. Der Anspruch des Klägers ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 4 Abs. 1 Satz 2 EFZG begründet.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EFZG bemißt sich die Höhe der Entgeltfortzahlung im Falle einer durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit im Sinne des 7. Buches Sozialgesetzbuch verursachten Arbeitsunfähigkeit nach dem Arbeitsentgelt, daß dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zusteht.
2. Der Wortlaut dieser durch Gesetz vom 12. Dezember 1996 neugefaßten Vorschrift ist jedenfalls in dieser Fassung eindeutig. Durch den gesetzlichen Verweis auf das 7. Buch Sozialgesetzbuch hat der Gesetzgeber klar zu erkennen gegeben, daß für die Auslegung des Begriffs „Arbeitsunfall” die Legaldefinition in §§ 7 und 8 SGB VII maßgeblich ist.
§ 8 Abs. 1 SGB VII bestimmt, daß Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit sind.
Abs. 2 dieser Vorschrift regelt, daß versicherte Tätigkeit auch das Zurückliegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (Abs. 2 Ziff. 1) ist. Damit steht fest, daß ein Unfall, den der Versicherte auf dem Weg zur Arbeit erleidet, ein Arbeitsunfall i. S. d. § 8 SGB VII ist und damit den erhöhten Entgeltfortzahlungsanspruch nach der Ausnahmevorschrift in § 4 Abs. 1 Satz 2 EFZG begründet. Zwischen den Parteien ist unstreitig geblieben, daß der Kläger einen Unfall beim Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach dem Ort der Tätigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 Ziff. SGB VII erlitten hat.
3. Diesem vom Wortlaut ausgehenden Auslegungsergebnis steht nicht die Gesetzesgeschichte entgegen. Die im Oktober 1996 in Kraft getretene Änderung des § 4 EFZG durch das sogenannte arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz verwies zunächst noch auf die Vorschriften und Begriffe der §§ 539 ff RVO, obwohl das kurz zuvor verabschiedete Unfallversicherungseinordnungsgesetz vom 07.08.1996 die Bestimmungen der RVO durch die Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicheru...