Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähige Kosten. Reisekosten. Flugkosten

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die erstattungsfähigen Anwaltskosten eines auswärtigen Rechtsanwalts werden in aller Regel durch die Kosten begrenzt, die mit der Heranziehung eines Anwalts aus dem Bezirk des erst- oder zweitinstanzlichen Gerichts verbunden sind.

2) Für die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit Sitz außerhalb des Bezirks des Landesarbeitsgerichts in einem Berufungsverfahren fehlt es in aller Regel wegen des den Arbeitsgerichtsprozess beherrschenden Grundsatzes der Verfahrensverbilligung an einem anerkennenswerten Grund.

3) Flugkosten sind nur erstattungsfähig, wenn die Benutzung der Bahn unzumutbar ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Prozessbevollmächtigte den Gerichtstermin mit einem Zug, der um 6.59 Uhr den Ort der Kanzlei verlässt, erreichen kann.

 

Normenkette

ZPO § 91

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Beschluss vom 17.03.2004; Aktenzeichen 5 Ca 5596/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bremen vom 17.03.2004 wird auf ihre Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 521,30 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien stritten über zwei Instanzen um die Berechtigung einer der Klägerin von der Beklagten ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung. In der ersten Instanz hatte die Klägerin mit ihrer Klage obsiegt, in der zweiten Instanz wurde auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Mit dem Antrag auf Kostenfestsetzung vom 28.10.2003 hat die Beklagte für ihren Prozessbevollmächtigten Reisekosten in Höhe von EUR 490,30 sowie Tage- und Abwesenheitsgeld in Höhe von EUR 31,00 für die Reise von Berlin nach Bremen zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht geltend gemacht. Zur Begründung hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der ehemals in Bremen bestehende Betrieb keine eigene Personalabteilung habe, sämtliche Personalangelegenheiten und arbeitsrechlichen Angelegenheiten würden zentral von der Hauptverwaltung der Beklagten in Berlin verwaltet, zudem sei der Betrieb der Beklagten in Bremen zwischenzeitlich im Verlauf des Rechtsstreits geschlossen und die verbleibenden Arbeitsaufgaben in der Hauptverwaltung nach Berlin bzw. auf den Betrieb der Beklagten nach Hamburg übertragen worden. Eine Beauftragung der Prozessbevollmächtigten in Berlin erfolge stets von der Hauptverwaltung in Berlin für die jeweiligen in Deutschland vertretenen Betriebe der Beklagten. Die Kanzlei sei als Hauskanzlei der Beklagten tätig. Wegen des erstinstanzlichen Urteils zu Gunsten der Klägerin sei die Rechtsvertretung durch die Prozessbevollmächtigten in Berlin geboten gewesen. Die geltend gemachten Reisekosten für eine Flugreise orientierten sich strikt an dem Gebot der Kostenminimierung; denn durch eine etwaige Übernachtung in Bremen und dem weiteren – neben dem beanspruchten– Tage- und Abwesenheitsgeld für einen Tag und den Reisekosten wären höhere Kosten angefallen.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 17.03.2004 die erstattungsfähigen Kosten auf EUR 584,20 festgesetzt und dabei die Reisekosten und das Abwesenheitsgeld in Höhe von insgesamt EUR 521,30, dessen Festsetzung ebenfalls beantragt war, nicht berücksichtigt.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die erstattungsfähigen Reisekosten der Höhe nach begrenzt seien auf die fiktiven Reisekosten einer Partei zum Prozessbevollmächtigten am Gerichtsort. Voraussetzung für die Festsetzung dieser fiktiven Kosten sei jedoch, dass die Partei nicht in der Lage sei, den Prozessbevollmächtigten telefonisch oder schriftlich zu informieren. Der Beklagten, deren Unternehmen bundesweit tätig ist und die als geschäftsgewandt anzusehen sei, sei es zuzumuten gewesen, dass sie einen in Bremen ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt und diesen entsprechend telefonisch oder schriftlich informiert.

Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 23. März 2004 zugestellt. Mit einer am 25. März 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde wendet die Beklagte sich mit Rechtsauführungen unter Hinweis auf eine Entscheidung des LAG Frankfurt gegen diese Entscheidung.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.

Die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte zur Frage der Erstattungsfähigkeit von anwaltlichen Reisekosten von auswärtigen Kanzleien zum Gerichtsort ist auch nach neuen Recht uneinheitlich. Teilweise werden die Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts für grundsätzlich erstattungsfähig gehalten (vgl. OLG Düsseldorf, JurBüro 2002 S,. 435), teilweise wird dies von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht, z.B. Ersparung einer Informationsreise (OLG München, JurBüro 201 S 224), teilweise werden die Reisekosten mit den Kosten für die Beauftragu...

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