Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsänderung. Einstweilige Verfügung. Unterlassung einer Betriebsänderung. Verbot von Entlassungen. Verfügungsanspruch. Gemeinsamer Betrieb

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine ungenaue oder unrichtige Parteibezeichnung kann unschädlich sein. Grundsätzlich ist diejenige Rechtspersönlichkeit als Partei angesprochen, die durch die Parteibezeichnung erkennbar betroffen werden sollte. Die Parteibezeichnung kann dann jederzeit von Amts wegen richtig gestellt werden.

2. Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen setzt voraus, dass die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Dazu müssen sich die beteiligten Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben.

3. Es bleibt offen, ob ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich gem. §§ 111 ff. BetrVG gegeben ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 935, 940, 319; BetrVG § 111 ff., § 21a; KSchG § 17

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen-Bremerhaven (Beschluss vom 26.03.2008; Aktenzeichen 1 BVGa 102/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 26.03.2008 – 1 BVGa 102/08 – abgeändert.

Die Anträge des Antragstellers werden zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller macht einen Anspruch auf Unterlassung betriebsändernder Maßnahmen bis zum Abschluss eines Interessenausgleichs bzw. Scheitern von Verhandlungen in der Einigungsstelle geltend.

Der Antragsteller ist der dreiköpfige Betriebsrat des Bremer Betriebes im Unternehmen der Antragsgegnerin. Der Bremer Betrieb ist der einzige von der Antragsgegnerin betriebene Betrieb. Sie verfügt über keine weiteren wahlberechtigten Arbeitnehmer im Unternehmen. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um ein Unternehmen, welches sich mit dem Groß- und Einzelhandel von elektrischen und elektronischen Geräten beschäftigt. Die Antragsgegnerin nimmt mit ihrem Betrieb am franchiseartig ausgestalteten System der Marke „C.” teil. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 129 ff. d. A. Bezug genommen.

In Bremen besteht seit dem 02.01.2007 ein weiteres Elektro-/Elektronikgeschäft, das von der C. SE in der B. straße 2 geführt wird. Die C. SE ist durch Umgründung aus der C. GmbH hervorgegangen. Dort arbeiten mindestens 40 Arbeitnehmer. Ein Beschlussverfahren auf Feststellung eines gemeinsamen Betriebes der Antragsgegnerin mit der Betriebsstätte B. straße ist unter dem Aktenzeichen 1 BV 103/08 vor dem Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven anhängig.

Im Unternehmen der Antragsgegnerin waren bis Februar 2007 30 Arbeitnehmer beschäftigt. Bis zum 14.09.2007 schieden fünf Arbeitnehmer aufgrund nicht verlängerter befristeter Arbeitsverhältnisse, einer Eigenkündigung bzw. eines Aufhebungsvertrages aus. Zum 30.09.2007 sprach die Antragsgegnerin fünf betriebsbedingte Kündigungen aus. Dieser Maßnahme lag eine Aktennotiz des Geschäftsführers der Antragsgegnerin vom 01.08.2007 (Bl. 297 f d. A.) zugrunde. Im Oktober schied eine Mitarbeiterin aufgrund eines Aufhebungsvertrages aus, im November 2007 wurden vier arbeitgeberseitig veranlasste Aufhebungsverträge unterzeichnet. Dieser Maßnahme lag eine weitere Aktennotiz des Geschäftsführers der Antragsgegnerin vom 01.11.2007 (Bl. 299 f d. A.) zugrunde.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind bei der Antragsgegnerin noch 17 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt. An den Öffnungszeiten änderte sich nichts. Im Betrieb fielen weiterhin durchschnittlich 210 Überstunden im Monat an bzw. wurden in den nächsten Monat vorgetragen. Der Urlaub von Arbeitnehmern wurde auch im Jahre 2008 wie im Vorjahr abgewickelt.

Aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten hat die Antragsgegnerin auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 03.03.2008 beschlossen, ihren Betrieb in Bremen zum 31.03.2008 stillzulegen (Bl. 301 d. A.). Herr St. hatte von dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin am 01.09.2006 eine Generalvollmacht erhalten. Am 03.03.2008 wurde ihm im Hinblick auf den Stilllegungsbeschluss eine weitere Vollmacht erteilt. Das Mietverhältnis über das Ladengeschäft, in dem die Antragsgegnerin den Betrieb in Bremen unterhält, war von der C. GmbH & Co. KG mit Schreiben vom 30.01.2008 zum 30.06.2008 gekündigt worden. Es war nach geeigneten freien Räumen für die Antragsgegnerin gesucht worden. Nach Auffassung der Antragsgegnerin wurden passende Räumlichkeiten aber bis Ende Februar 2008 nicht gefunden. Der Netto-Netto-Umsatz hatte sich erheblich in dem Zeitraum Dezember 2007 bis Februar 2008 verschlechtert.

Am 19.03.2008 erhielt der Antragssteller die Anhörungen zur beabsichtigten Kündigung von 17 Mitarbeitern aus...

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