rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

In einem erstinstanzlich gestellten Antrag auf Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten gemäss § 114 Abs. 1 ZPO ist als „Minus” auch der Antrag enthalten, eine Beiordnung nach § 11 a Abs. 1 ArbGG zu gewähren.

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Beschluss vom 22.11.1985; Aktenzeichen 2 Ca 2361/85)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen vom 22.11.1985 – 2 Ca 2308/85 – aufgehoben.

Dem Kläger wird für die erste Instanz Prozesskostenhilfe – ohne Ratenzahlungen bewilligt und Herr Rechtsanwalt … beigeordnet.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Aufhebung eines seit dem 17.01.1983 bestehenden Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag vom 18.05.1985.

Der Kläger hatte wegen finanzieller Schwierigkeiten von der Beklagten die Genehmigung erhalten, bei einer bestimmten Tankstelle für Fahrten, die er im dienstlichen Interesse in Wahrnehmung seiner arbeitsvertraglichen Aufgaben durchzuführen hatte, auf Kosten der Beklagten zu tanken. Der Kläger machte von dieser Möglichkeit Gebrauch, erwarb jedoch gleichzeitig Tabakwaren und Süsswaren, die auf den Tankrechnungen gesondert ausgewiesen wurden und die er ebenso wie den Kauf von Kraftstoff mit seiner Unterschrift quittierte. Während der Kläger arbeitsunfähig erkrankt war, wurde er zu der Beklagten gebeten. In einem Gespräch wurde ihm der Tabakwaren- und Süsswarenkauf vorgehalten. Der Kläger unterschrieb daraufhin den Aufhebungsvertrag am 18.05.1985. Die Willenserklärung des Klägers wurde durch Anwaltsschreiben vom 11.06.1985 angefochten.

Der Kläger hat vorgetragen, zwischen ihm und der Beklagten sei vereinbart worden, dass die auf der Tankkarte vermerkten Beträge mit den Spesen des Klägers verrechnet werden. Er habe nicht nur tanken, sondern auch Tabak und Süsswaren kaufen dürfen, da die Kosten für diese Waren ebenfalls mit den Spesen hätten verrechnet werden sollen. Bei dem Gespräch habe der Zeuge … behauptet, dies sei Diebstahl, wenn der Kläger den Aufhebungsvertrag unterschreibe, werde die Personalabteilung keine rechtlichen Schritte gegen den Kläger unternehmen. Ferner sei gesagt worden, wenn der Kläger nicht unterschreibe, werde es zur Anzeige kommen. Der Kläger sei daraufhin derart eingeschüchtert gewesen, so dass er keinen anderen Weg gesehen habe, als den Vertrag zu unterschreiben. Erst durch den Hinweis seines Rechtsanwalts, dass es sich nicht um eine Unterschlagung oder einen Diebstahl handele, habe der Kläger seine Erklärung angefochten. Der Kläger hat mit der Klage beantragt,

dem Kläger für das Verfahren und einen Vergleich Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt … beizuordnen;

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Vereinbarung auf Aufhebung des Arbeitsvertrages vom 18.05.1985 mit der Beklagten nicht aufgelöst ist.

Die anwaltlich vertretene Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger habe das Vertrauen missbraucht, das die Beklagte in ihn gesetzt habe, indem er bei der Tankstelle mehrfach Tabak und Süsswaren für den eigenen Gebrauch gekauft habe. Der Kläger sei daraufhin durch seinen Vorgesetzten zu einem Gespräch gebeten. Dieses Gespräch habe lediglich dem Ziel dienen sollen, dass der Kläger nicht weiter auf Kosten der Beklagten Lebens- und Genussmittel zum persönlichen Bedarf einkaufe. In dem Gespräch seien die Parteien übereingekommen, das bestehende Anstellungsverhältnis einvernehmlich zu beenden, und zwar mit Wirkung vom 20. Mai 1985. Es sei kein Druck ausgeübt worden.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 22.11.1985 dem Kläger die Prozesskostenhilfe verweigert.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Widerrechtlichkeit der Drohung mit einer Strafanzeige ergebe sich weder aus dem angedrohten Mittel noch aus dem mit der Drohung bezweckten Erfolg. Die Erhebung einer Strafanzeige sei angesichts des gegen den Kläger sprechenden Verdachts nicht verboten gewesen. Die Beklagte sei im konkreten Fall berechtigt gewesen, den Kläger zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu bewegen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die zu Protokoll des Arbeitsgerichts am 10. Dezember 1985 eingelegte Beschwerde, die der Kläger in der Beschwerdeinstanz mit weiteren Einzelheiten aus dem Gespräch, das zur Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag geführt hat, begründet. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Nach Auffassung der Beschwerdekammer sind sowohl die Voraussetzungen des § 114 Abs. 1 ZPO gegeben. In jedem Fall aber hätte das Arbeitsgericht eine Beiordnung gemäss § 11 a ArbGG vornehmen müssen, da auch in einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe als „Minus” ein Antrag auf Beiordnung gemäss § 11 a ArbGG enthalten ist.

1. Gemäss § 114 Abs. 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskoste...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge