nicht rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 23 i.V.m. §§ 24, 25 ETV-Arb Deutsche Post AG (Tarifvertrag Nr. 75 d Dritter Teil) verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG und § 4 Abs. 2 TzBfG, soweit er solche befristet beschäftigte Arbeitnehmer von der Zahlung von Besitzstandszulagen ausschließt, die sowohl am 31.12.2000 als auch am 01.01.2001 im befristeten Arbeitsverhältnis stehen. Dieser Verstoß wirkt sich auch im Rahmen eines im Anschluss an das befristete Arbeitsverhältnis oder vor dessen Auslaufen begründeten unbefristeten Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber aus.

2. Sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung dieser befristet Beschäftigten sind § 23 ETV-Arb nicht zu entnehmen. Keine sachlichen Gründe sind wegen § 4 Abs. 2 TzBfG solche, die typischerweise im befristeten Arbeitsverhältnis gegeben sind. Die Tarifvertragsparteien konnten deshalb trotz ihrer Tarifautonomie gem. Art. 9 Abs. 3 GG keine diese befristet Beschäftigten benachteiligenden tariflichen Regelungen vereinbaren, weil auch sie an § 4 Abs. 2 TzBfG gebunden sind.

3. Sinn und Zweck des umfassenden Diskriminierungsschutzes für befristet beschäftigte Arbeitnehmer gem. § 4 Abs. 2 TzBfG gebieten, dass ein Anspruch solcher Arbeitnehmer auf Zulagen auch in dem neu begründeten unbefristeten Arbeitsverhältnis besteht, wenn dieses sich unmittelbar an das befristete Arbeitsverhältnis anschließt.

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 02.05.2000; Aktenzeichen 2 Ca 2208/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 02.05.2000 – 2 Ca 2014/99 + 2208/99 – abgeändert, soweit die Klage in Höhe weiterer DM 6.974,56 nebst 4 % Zinsen seit dem 11.02.1998 abgewiesen worden ist und die Klägerin auf die Widerklage hin verurteilt wurde, an die Beklagte DM 6.000,– nebst 4 % Zinsen seit dem 20.10.1999 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere DM 6.974,56 nebst 4 % Zinsen seit dem 11.02.1998 zu zahlen.

Die Widerklage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die unselbständige Anschlussberufung der Beklagten wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts trägt die Klägerin.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt im übrigen die Beklagte.

Die Revision wird gegen dieses Urteil nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob und inwieweit die Beklagte Anspruch auf Arbeitsentgelt oder die Klägerin Anspruch auf Rückzahlung eines Einarbeitungszuschusses hat sowie über eine von der Klägerin verlangte Rückzahlung von Ausbildungskosten. In diesem Zusammenhang haben die Parteien unterschiedliche Auffassungen darüber, ob es sich bei ihrem Vertragsverhältnis um ein Arbeits- oder um ein freies Handelsvertreterverhältnis handelte.

Mit Vereinbarung vom 30.09.1996 (Bl. 19 ff d.A.) schlossen die Parteien eine als „Hauptberuflicher Handelsvertretervertrag” überschriebene schriftliche Vereinbarung ab. Ob und welche Zusagen der Beklagten in diesem Zusammenhang gemacht wurden, ist zwischen den Parteien streitig. Die Vereinbarung sah den Beginn des „Hauptberuflichen Handelsvertretervertrages gemäß §§ 84 ff HGB” mit dem 01.10.1996 vor und lautete u. a. wie folgt:

„…

Sie haben heute bei B. einen Personalbogen und ein Vertragsdeckblatt unterzeichnet und damit bestätigt, alle für eine Zusammenarbeit mit B. notwendigen Vertragsunterlagen zur Kenntnis genommen zu haben.

1. Rückzahlbarer Aufbauzuschuss

Sie erhalten ab dem 01.10.1996 mit der jeweiligen Provisionsabrechnung einen monatlichen Aufbauzuschuss in Höhe von 3.000,– DM für 6 Monate, maximal jedoch 18.000,– DM.

Abgesehen vom ersten Monat wird der Aufbauzuschuss nur solange gezahlt, wenn sie jeweils im Vormonat im Durchschnitt mindestens 5 Erstbesuche pro Woche zuzüglich der daraus resultierenden Verkaufstermine durchgeführt und fortlaufende Wochenpläne und ESDADAS erstellt haben, sowie entsprechende Umsatzergebnisse im e. G. vorweisen können.

Nach Ablauf von 12 Monaten ab Beginn dieses Vertrages wird der gezahlte Aufbauzuschuss mit dem bis dahin abgerechneten Nettoneugeschäft (EU) auf der Basis 10,– DM pro Einheit verrechnet (max. 18.000,– DM). Sollte sich ein negativer Saldo ergeben, ist dieser ratierlich in längstens 12 Monatsraten zurückzuführen; ein Überschuss entsteht nicht.

Sofern in dem noch abzuschließenden hauptberuflichen Handeslvertretervertrag nicht ausdrücklich anders geregelt wird, erfolgt die Zahlung des zurückzuzahlenden Aufbauzuschusses auch während der Geltung des beabsichtigten Handelsvertretervertrages bis zum Ablauf der vereinbarten Zahlungszeit. Voraussetzung für die Zahlung des Aufbauzuschusses ist ein ungekündigtes Vertragsverhältnis. Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses wird eine mögliche Forderung sofort fällig.

2. Provisionszahlungen

Zusätzlich erhalten Sie während der Zahlung des Aufbauzuschusses für vermitteltes Geschäft Provisionen entsprechend der Rangstufe 1 A (E.n.a.G. × 10,– DM) des jeweils geltenden Mitarbeiter-Aufstiegs-System...

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