Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 19.10.1994; Aktenzeichen 7 Ca 7609/93)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 19.10.1994 – 7 Ca 7607/93 verb. m. 7608/93 und 7609/93 – wird auf ihre Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Die Revision wird gegen das Urteil zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob den Klägern unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ein Zuschuß zum Kurzarbeitergeld nach den Grundsätzen zusteht, die der Mantel-Tarifvertrag für die Metallindustrie im Unterwesergebiet (künftig: MTV) für Angestellte aufstellt. Die Kläger sind gewerbliche Arbeitnehmer.

Die Parteien sind Mitglieder der tarifschließenden Verbände dieses Tarifvertrages.

Von Januar 1993 bis Mai 1994 wurde im Betrieb Bremen der Beklagten – auch von den Klägern – kurzgearbeitet. Während dieser Zeit zahlte die Beklagte nach den tariflichen Regelungen zwar den Angestellten, nicht aber den gewerblichen Arbeitnehmern und damit auch nicht den Klägern einen Zuschuß zum Kurzarbeitergeld. Der Kurzarbeitszuschlag für April 1993 wurde spätestens am 30.04.1993 an die Angestellten bei der Beklagten ausgezahlt. Laut einem Aushang vom 09.06.1993 erfolgte die Zahlung allerdings unter dem Vorbehalt der Wirksamkeit der maßgeblichen Tarifnorm (Bl. 30 d.A.). Würden die tariflichen Regelungen auch auf die Kläger angewendet, stünde ihnen der von ihnen jeweils eingeklagte Betrag für den Monat April 1993 zu. Die Kläger haben diesen Betrag unter Wahrung der tariflichen Ausschlußfristen geltend gemacht.

Bei der Beklagten sind ca. 1450 Arbeitnehmer beschäftigt, darunter ca. 400 Angestellte. In der Metallindustrie im Tarifbereich Unterweser stehen ca. 9.900 Angestellte ca. 21.600 gewerblichen Arbeitnehmern gegenüber; dies ergibt prozentual ein Verhältnis von 32 % zu ca. 68 %. Soweit Kurzarbeit angeordnet wird, betrifft sie zunächst die Produktion.

Die vorliegende Klage ist Teil eines Massenverfahrens, bei dem es in Bremen um mehr als 400 Fälle geht. Außerdem ist in Hamburg ebenfalls ein Massenverfahren von ca. 200 Arbeitnehmern anhängig gemacht worden. Müßte die Beklagte für alle Betriebe, in denen eine dem MTV entsprechende Regelung besteht, für den Zeitraum der Kurzarbeit den Zuschuß nachzahlen, entständen für sie Kosten in einer Größenordnung von ca. 9,1 Millionen DM.

Ein von dem bei der Beklagten gebildeten Gesamtbetriebsrat eingeleitetes Einigungsstellenverfahren zu der hier streitigen Frage ist im Sommer 1993 für erledigt erklärt worden.

Die Klagen sind am 23. Dezember 1993 der Beklagten zugestellt worden. Die Verfahren wurden durch Beschluß des Arbeitsgerichts vom 14. März 1994 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, ihnen stehe unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ebenfalls ein Zuschuß zum Kurzarbeitergeld zu.

Sie haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger zu 1. 62,36 DM brutto, der Klägerin zu 2. 45,62 DM brutto und dem Kläger zu 3. 58,33 DM brutto jeweils nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung gewesen, ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege nicht vor; er führe jedenfalls nicht zur Angleichung nach oben.

Das Arbeitsgericht Bremen hat am 19. Oktober 1994 folgendes Urteil verkündet:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an

  1. den Kläger zu 1. DM 62,36 brutto
  2. die Klägerin zu 2. DM 45,62 brutto
  3. den Kläger zu 3. DM 58,33 brutto

    jeweils nebst 4 % Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 23.12.1993 zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf DM 166,31 festgesetzt.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wegen der Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf Bl. 52–62 d.A. Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 1. November 1994 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. Dezember 1994 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch Beschluß des Landesarbeitsgerichts vom 2. Dezember 1994 bis zum 1. Februar 1995 am 27. Januar 1995 begründet.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ferner vor:

Das Geschäftsjahr 1992 sei mit einem bereinigten Verlust von ca. 812 Millionen DM und im Geschäftsjahr 1993 mit einem solchen von 315 Millionen DM abgeschlossen worden. Für das Geschäftsjahr 1994 werde ein Verlust von 351 Millionen DM erwartet. Unter Zugrundelegung dieser Ergebnisse habe sie bei dem insoweit zuständigen Arbeitsamt Hamburg gemäß § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG einen Antrag auf Befreiung von der Erstattungspflicht des Arbeitslosengeldes gestellt, über den bislang noch nicht entschieden worden sei. Eine rückwirkende Angleichung der Arbeiter an die Angestellten hinsichtlich des Kurzarbeitszuschusses würde zu einer übermäßigen Kostenbelastung für sie fahren.

Da der Aushang (Bl. 30 d.A.) am 09.06.1993 erfolgt sei, also im Rahmen der tarifvertraglichen Ausschlu...

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