Entscheidungsstichwort (Thema)
Weitergehende Verpflichtung zur Darlegung des Verfügungsgrundes bei nicht unstreitigem Verfügungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Auslegung und Durchsetzung eines Antrags auf Freistellung von Kosten für eine noch durchzuführende Betriebsratsschulung.
2. Dem Betriebsrat kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf Gewährung einer Schulung für seine Mitglieder nicht entgegengehalten werden, er könne den Schulungsanspruch zunächst durch finanzielle Vorleistungen Dritter, etwa seiner Mitglieder, sichern und benötige daher keine einstweilige gerichtliche Hilfe (a. A. Hessisches LAG, 22.05.2017 - 16 TaBVGa 116/17, juris).
3. Ist der Verfügungsanspruch zweifelhaft (hier wegen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zu klärenden Frage der Tariffähigkeit einer Gewerkschaft), bedarf es für den Erlass einer sogenannten Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung im Rahmen einer Folgenabwägung eines besonderen Verfügungsgrundes (hier: der bloße Untergang des Anspruchs auf eine bestimmte Betriebsratsschulung wegen Zeitablaufs rechtfertigt den Erlass der Verfügung angesichts der damit verbundenen Kosten von über 6.000,00 € nicht, wenn nicht weitere Nachteile zu besorgen sind).
Leitsatz (redaktionell)
Besonders hohe Anforderungen bestehen an die Darlegungslast zum Verfügungsgrund, wenn zwischen den Parteien Streit über den geltend gemachten Verfügungsanspruch herrscht. Hier sind die Folgen einer Ablehnung des Antrages in besonderem Maße vorzutragen und zu würdigen.
Normenkette
ZPO §§ 894, 935, 940; BetrVG §§ 3, 37 Abs. 6, § 40; GG Art. 19 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 25.10.2017; Aktenzeichen 3 BVGa 18/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.10.2017 - 3 BVGa 18/17 - wird zurückgewiesen.
Tatbestand
Der antragstellende Betriebsrat begehrt im einstweiligen Verfügungsverfahren zweitinstanzlich noch die Verpflichtung der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin, zwei seiner Mitglieder von den Kosten für die Schulung "Arbeitsrecht Teil 1" (Seminargebühr, Vollpension, Reisekosten etc.) vom 11. 12.2017 bis zum 15.12.2017 freizustellen.
Die Arbeitgeberin erbringt von ihrem Sitz in S. und rund 80 Depots in Nordrhein-Westfalen aus Postdienstleistungen. Am 08.02.2016 wurde durch rechtskräftigen Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (14 Ta 35/15) nach jahrelangem Rechtsstreit für zwei Depots in N. ein Wahlvorstand bestellt. Die Arbeitgeberin schloss daraufhin am 18./20.04.2016 mit der Christlichen Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT) einen Tarifvertrag "über Betriebsratsstrukturen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BetrVG" (Zuordnungs-TV). Am 18.07.2016 wählten die Arbeitnehmer der beiden N. Depots einen fünfköpfigen Betriebsrat. Ein von der Arbeitgeberin gegen diese Wahl eingeleitetes Anfechtungsverfahren ist ausgesetzt (ArbG Düsseldorf, 3 Bv 334/16). Am 28.10.2016 wurde auf Grundlage des Zuordnungs-TV ein weiterer, unternehmenseinheitlicher Betriebsrat mit 15 Mitgliedern gewählt und das Wahlergebnis anschließend bekannt gegeben. Ein vom N. Betriebsrat gegen diese Wahl eingeleitetes Anfechtungsverfahren führte zur Zurückweisung der Anträge, da die Wahl des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats wirksam sei (ArbG Düsseldorf 04.05.2017 - 5 Bv 349/16). Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist anhängig beim LAG Düsseldorf (7 TaBv 40/17; Termin am 13.12.2017).
Am 06.10.2017 fasste der N. Betriebsrat den Beschluss, zwei seiner Mitglieder zu dem Grundlagenseminar "Arbeitsrecht I" in Hamburg für den Zeitraum 27.11. bis 01.12.2017 oder ersatzweise zu dem inhaltsgleichen Seminar in Köln im Zeitraum 11. bis 15.12.2017 zu entsenden. Ferner beschloss er, seinen Schulungsanspruch durch seinen Verfahrensbevollmächtigten gerichtlich durchzusetzen.
Die Arbeitgeberin erklärte sich ausschließlich zur Übernahme der Kosten für das Seminar in Köln bereit, allerdings ohne Übernachtungskosten.
Mit seinem am 10.11.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, einen Anspruch auf Schulung und vollständige Kostenübernahme einschließlich der Übernachtungskosten zu haben. Für dieses Verfahren sei zu unterstellen, dass er nach wie vor im Amt sei. Zudem ergebe sich aus der vorgelegten Beschwerdebegründung zum Verfahren mit dem Az. 7 TaBv 40/17, dass die erstinstanzliche Entscheidung zur Wirksamkeit der Wahl des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats fehlerhaft und deshalb abzuändern sei.
Auch müsse der Betriebsrat die Möglichkeit haben, seinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten der Schulung im Eilverfahren geltend zu machen, da sonst ein effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet sei. Er behauptet diesbezüglich, dass die entsandten Betriebsratsmitglieder finanziell nicht in der Lage seien, die Übernachtungskosten für das Seminar vorzustrecken, so dass der Schulungsanspruch leer liefe, wollte man den Antragsteller auf das Hauptsacheverfahren verweisen.
Die Arbeitgeberin hat demgegenü...