Entscheidungsstichwort (Thema)

Informationsanspruch des Betriebsrats. Falschbezeichnung einer personellen Einzelmaßnahme

 

Leitsatz (redaktionell)

Verwendet der Arbeitgeber bei der Unterrichtung des Betriebsrats eine offensichtliche Falschbezeichnung (hier: "Versetzung" an Stelle "Einstellung") und ist dieser Irrtum für den Betriebsrat erkennbar, nimmt dies der Mitteilung nicht die Informationswirkung des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Aktenzeichen 3 BV 18/11)

 

Tenor

  • 1)

    Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des und wie folgt formuliert:

    Es wird festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Mitarbeiters X.-B. X. als erteilt gilt.

    Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

  • 2)

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Frage, ob der Antragsgegner zu einer beabsichtigten Einstellung des Mitarbeiters X. ordnungsgemäß angehört worden ist. Die Antragstellerin (Arbeitgeberin) ist ein weltweit tätiges Unternehmen mit Sitz in N. und C.. Antragsgegner ist der bei ihr am Standort N. eingerichtete Betriebsrat.

Die Arbeitgeberin beschloss am 03.12.2009, den bisher selbständig geführten Geschäftsbereich "T. IT Solutions und Service" (T.) auszugliedern und mit Wirkung zum 01.10.2010 auf die neugegründete T. GmbH zu übertragen. Im T.-Bereich war bis zu diesem Zeitpunkt unter anderem der Mitarbeiter X.-B. X. als "Senior Consultant" mit einem Jahreszieleinkommen von rund 90.000,-- € brutto beschäftigt. Der Mitarbeiter X. widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die T. GmbH und wurde danach in den verbliebenen T.-Restbetrieb in N. integriert.

Unter dem 15.11.2010 beschloss die Arbeitgeberin, diesen Restbetrieb spätestens zum 30.09.2011 zu schließen und vereinbarte dazu mit dem bei ihr eingerichteten Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan.

Mit Schreiben vom 14.02.2011 hörte die Arbeitgeberin den für den Betrieb N. gebildeten Betriebsrat zu einer beabsichtigten Änderungskündigung des Mitarbeiters X. an (Bl. 48 ff. d. A.). Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 24.02.2011 der beabsichtigten Kündigung (Bl. 19 ff. d. A.). Mit einem weiteren Schreiben vom 03.03.2011 (Bl. 95 - 97 d. A.) hörte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat (in N.) zu einer beabsichtigten personellen

Maßnahme an. In dem Anhörungsschreiben heißt es unter anderem:

"Betreff: Unterrichtung gemäß § 99 BetrVG zur Versetzung sowie Eingruppierung von Herrn X.-B. X.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die T. Aktiengesellschaft (im Folgenden "T. AG") hat gegenüber X.-B. X., geboren am 28.03.1959, wohnhaft in C.-I.-Str. 14, M., zur Fortsetzung seines mit der T. AG bestehenden Arbeitsverhältnisses Ende Februar 2011 eine ordentliche, betriebsbedingte Änderungskündigung ausgesprochen.

Zu der dieser Änderungskündigung immanenten Zuweisung von neuen Arbeitsbedingungen hören wir Sie hiermit gemäß § 99 BetrVG an.

Die Voraussetzung sowie die Eingruppierung von X.-B. X. ist aus folgenden Gründen erforderlich:

...

Da der Arbeitsplatz von X.-B. X. weggefallen ist, im Unternehmen aber eine geeignete und zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht, werden wir die Versetzung sowie die Eingruppierung vornehmen.

...

Ergänzend teilen wir mit, dass wir beabsichtigen, mit der Änderungskündigung die Freistellung von X.-B. X. zu widerrufen und ihm die freie Stelle bereits zum 01.04.2011 zuzuweisen. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wird das derzeitige Gehalt unverändert fortgezahlt.

...

Das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG wurde bereits separat durchgeführt.

Wir bitten Sie, Ihre Zustimmung zu der Versetzung sowie zur Eingruppierung - auch bereits ab dem 01.04.2011 - zu geben."

Der Betriebsrat antwortete am 11.03.2011 wie folgt:

"...

Sehr geehrter Herr G.,

der Betriebsrat widerspricht der Versetzung gemäß § 99 Abs. 2.4 BetrVG.

Begründung

Die im Energy Sektor in N. angebotene Stelle entspricht nicht der fachlichen Qualifikation von Herrn X..

Das monatliche Gehalt von 5.040 Euro liegt weit unter dem aktuellen Jahresgehalt von rund 91.000,-- Euro.

Dies ergibt eine Minderung um ca. 35 %.

Die angebotene Stelle ist nicht gleichwertig und nicht zumutbar.

Ferner hat sich Herr X. auf freie Stellen beworben, welche weniger einschneidende Veränderungen mit sich gebracht hätten:

ID14321 Senior Consultant N. AT Stelle

ID16466 Fachreferent Supply Chain Governance N. AT Stelle

ID15817 Senior Consultant F. ERA12/AT Stelle

ID36257 Prozess Manager F. AT Stelle

ID32538 Leiter Logistik N. AT Stelle...

Deshalb wäre er durch eine Versetzung benachteiligt, ohne dass dies aus betrieblichen Gründen oder Gründen, die in seiner Person liegen, gerechtfertigt ist."

Mit Schreiben vom 25.02.2011 hatte die Arbeitgeberin im Übrigen gegenüber dem Mitarbeiter X. eine ordentliche Änderungskündigung zum 30.09.2011 ausgesprochen, gegen die der Mitarbeiter Kündigungsschutzklage erhoben hat, die bisher noch nicht rechtskräftig entschieden wurde.

Mit ihrem am 18.0...

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