Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuweisung eines anderen Arbeitsberichts durch Änderung der Arbeitsaufgaben (hier: Entzug der Aufgaben mit höherer Verantwortung)

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zuweisung von Vorarbeitertätigkeiten mit einem Umfang von mindestens 20% an einen Staplerfahrer stellt eine mitbestimmungspflichtige Versetzung dar.

 

Normenkette

BetrVG §§ 95, 95 Abs. 3 S. 1, § 99 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Beschluss vom 02.09.2010; Aktenzeichen 4 BV 42/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 02.09.2010 – 4 BV 42/10 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird für die Arbeitgeberin zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme.

Die Arbeitgeberin, die regelmäßig mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt, ist in der Fertigung von Betonprodukten sowie deren Verkauf und Lieferung tätig. Der Antragsteller ist der bei ihr gebildete Betriebsrat. Im Betrieb der Arbeitgeberin wird in einem Zwei-Schichten-Rhythmus mit einer Früh- und einer Mittagsschicht gearbeitet.

Der Arbeitnehmer Q. H. ist Mitglied des Betriebsrates. Er wurde am 01.07.2002 als Staplerfahrer im Werk P. eingestellt. Er ist in dem Arbeitsbereich „Verladung” beschäftigt. Dort sind neben dem Meister X. insgesamt zehn Arbeitnehmer tätig. Herr H. wurde in dieser Abteilung bis Mitte Mai 2010 zusätzlich als Vorarbeiter eingesetzt. Der Meister X. ist nur in der Frühschicht, nicht aber in der Mittagsschicht tätig. Er ist zudem nicht donnerstags anwesend. Die Vorarbeiterfunktion fällt in der Mittagsschicht sowie bei krankheits- oder urlaubsbedingter Abwesenheit des Meisters X. in der Frühschicht sowie donnerstags in der Frühschicht an.

Neben dem Mitarbeiter H. wurde auch der Mitarbeiter H. als Vorarbeiter eingesetzt. Der Mitarbeiter W. wurde für den Fall, dass einer der Vorarbeiter urlaubs- oder krankheitsbedingt verhindert ist, als stellvertretender Vorarbeiter eingesetzt. Für diese zusätzliche Vorarbeitertätigkeit erhielt Herr H. eine Funktionszulage von circa 10 % seines Stundenlohns.In den Monaten Januar 2009 bis April 2009 fiel für ihn u. a. aufgrund von Kurzarbeit wenig Vorarbeitertätigkeit an. Die Arbeitgeberin rechnete zu seinen Gunsten für Mai 2009 eine Funktionszulage für die Vorarbeitertätigkeit über 117 Stunden ab. Für Juni 2009 rechnete sie für ihren Mitarbeiter H. eine Funktionszulage über 62 Stunden, für Juli 2009 über 117 Stunden, für August 2009 über 85 Stunden und für September 2009 über 63 Stunden ab. In dem zuletzt genannten Monat erkrankte Herr H.. Seine Arbeitsunfähigkeit dauerte bis Anfang April 2010.

Mitte Mai 2010 teilte Herr X. Herrn H. mit, dass dieser künftig nur noch als Staplerfahrer eingesetzt werde. Seit Mitte Mai 2010 nimmt der Arbeitnehmer X. neben dem Mitarbeiter H. die Vorarbeiterfunktion in dem Arbeitsbereich „Verladung” wahr. Der Mitarbeiter W. ist weiterhin als stellvertretender Vorarbeiter tätig.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.06.2010 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, Herrn H. wieder in seiner bisherigen Funktion einzusetzen. Diese teilte dem Betriebsrat daraufhin am 10.06.2010 schriftlich mit, dass eine Versetzung von Herrn H. vom Vorarbeiter zum Staplerfahrer zu keiner Zeit stattgefunden habe. Dieser sei als Staplerfahrer eingestellt worden und arbeite nach wie vor in dieser Funktion.

Mit seinem am 21.06.2010 beim Arbeitsgericht Oberhausen eingereichten Antrag begehrt der Betriebsrat, der Arbeitgeberin aufzugeben, die Versetzung des Mitarbeiters H. vom Vorarbeiter zum Staplerfahrer rückgängig zu machen.

Der Betriebsrat hat im Wesentlichen behauptet:

Der Mitarbeiter H. sei im Juni 2002 zum Vorarbeiter bestellt und seither so eingesetzt worden. Nur er und Herr H. seien bis Mitte Mai 2010 regelmäßig, und zwar zu mehr als 50 % ihrer Arbeitszeit, als Vorarbeiter beschäftigt worden. Beide Herren hätten sich in der Früh- und Mittagsschicht abgewechselt, wobei der Rhythmus alle zwei Wochen geändert worden sei. Bis Mitte Mai 2010 sei der Mitarbeiter X. nicht als Vorarbeiter tätig gewesen. Die Tätigkeit des Vorarbeiters bestehe darin, zu Beginn seiner Schicht die vier ihm unterstellten Gabelstaplerfahrer zu den verschiedenen Aufgabenbereichen einzuteilen. Er habe im Bereich des Kommissionierens die schriftlichen Aufträge der Disposition – es handele sich um circa 40 Aufträge pro Schicht – zu verteilen. Nach Abschluss der Zusammenstellung der jeweiligen Kommission kontrolliere er, und zwar zu 50 %, die Richtigkeit der Zusammenstellung an Hand der schriftlichen Aufträge. Außerdem müsse er Mitarbeiter einteilen, wenn Staplerfahrer in der Produktion benötigt würden. Er müsse circa alle zwei Stunden die Mitarbeiter, die die Produktionsbahnen abfahren würden, kontrollieren. Wenn die Produktionsbahnen wegen einer Störung stillständen, müsse er die Mitarbeiter zu anderen Arbeiten einteilen. Die Funktion des Vorarbeiters als Ansprechpartner bestehe darin, bei Fragen der Dis...

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