Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestand des Betriebsrats bei einer Betriebsabspaltung. Zugehörigkeit nach der Abspaltung betriebsfremder Mitarbeiter zum Betriebsrat. Rechte des Betriebsrats hinsichtlich eines nicht mit dem bisherigen Betrieb identischen abgespaltenen Betriebsteils

 

Leitsatz (amtlich)

1.a. Behält bei einer Betriebsabspaltung der bisherige Betrieb seine Identität, bleibt dessen Betriebsrat im Amt. Für ein Übergangsmandat ist in diesem Fall kein Raum. Dies gilt entsprechend für die Schwerbehindertenvertretung. § 21a BetrVG kommt nicht über § 94 Abs. 8 SGB IX zur Anwendung.

1.b. Die personelle Zusammensetzung des Betriebsrats bestimmt nach den allgemeinen Regeln. Nach der Abspaltung betriebsfremde Mitarbeiter scheiden aus dem Betriebsrat aus. Entsprechendes gilt für die Schwerbehindertenvertretung. Dadurch, dass die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen durch einen Widersprich gegen den Betriebsübergang betriebsfremd wird, ändert sich nichts.

2.a. Für den abgespaltenen Betriebsteil, der nicht mit bisherigen Betrieb identisch ist, besteht gemäß § 21a BetrVG ein Übergangsmandat. Dieses wird von dem Betriebsrat ausgeübt, der im Regelmandat für den bisherigen Betrieb zuständig ist, dessen Identität erhalten gebelieben ist. Dies gilt entsprechend gemäß § 94 Abs. 8 SGB IX für das Übergangsmandat der Schwerbehindertenvertretung.

2.b. Der Betriebsrat des bisherigen Betriebs, der seine Identität behalten hat, nimmt in der gleichen personellen Zusammensetzung das Übergangsmandat wahr. Dies folgt aus dem Vorrang des Regelmandats. Entsprechendes gilt für die Schwerbehindertenvertretung

 

Normenkette

ArbGG § 83 Abs. 3; BetrVG § 21a; SGB IX § 94 Abs. 1, § 97 Abs. 6; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 890; SGB IX § 94 Abs. 7-8

 

Verfahrensgang

ArbG Solingen (Entscheidung vom 28.07.2017; Aktenzeichen 1 BVGa 2/17)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom 28.07.2017 - 1 BVGa 2/17 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

A.Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin noch bis zum 31.12.2017 das Amt der Schwerbehindertenvertretung bei den Beteiligten zu 4) und 6) innehat.

Die Antragstellerin war Mitarbeiterin und Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen bei der Beteiligten zu 4) (im folgenden A. AG). Der Beteiligte zu 7) war ihr erster und der Beteiligte zu 3) ihr zweiter Stellvertreter. Bei der A. AG war die Antragstellerin zudem Betriebsrätin.

Mit Wirkung zum 01.07.2017 wurden im Rahmen einer Umstrukturierung der A. AG die vornehmlich operativen Bereiche von den Holdingsfunktionen auf betrieblicher Ebene getrennt und im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beteiligte zu 6) (im folgenden D-GmbH) übertragen. In der Betriebsvereinbarung, die zugleich Interessenausgleich war, vom 24.05.2017 und die von der A. AG, der D-GmbH und dem Betriebsrat der A. AG geschlossen worden war, hieß es u.a.:

"Präambel

A. hat entschieden, dass sie die Geschäftsfelder Holdingfunktionen einerseits und das operative Geschäfts andererseits zukünftig getrennt führen will. Zu diesem Zweck sollen das Marketing der Produkte in Deutschland und Österreich sowie die Produktion von Schneid- und Metallwaren, Haushaltsartikeln, Maschinen und Werkzeugen sowie Export, Logistik, Administration, Finanzen und Vertrieb (im Folgenden "Operativer Bereich") auf die neu gegründete A. J.A. I. Deutschland GmbH übertragen werden. Die Holdingfunktionen sollen bei A. verbleiben. Der Betriebsrat stimmt dieser Entscheidung zu. ...

§ 2

Spaltung des Betriebs

(1)Der Betrieb von A. in T. wird zum Übergangsstichtag in zwei Teile gespalten. Der derzeitige Teilbetrieb operativer Bereich wird ein eigener Betrieb (im folgenden "Betrieb Operativer Bereich"). Der Teilbetrieb Holdingfunktion (im folgenden "Betrieb Holdingfunktionen") wird ebenfalls einen eigenständigen Betrieb bilden. Daneben besteht ein separater Betrieb der Schwestergesellschaft A. S. GmbH, dessen Arbeitnehmer der Betriebsrat derzeit ebenfalls vertritt. ...

§ 3

Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB auf die A. J. A. I. Deutschland GmbH

(1)Zum Übertragungsstichtag wird auf der Grundlage der in der Präambel beschriebenen Verträge der operative Bereich als eigenständiger Betrieb im Wege des Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB von A. auf die A. J. A. I. Deutschland GmbH übergehen. Das bedeutet, dass die in der Anlage entsprechend als Arbeitnehmer des operativen Bereichs gekennzeichneten Arbeitnehmer automatisch kraft Gesetzes auf die A. J. A. I. Deutschland GmbH übergehen. ....

§ 4

Betriebsrat/Übergangsmandat

(1)Der Betriebsrat von A. besteht nach dem Übergangsstichtag als Betriebsrat der A. J. A. I. Deutschland GmbH fort und ist daher weiterhin für die auf die A. J. A. I. Deutschland GmbH übergehenden Arbeitnehmer zuständig.

(2)Der Betriebsrat hat darüber hinaus für die Arbeitnehmer, die bei A. verbleiben, ab dem Übergangsstichtag ein Übergangsmandat gemäß § 21 a Abs. 1 BetrVG. Auch für die Arbeitnehmer des Betriebs der A. S. GmbH, für die der Betriebsrat derzeit tätig ist, wird de...

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