Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsgebühr. Verkehrsanwalt
Leitsatz (amtlich)
1. Ein nach § 121 Abs. 4 ZPO beigeordneter Verkehrsanwalt kann von der Staatskasse grundsätzlich nur die Verfahrensgebühr aus Nr. 3400 VV RVG beanspruchen.
2. Schließen die Parteien des Rechtsstreits einen Vergleich, an dessen Zustandekommen auch der Verkehrsanwalt mitwirkt, erhält er eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) aus der Staatskasse jedenfalls dann nicht, wenn sich der Beschluss über seine Beiordnung als Verkehrsanwalt nicht ausdrücklich auf den Vergleichsabschluss erstreckt.
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 4; RVG § 48 Abs. 1; RVG VV 1000; RVG VV 3400
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Beschluss vom 08.06.2005; Aktenzeichen 3 Ca 2085/04) |
Tenor
1. Auf die befristete Beschwerde des Bezirksrevisors vom 22.09.2005 wird der (richterliche) Beschluss des Arbeitsgerichts Duisburg vom 08.06.2005 – 3 Ca 2085/04 – aufgehoben und der Vergütungsfestsetzungs-Beschluss des Arbeitsgerichts Duisburg/Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in der Fassung der Teilabänderung vom 17.05.2005 – 3 Ca 2085/04 – (269,12 EUR) wieder hergestellt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
3. Für den Antragsteller wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Tatbestand
I.
Dem in X. wohnhaften Kläger des Ausgangsrechtsstreits war für ein Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Duisburg Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Zugleich wurden ihm Rechtsanwältin V. aus E. als Prozessbevollmächtigte und der Antragsteller mit Kanzleisitz in X. als Verkehrsanwalt beigeordnet. Am 09.08.2004 schlossen die Parteien des Kündigungsrechtsstreits einen Vergleich unter Widerrufsvorbehalt. Mit Schriftsatz vom 18.08.2004 teilte der Antragsteller dem Arbeitsgericht mit, dass seitens des Klägers kein Widerruf des Vergleichs erfolge. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die Vergütung der beigeordneten Rechtsanwältin V. einschließlich einer Einigungsgebühr antragsgemäß auf 1.090,40 EUR fest. Der Antragsteller beantragte für seine Tätigkeit als Verkehrsanwalt eine Vergütungsfestsetzung in Höhe von insgesamt 669,32 EUR und machte hierbei ebenfalls eine Einigungsgebühr geltend. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle entsprach dem Antrag zunächst lediglich in Höhe von 84,63 EUR und nach entsprechender Erinnerung des Antragstellers sodann mit Änderungs-Beschluss vom 17.05.2005 in Höhe von 269,12 EUR. Wegen der verbleibenden 400,20 EUR legte er die Sache dem Richter vor. Das Arbeitsgericht entsprach der Erinnerung des Antragstellers mit Beschluss vom 08.06.2005 und setzte unter Zuerkennung der geltend gemachten Einigungsgebühr weitere 400,20 EUR fest. Zur Begründung führte es aus, dass dem Antragsteller im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit beim endgültigen Zustandekommen des Vergleichs vom 09.08.2004 auch die geltend gemachte Einigungsgebühr zustehe. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 22.09.2005, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die (befristete) Beschwerde des Bezirksrevisors als Vertreter der Staats-/Landeskasse ist zulässig: Sie ist nach § 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 EUR. Das Rechtsmittel ist auch nicht verspätet. Zwar ist die Beschwerde nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird. Hier war der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 08.06.2005 dem Bezirksrevisor am 22.06.2005 zugeleitet worden, während seine dagegen eingelegte Beschwerde vom 22.09.2005 erst am 04.10.2005 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 08.06.2005 enthielt jedoch entgegen § 9 Abs. 5 Satz 1 ArbGG keine Rechtsmittelbelehrung. Es galt demgemäß die Jahresfrist aus § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG, die hier gewahrt ist.
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Für den Antragsteller als Verkehrsanwalt war keine Einigungsgebühr festzusetzen.
a) Der Antragsteller war vom Arbeitsgericht antragsgemäß als Verkehrsanwalt beigeordnet worden. Nach § 121 Abs. 4 ZPO erfolgt die Beiordnung als Verkehrsanwalt zur Vermittlung des Verkehrs einer Partei mit ihrem Prozessbevollmächtigten. Der Verkehrsanwalt ist nicht unterbevollmächtigter Anwalt. Insbesondere hat er als Verkehrsanwalt nicht die Stellung eines Prozessbevollmächtigten (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG 16. Aufl., Nr. 3400 VV Rdn. 12; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl., § 121 Rdn. 68; Hartmann, KostG 34. Aufl., 2004, VV 3400 RVG Rdn. 1). Dies findet seinen Niederschlag auch in Nr. 3400 VV RVG, nach der sich der Auftrag des Verkehrsanwalts auf die Führung des Verkehrs der Partei „mit dem Verfahrensbevollmächtigten” beschränkt. Wirkt der Verkehrsanwalt beim Abschluss eines Vergleichs mit, erhält er aus der Staatskasse keine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG und kann diese grundsätzlich nicht beanspruchen (ebenso Zöller/Philippi, ZPO, 25. A...