Entscheidungsstichwort (Thema)
ERA. Mitbestimmung des BR bei ERA-Einführung
Leitsatz (amtlich)
Bei der Einführung des neuen Entgeltsystems des Entgeltrahmentarifvertrages für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg ist der Betriebsrat gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen.
Normenkette
BetrVG § 99
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Beschluss vom 18.04.2008; Aktenzeichen 7 BV 43/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 18.04.2008 – 7 BV 43/08 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei Einführung des Entgeltrahmentarifvertrages für die Beschäftigten der Metallindustrie Südwürttemberg-Hohenzollern Ein- oder Umgruppierungsvorgänge stattfinden, die die Arbeitgeberin verpflichten, den Betriebsrat gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen.
Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Feuerungstechnik und unterhält einen Betrieb in O., in welchem 46 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Für sämtliche Betriebe der Arbeitgeberin gelten die Tarifverträge für die Beschäftigten der Metallindustrie Südwürttemberg-Hohenzollern. Hierzu zählen der Entgeltrahmentarifvertrag (ERA-TV) und dessen Einführungstarifvertrag (ETV-ERA), welche am 16.09.2003 abgeschlossen wurden. Diese Tarifverträge, wegen deren Inhalt auf die zu den Akten gereichten Kopien Bezug genommen wird (Bl. 13-40 d.A.), finden unstreitig auf die einzelnen Arbeitsverhältnisse der in Antrag und Tenor genannten Arbeitnehmer Anwendung. In einer Protokollnotiz zu § 9 ERA-TV heißt es:
„Da ein besonderer Eingruppierungsvorgang, also die Zuordnung des Beschäftigten zu einer bestimmten Entgeltgruppe, nicht mehr stattfindet, gehen die Tarifvertragsparteien ebenso übereinstimmend davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 99 BetrVG bezüglich einer Eingruppierung / Umgruppierung nicht mehr vorliegen”.
Im Rahmen der zum 01.01.2008 beabsichtigten Einführung des ERA-TV teilte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmern mit Schreiben vom 28.11.2007 (Kopie Bl. 47 d. A.) die Zusammensetzung ihres Entgelts gemäß ERA-TV mit. Mit Schreiben vom 20.12.2007 (Kopie Bl. 49 d.A.) forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, ihn hinsichtlich der Eingruppierung der betroffenen 39 Mitarbeiter zu beteiligen. Die Arbeitgeberin teilte dem Betriebsrat hieraufhin mit Schreiben vom 21.12.2007 (Kopie Bl. 50 – 51 d. A.) mit, welchen Aufgabenbeschreibungen die einzelnen Mitarbeiter der Niederlassung O. zugeordnet worden seien, und bezog im Übrigen die Position, dass ein Verfahren nach § 99 BetrVG nicht durchzuführen sei.
Mit der 13.02.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift hat der Betriebsrat begehrt, gem. § 99 BetrVG beteiligt zu werden, weil nach seiner Auffassung in Zusammenhang mit der Einführung des ERA-TV eine Eingruppierung der Arbeitnehmer in das neue Entgeltsystem im Sinne des Gesetzes erfolge.
Der Antragsteller hat beantragt,
- die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Betriebsrat zu den bereits von der Arbeitgeberin mit Wirkung vom 01.01.2008 durchgeführten Eingruppierungen der Mitarbeiter C., C., E., F., G., L., M., N., N., Q., T., T., T., W., X., B., B., C., E., de X., E., E., F., F., G., K., L., L., L., L., L., M., T., T., T., T., T., U. und X. ordnungsgemäß nach § 99 BetrVG zu beteiligen;
- die Arbeitgeberin zu verpflichten, im Fall einer Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats beim Arbeitsgericht Mönchengladbach Zustimmungsanträge nach § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, eine Beteiligung des Betriebsrats sei im vorliegenden Fall nicht geboten, weil es das Entgeltfindungsystem des ERA-TV von den Tarifvertragsparteien in Ausübung ihrer Tarifautonomie explizit so gestaltet worden sei, dass es keinen Eingruppierungsvorgang mehr gebe, an dem der Betriebsrat gemäß § 99 BetrVG beteiligt werden könnte.
Nach dem klassischen System der Entgeltfindung durch Eingruppierung sei eine individuelle Zuordnung von Arbeitnehmern zu bestimmten Entgeltgruppen anhand abstrakter Tätigkeitsmerkmale erfolgt. An diesem Vorgang habe der Arbeitgeber den Betriebsrat beteiligen müssen. Demgegenüber resultiere der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers nach dem System des ERA-TV unmittelbar aus der ihm vom Arbeitgeber kraft Direktionsrecht zugewiesenen Arbeitsaufgabe. Diese Arbeitsaufgabe sei personenunabhängig in ihren wertigkeitsprägenden Teilaufgaben vom Arbeitgeber entsprechend der von ihm vorgegebenen Arbeitsorganisation beschrieben und bewertet und sodann gemäß einem tarifvertraglich festgelegten System durch Addition der Punktzahlen eingestuft worden. Ein Kontrollmechanismus unter zwingender Beteiligung des Betriebsrates sei bereits in diesem Verfahrensstadium durch das in § 7 ERA-TV geregelte Verfahren vor der paritätischen Kommission gewährleistet. Der maßgebliche Unterschied der Systematik des ERA-TV zur „Vor-ERA-Welt” bestehe darin, dass es ande...