Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinreichende Bestimmtheit des Antrages auf Einsichtnahme des Arbeitgebers in Wahlunterlagen. Vollstreckung der Einsichtnahme nach § 883 und nicht nach § 888 ZPO. Fehlende objektive Unmöglichkeit der Einsichtnahme in Wahlunterlagen trotz eidesstattlicher Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch der Arbeitgeberin gegenüber dem Betriebsrat auf Einsichtnahme in die Wahlunterlagen einer Betriebsratswahl wird gemäß § 883 ZPO vollstreckt.
Normenkette
ArbGG § 85 Abs. 2; BetrVG § 13 Abs. 2, § 23 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2, §§ 294, 322, 883, 888, 890, 920 Abs. 2, §§ 935-936, 940; WO § 19; ArbGG § 92 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Entscheidung vom 19.05.2020; Aktenzeichen 2 BVGa 2/20) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Duisburg vom 19.05.2020 - 2 BVGa 2/20 - wird zurückgewiesen.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beteiligte zu 2) der Antragstellerin Einsicht in die Wahlakten zur Betriebsratswahl am 03.05.2018 gewähren muss.
Der Beteiligte zu 2) (im Folgenden Betriebsrat) ist der bei der Antragstellerin (im Folgenden Arbeitgeberin) am 03.05.2018 gewählte dreiköpfige Betriebsrat am Standort E.. Bei der Arbeitgeberin, einem Unternehmen aus dem Bereich des Abfallmanagements, wurden am Standort E. 25 bis 30 Mitarbeiter beschäftigt. Der Betriebsrat bestand ursprünglich aus folgenden gewählten Mitgliedern: T. I., D. T. und K. U.. Vorsitzender des Betriebsrats war T. I.. Stellvertretende Vorsitzende war D. T.. Ein N. M. hatte im Jahr 2018 für den Betriebsrat am Standort E. nicht kandidiert. Bei der Arbeitgeberin war ein Gesamtbetriebsrat gebildet, dessen Vorsitzender T. I. war. Die Arbeitgeberin hatte den Lohn des Betriebsratsvorsitzenden T. I. gekürzt. Durch rechtskräftigen Beschluss des Arbeitsgerichts Duisburg vom 23.01.2020 - 1 Ca 1567/19 - stand fest, dass dies zu Recht erfolgt war. Mit E-Mail vom 28.04.2020 teilte T. I. der Arbeitgeberin mit, dass der stellvertretende Vorsitz des Betriebsrats sich geändert habe und dies nunmehr K. U. sei. Mit dem Ausscheiden der Kollegin T. Ende Mai 2020 werde - so hieß es in der E-Mail - das Ersatzmitglied N. M. in den Betriebsrat nachrücken. D. T. schied zum 31.05.2020 aus dem Betrieb aus und nahm ab dem 15.05.2020 ihren Resturlaub. Mit E-Mail vom 04.05.2020 wandte sich die Arbeitgeberin wie folgt an T. I.:
"Hallo T.,
N. hatte Dich um Einsichtnahme in die Wahlniederschrift des BR E. gebeten, da Du die Ersatzmitglieder damals nicht gemeldet hast.
Ich bitte Dich bis heute 13:00 Uhr die Einsichtnahme zu ermöglichen, dies kann ja auch D. machen."
T. I. antwortete mit E-Mail vom 04.05.2020 wie folgt:
"Hallo U.,
ich sehe zum jetzigen Zeitpunkt keine Erforderlichkeit darin, N. erneut Unterlagen vorzulegen. Der BR E. ist bis zu D. Austritt am 30.05.2020 weiterhin in seiner jetzigen Besetzung aktiv.
Erst am 01.06.2020 rückt das Ersatzmitglied M. M. in den BR E. nach.
Das Wahlergebnis samt der entsprechenden Unterlagen wurde dem Niederlassungsleiter nach der Wahl übergeben. Dies kann man aus dem Protokoll der konstituierenden Sitzung entnehmen.
Gerne kannst du die Anfrage erneut stellen, sobald sich das Gremium im Juni neu zusammengesetzt hat."
Am 04.05.2020 antwortete die Arbeitgeberin per E-Mail wie folgt:
"Hallo T.,
nach Rücksprache mit N. hat dieser die Unterlagen nicht erhalten.
Grundsätzlich scheidet D. ja erst zum 30.05. aus, aber ich gehe mal davon aus, dass es noch Resturlaub gibt, bzw. kann D. auch noch krankheitsbedingt ausfallen, was wir natürlich nicht hoffen.
Da nach § 19 der Wahlordnung der BR die Unterlagen aufbewahren muss, genügt ja ein Griff in den Ordner und N. kann diese einsehen, dann haben wir Klarheit über die Ersatzmitgliedschaft. Falls Du ihm diese dann auch übergeben möchtest, gerne.
Wir geben die Informationen dann an die Personalabteilung weiter."
Am 06.05.2020 antwortete T. I. per E-Mail wie folgt:
"Hallo U.,
D. wird bis zum 30.05. für den Betriebsrat bereit stehen, selbst wenn sie Urlaub hat.
Da N. seitens des BR gleich nach der Wahl alle benötigten Unterlagen erhalten hat, sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt keine Erforderlichkeit darin, ihm diese erneut zu übersenden.
Das Nachrückende Mitglied war bereits Teil einer Betriebsratssitzung, von der N. ebenfalls Kenntnis hatte.
Dein Hinweis dazu, das es lediglich ein Griff in den Aktenordner ist, stimme ich zu, ist aber bedingt durch den vollzogenen Lohnentzug und die immer wiederkehrenden E-Mails mit dem Hinweis durch euch, meine Arbeit sei nicht erforderlich, nicht nachvollziehbar.
Ich weise an der Stelle nochmal darauf hin, das ich nur ehrenamtliche Arbeit mache, die erforderlich ist. Die organisatorische Unterlagen Ablage von N., gehört nicht zu meinen Aufgaben."
Am 03.06.2020 wurde eine vom Gesamtbetriebsrat bestellte Datenschutztonne aufgebrochen.
Die Arbeitgeberin hat gemeint, dass ihr ein Anspruch auf die Einsicht in die Wahlunterlagen zustehe, der aus § 19 WO folge. Sie hat behauptet, dass weder ihr noch de...